Doppelbesteuerung nach Rückzug nach Deutschland
Mai 5, 2012 | 45,00 EUR | beantwortet von Wirtschaftsprüfer André Hintz
Wir (Ehepaar) wurden informiert, daß bei einem Wechsel des Hauptwohnsitzes von Deutschland nach Österreich erst nach längerer Zeit, z.B. nach 5 Jahren, eine endgültige Zuordnung der Steuerpflicht gemäß Doppelbesteuerungsabkommen erfolgt.
Würden wir oder ein Ehepartner z.B. aus privaten Gründen vorher nach Deutschland rückverziehen, könnte Deutschland auf einem Besteuerungsanspruch/Zuständigkeit für die Zeit des Auslandsaufenthalts bestehen und trotz bereits bezahlter Steuern in Österreich nachträglich Steuerforderungen für diese Zeit in Österreich an uns stellen, als ob wir gar nicht verzogen wären.
Es könnte ein langwieriger Rechtsstreit bzw. ein sog. Verständigunsverfahren drohen, mit entsprechender Rechtsunsicherheit, Zeit- und Kostenaufwand und der Pflicht, zumindest zunächst oder teilweise auch noch in Deutschland "nachzuversteuern".
Ist dies tatsächlich geübte Praxis oder nur eine theoretische Möglichkeit? Gibt es Erfahrungen mit den Verständigungsverfahren und welche Aufenthaltszeit wird im allgemeinen als Grenze für eine eindeutige steuerliche Zuordnung der Ansässigkeit in Österreich von den deutschen Finanzämtern angesehen?
Sehr geehrter Fragenstelller,
Ihre Frage möchte ich gerne im Rahmen einer Erstberatung und Ihres Honorareinsatzes zusammen mit den Regeln des Online Portals beantworten. Meine Antwort bezieht sich auf den von Ihnen dargestellten Sachverhalt.
Zunächst ist fraglich, ob Sie in Deutschland unbeschränkt, beschränkt oder erweitert beschränkt steuerpflichtig sind.
Deutschland verfolgt das Welteinkommensprinzip, wenn Sie unbeschränkt steuerpflichtig sind. Vorraussetzung ist, dass Sie Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass nach 183 Tagen in Deutschland die unbeschränkte Besteuerung erfolgt mit Ihren gesamten erzielten Einkünften (Inland und Ausland).
Die beschränkte Besteuerung erfolgt, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in einem anderen Land liegt. Wenn Sie weiterhin in Deutschland Einkünfte erzielen, regelt das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen beiden Ländern, wer das Besteuerungsrecht hat. Mit Ausnahmen werden Sie jedoch mit Ihren deutschen Einkünften in Deutschland steuerpflichtig sein und mit den restlichen Einkünften in Österreich steuerpflichtig sein.
Zu beachten ist, dass ein Umzug in ein anderes Land ebenfalls die Besteuerung auslösen kann, z.B. bei Firmenanteilen oder wenn Betriebsvermögen der deutschen Besteuerung entzogen wird.
Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht entsteht wenn Sie in den letzten 10 Jahren für 5 Jahre unbeschränkt Steuerpflichtig in Deutschland waren (das muss nicht zusammenhängend sein). Eine weitere Vorraussetzung ist Sie ziehen in ein niedrig Steuerland.
Mir ist nicht bekannt, dass Österreich auf Ebene der Einkommenssteuer ein niedrig Steuerland ist, somit sollte für die Einkommensteuer keine erweiterte beschränkte Steuerpflicht bestehen. Da Österreich die Erbschaftsteuer abgeschafft hat, besteht auf diesen Gebiet die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.
Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer, die sämtliche in einem Jahr erzielte Einkünfte besteuert. Ein Besteuerung der Vorjahre, wenn Sie zurück nach Deutschland ziehen, wäre mir nicht bekannt. Wenn Sie jedoch innerhalb eines Jahres ins Ausland ziehen, können Sie sowohl unbeschränkt als auch beschränkt steuerpflichtig sein.
Das kann im Einzelfall zu Konflikten führen, da beide Länder das Welteinkommensprinzip verfolgen. Sie sollten dann gut dokumentieren, wann Sie welche Einkünfte erzielt haben. Sodass Sie, wenn Sie wieder der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegen, beweisen können, dass Sie die Einkünfte in dem Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht oder in dem anderen Zeitraum erzielt haben.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich gewesen zu sein und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
André Hintz
Steuerberater
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