Objektgrenze bei Immobilienverkäufen
November 15, 2011 | 30,00 EUR | beantwortet von Michael Herrmann
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mich in den Jahren 1997 bis 2001 an vier geschlossenen Immobilienfonds beteiligt ( LBB / IBV )
Aufgrund nachhaltiger Probleme hat die Fondsgesellschaft den Rückkauf der Fondsanteile innerhalb einer bestimmten Frist angeboten.
Ich habe 3 dieser Fonds bereits verkauft.
Nr 1 : Erwerb am 08.12.1997 - Verkauf am 30.06.2008
Nr 2 : Erwerb am 28.12.1998 - Verkauf am 31.03.2009
Nr 3 : Erwerb am 20.12.2000 - Verkauf am 30.06.2011
Nr 4 habe ich am 27.12.2001 gekauft, die Verkaufsoption kann nur bis zum 30.06.2012 ausgeübt werden.
I
Hinzu kommt, dass meine Frau ( Zusammenveranlagung) in 2011 oder 2012 noch Anteile an einem geerbten Gundstück übertragen muss ( Verfügung) und die Erbengemeinschaft eine Eigentumswohnung verkaufen möchte, an der meine Frau aufgrund der Erbschaft auch einen Anteil besitzt.
Steuerlich nicht relevant ist die 10-jährige Spekulationsfrist, das Kaufdatum aller Objekte liegt mehr als 10 Jahre vor dem Verkauf.
Der Verkauf der Immobilienfonds war auch nicht geplant sondern wurde nur aufgrund des Angebotes der Kauf-Option durch die Fondsgesellschaft realisiert.
Steuerlich relevant sein könnte, dass wir innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Objekte veräußern, was die Steuerbehörden u.U. als gewerbliche Tätigkeit auslegen könnten; ggf. mit erheblichen steuerlichen Nachteilen für uns.
Ich habe gelesen, dass das Beurteilungskriterium einer "Objekt-Grenze", wonach die Anschaffung (Bebauung) und Veräußerung in einem bestimmten Umfang (mehr als 3 Objekte) eine gewerbliche Tätigkeit begründet, für sich allein keine Bedeutung hat und noch weitere Indizien oder Kriterien für das Vorliegen eines gewerblichen Immobilienhandels sprechen müssen. Ich habe auch gelesen, dass geerbte Immobilien bei dieser Betrachtung ( Objekt-Grenze) nicht berücksichtigt werden.
Ich möchte vor meiner Verkaufsentscheidung ( 4. Fonds in 2012 )aber definitiv klären, ob ich durch diesen Verkauf Gefahr laufe, dass das FA auf einen gewerblichen Grundstückshandel erkennt und ob die Information bzgl. der ererbten Immobilien korrekt ist.
Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich.
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auch aufgrund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne beantworte. Die Beantwortung erfolgt gemäß der Sachverhaltsschilderung. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Ein gewerblicher Grundstückshandel, etwa mit der Folge der Gewerbesteuerpflicht, liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger mehr als drei Immobilien innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren zwischen Anschaffung und Verkauf veräußert. Dabei ist zunächst entscheidend, welche Immobilien in die Drei-Objekt-Grenze einzubeziehen sind.
Das ererbte Grundstück kann aus der Betrachtung herausgenommen werden, wenn nicht bereits der Erblasser als gewerblicher Grundstückshändler tätig war. (BFH v. 15.03.2000, BStBl 2001 II S. 530)
Die Veräußerung der Anteile an den geschlossenen Immobilienfonds ist nur dann relevant, wenn der Fonds selbst nicht bereits gewerblich tätig ist. In diesem Fall lägen bereits auf der Ebene des Fonds gewerbliche Einkünfte vor. Nur, wenn der Fonds keine Gewinneinkünfte erzielt, kommt auf der Ebene des Anteilseigners eine Umqualifizierung zu gewerblichen Einkünften in Frage. Voraussetzung für die Anrechnung von Anteilsveräußerungen ist jedoch, dass der Gesellschafter an der jeweiligen Gesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt ist oder dass eine Beteiligung von weniger als 10 % einen Verkehrswert von mehr als 250.000,00 € hat (BMF v. 26.03.2004, BStBl 2004 I S. 434 – Tz. 18).
Sollten Verluste durch die Veräußerung entstanden sein, kann der gewerbliche Grundstückshandel wegen der Verrechenbarkeit mit anderen Einkünften aber auch vorteilhaft sein.
Ob hier definitiv kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, ist im Rahmen dieses öffentlichen Internetportals zu prüfen schlicht nicht möglich. Ich empfehle Ihnen dringend, sich diesbezüglich vor Ort persönlich beraten zu lassen. Ihr Sachverhalt ist – nicht zuletzt wegen Ihrer Beteiligungen – sehr komplex. Er sollte daher vollständig aufgearbeitet und ausgewertet werden, da es mitunter auf Details oder Einzelheiten der Gestaltung ankommt. Die Kosten dieser Beratung werden sicherlich 30 € übersteigen, was angesichts der schwerwiegenden steuerliche Auswirkungen jedoch angemessen und hoffentlich nachvollziehbar ist.
Ich hoffe dennoch Ihnen mit diesen Angaben im Rahmen Ihres Einsatzes und dieser Erstberatung einen ausreichenden Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Herrmann
Steuerberater
Diplom-Finanzwirt (FH)
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