1/5-Regel, Zusammenballung, Gründungszuschuss
Juli 17, 2011 | 40,00 EUR | beantwortet von Michael Herrmann
Sehr geehrte Damen und Herren
Mein Auflösungsvertrag stammt aus dem Jahre 2007; ich war dann noch 2 Jahre mit einem reduzierten Einkommen bei der Firma beschäftigt (in einer sog. „betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit“).
2009 erhielt ich dadurch noch 10 Monate Gehalt und anschliessend 2 Monate ALG1.
Die Abfindung (genauer: Abfindung+Kündigungsfristausgleich) erhielt ich im Jahre 2010.
2010 erhielt ich noch einen Monat ALG1 und dann für 9 Monate den steuer- und progressionsfreien Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit um mich selbstständig zu machen.
Die Selbstständigkeit führte 2010 zu einem negativen Einkommen.
Frage1:
Zählt der Gründungszuschuss (bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hätte ich ihn nicht erhalten) genauso wie das ALG1 (das aber mit Progressionsvorbehalt) zum Vergleich bei der „Zusammenballung von Einkünfte“ hinzu ?
Frage2:
Mit welche Vorjahr (VZ) wird bei der „Zusammenballung von Einkünfte“ in meinem Fall verglichen, und wird dazu der reine Bruttoarbeitslohn -oder nach Abzug von z.B. Werbungskosten- herangezogen?
Frage 3:
Zählt zur „Entschädigung“ neben der reinen Abfindung auch der Kündigungsfristausgleich dazu ?
Im Voraus vielen Dank.
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auch aufgrund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne beantworte. Die Beantwortung erfolgt gemäß der Sachverhaltsschilderung. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Eine Abfindung wird nicht ohne weiteres mittels Fünftelregelung nach § 34 Abs. 2 EStG ermäßigt besteuert. Dies ist nur dann der Fall, wenn es infolge der Abfindungszahlung zu einer Zusammenballung von Einkünften kommt. Damit soll die Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs der Steuervergünstigung abgemildert werden. Eine Zusammenballung von Einkünften ist anzunehmen, wenn das Jahreseinkommen mit Abfindung höher ist als es dies bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge gewesen wäre (BFH-Urteil vom 27.1.2010, BStBl. 2011 II S. 28; BMF-Schreiben vom 17.1.2011, BStBl. 2011 I S. 39).
Für das fiktive Jahreseinkommen ist grundsätzlich abzustellen auf die Einkünfte des Vorjahres. Beim aktuellen Jahreseinkommen werden alle Einnahmen mit erfasst, die Sie bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sonst nicht erzielt hätten (BMF-Schreiben vom 24.5.2004, BStBl. 2004 I S. 505, Tz. 11 ff.; BFH-Urteil vom 4.3.1998, BStBl. 1998 II S. 787). Der Begriff "Einkünfte" setzt voraus, dass die Werbungskosten vom Bruttoarbeistlohn abgezogen wurden.
Die Vergleichsberechnung mit dem Vorjahr (hier 2009) gilt jedoch nur für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden, z. B. bei normaler Gehaltsentwicklung. Sie gilt aber dann nicht, wenn die Einnahmesituation des Vorjahres durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen (BFH-Urteil vom 27.1.2010, BStBl. 2011 II S. 28). In Ihrem Fall ist davon auszugehen, dass das Gehalt desJahres 2009 die wesentliche Bezugsgröße für die Beurteilung des Zusammneballung von Einkünften ist.
Das ALG I bleibt für die Beurteilung der Zusammenballung unberücksichtigt. Bei der Steuerfestsetzung wird es per Progressionsvorbhalt berücksichtigt. Der Gründungszuschuss bleibt als Sozialleistung vollständig unberücksichtigt.
Kündigungsfristausgleich:
Wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist beendet und das Gehalt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in einem Einmalbetrag gezahlt, handelt es sich um eine steuerbegünstigte Abfindung (BFH-Urteil vom 10.10.1986, BStBl. 1987 II S. 186).
Werden Sie nach Ihrer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freigestellt, stellen diese Gehaltszahlungen keine Abfindung dar, auch wenn sie in einem Einmalbetrag gezahlt werden (BFH-Urteil vom 27.4.1994, BStBl. 1994 II S. 653).
Ich hoffe Ihnen mit diesen Angaben im Rahmen Ihres Einsatzes und dieser Erstberatung einen ausreichenden Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Herrmann
Dipl.-Finanzwirt (FH)
Steuerberater
... Interessiert Sie diese Frage ebenfalls?