Gewinnerziehlungsabsicht bei Vermietung an Angehörige
Februar 15, 2013 | 100,00 EUR | beantwortet von Michael Herrmann
Sehr geehrte Damen und Herren,
in 2012 habe ich eine Wohnung erworben, nahezu 100% fremdfinanziert, Fertigstellung in 2013. Diese wird an meine Mutter (heute 70 Jahre alt) vermietet zu mind. 66% der der ortsüblichen Vergleichsmiete.
In ca. 10-15 Jahren wird meine Mutter finanziell (geringe Rente und dann aufgebrauchtes Sparguthaben) evtl. nicht mehr in de Lage sein die Miete weiter zu bezahlen.
1. Kann ich mit diesem Argument in der Zukunft die Miete streichen und /oder diese Wohnung in der Einkommensteuererklärung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr weiter ansetzen (also auch keine Verluste /Afa etc)?
2. Wie viele Jahre rückwirkend würde oder könnte das Finanzamt Liebhaberei unterstellen und Verluste rückwirkend streichen?
3. Kann ich eine potentielle Liebhaberei vermeiden wenn ich die Absicht habe nach dem Tod meiner Mutter oder Umzug in ein Pflegeheim die Wohnung wieder zu Marktpreisen fremdzuvermieten? (De facto Aussetzen der Gewinnerziehungsabsicht für einige Jahre)
4. Wäre es für die Beurteilung der Sachlage relevant wenn zum Zeitpunkt der Streichung der Miete in den vorherigen Jahren zu versteuernde Einkünfte entstanden worden wären im Gegensatz zu eine durchgehenden Verlusterzielung bis zu diesem Datum?
5. Sollte die Wohnung nach 15 Jahren verkauft werden, kann das Finanzamt dann Liebhaberei unterstellen wenn bereits heute ersichtlich ist dass bis zum Verkaufszeitpunkt keine steuerlichen Überschüsse erzielt werden?
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne beantworte. Die Beantwortung erfolgt gemäß der Sachverhaltsschilderung. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Zu 1) Sobald Sie weniger als 66 % der Vergleichsmiete erzielen, sind die Werbungskosten nur noch anteilig absetzbar. Eine kostenlose Überlassung hat die Beendigung des Mietverhältnisses zur Folge. Sie erzielen dann keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Zu 2) Das Finanzamt kann einen Steuerbescheid innerhalb der Festsetzungsfrist ändern. Diese beträgt regelmäßig vier Jahre, beginnt spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Steuerjahres, kann jedoch auch unterbrochen werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorläufig gegangen sind.
Zu 3) Aufgrund der herrschenden Rechtsprechung muss das Finanzamt bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit davon auszugehen, dass auch die Gewinnerziehlungsabsicht vorliegt. Die Vermietungstätigkeit ist dann auf Dauer angelegt, wenn zu Beginn ein unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen wurde. Selbst ein befristeter Mietvertrag wäre jedoch unschädlich, wenn er verlängerbar ist.
Zu 4) Liebhaberei, d.h. fehlende Gewinnerzielungsabsicht, kann bei einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann unterstellt werden, wenn von vornherein feststand, dass nur Verluste erzielt werden. Die verbilligte Überlassung an Angehörige erschwert zwar die Möglichkeit einen Totalgewinn über die Vermietungsperiode hinweg zu erreichen, ist aber dennoch auch bei jahrelangen Verlusten grundsätzlich zulässig, wenn ein Dauermietverhältnis vorliegt. Zu beachten ist, dass das Finanzamt nur dann nachträglich ändern kann, wenn die Steuerfestsetzungen entsprechend Nr.2 vorbreitet sind. Hierzu besteht aus den vorstehenden Gründen kein Anlass.
5) Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Verkauf heute schon feststeht und für das Finanzamt ersichtlich ist. Solange die erzielbare Miete langfristig über den wesentlichen Kosten Abschreibungen und Schuldzinsen liegt, wird das Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht nicht anzweifeln.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben im Rahmen Ihres Einsatzes und dieser Erstberatung einen ausreichenden Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Herrmann
Dipl.-Finanzwirt (FH)
Steuerberater
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