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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Nachbarschaftsrecht

dachausbau

sehr geehrte damen und herren !

wir planen den ausbau unseres daches und haben hiefür eine baugenehmigung erhalten.der dachboden ist seit 1965 eingetragener wohnraum,jedoch in der mitte nur 1,60 hoch.in der erteilten baugenehmigung wird das dach durch den ausbau 1,50 höher wie der jetzige zustand.
nun wollen unsere rückwärtigen nachbarn wiederspruch gegen die baugenehmigung einlegen, da ein höheres dach zuviel sonne auf ihr 8 meter enferntes haus wegnehmen würde.
a)in 6 tagen soll das gerüst gestellt werden,wie lange dauert ca. eine wiederspruchsprüfung ?
b)kann er überhaupt mit dieser begründung(rest gez,maximale bauhöhe,grenzabstände,brandschutz alles konform) die baugenehmigung aufheben lassen ?

Jan Wilking

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Hat der Nachbar einem genehmigungspflichtigen Anbau nicht zugestimmt, d.h. liegt dem Bauantrag nicht die Einverständniserklärung des Nachbarn bei, so wird die Baubehörde mit Erteilung der Baugenehmigung diesen hierüber unterrichtet haben. Gegen die Erteilung der Baugenehmigung kann der Nachbar dann in Form eines sog. Nachbarwiderspruchs und bei Nichtabhilfe in Form einer Anfechtungsklage vorgehen.

Gleichzeitig wird Ihr Nachbar vermutlich bei dem für Sie zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass der aufschiebenden Wirkung stellen, da gemäß § 212a BauGB Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung entfalten. Das bedeutet, dass Sie grundsätzlich aufgrund einer erteilten Baugenehmigung trotz des Nachbarwiderspruchs erst einmal weiter bauen dürfen, bis das Gericht ggf. die aufschiebende Wirkung anordnet bzw. die Vollziehung ausgesetzt wird.

Trotzdem laufen Sie natürlich Gefahr, dass Sie hier schon größere Investitionen tätigen und die Behörde oder das Gericht später feststellt, dass Ihr Vorhaben rechtswidrig ist, die Baugenehmigung aufhebt und Sie zurückbauen müssen. Zwar kann einem Bauherrn gegen die zuständige Kommune ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn er im Vertrauen auf eine erteilte Baugenehmigung durch einen begonnenen Ausbau Aufwendungen tätigt, die sich später als nutzlos herausstellen, weil sich die erteilte Baugenehmigung als rechtswidrig erweist. Den Bauherrn kann jedoch ein anspruchsminderndes Mitverschulden treffen, wenn er das Bauvorhaben trotz Kenntnis eines Nachbarwiderspruchs in Angriff nimmt, Urteil des BGH vom 24.04.2008 III ZR 252/06.

Mithin kann Ihr Nachbar durchaus durch Widerspruch und Anfechtungsklage Ihr Bauvorhaben erheblich verzögern. Die zuständige Behörde würde dann zunächst prüfen, ob der eingelegte Widerspruch zulässig und begründet ist. Wie lange dies dauert, hängt unter anderem von der Auslastung der Behörde ab, allerdings dürfte sich die Entscheidung schon einige Wochen hinziehen Eine Möglichkeit, diesen Vorgang zu beschleunigen, besteht für Sie grundsätzlich leider nicht.

Ein Nachbarwiderspruch ist dann begründet, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ergangen ist und der Widerspruchsführer hierdurch in seinen Rechten verletzt wird. Hierfür ist es erforderlich, dass die Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorliegt, die gerade darauf abzielen, den jeweiligen Nachbarn individuell zu schützen. Anerkannte drittschützende Vorschriften sind z. B. die landesbaurechtlichen Vorschriften über die Grenz- bzw. Gebäudeabstände, das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot sowie in überplanten Bereichen die Wahrung der Gebietsart (ebenso im unbeplanten Innenbereich, dessen Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung entspricht, § 34 Abs. 2 BauGB).

Eine verbindliche Auskunft über die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bzw. einer Anfechtungsklage kann im Rahmen einer Onlineberatung, ohne Einblick in die baurechtlichen Unterlagen, natürlich nicht erfolgen. Allerdings wird Ihr Nachbar sich vermutlich auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots stützen. Dieses ist dann verletzt, wenn die Baumaßnahme zu einer für den betroffenen Nachbarn unzumutbaren Beeinträchtigung führt. Ihr Nachbar könnte einwenden, dass die Aufstockung aufgrund des Schattenwurfes seine Nutzungsmöglichkeit unzumutbar einschränkt. Wenn ein Gebäude aber vollumfänglich den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften entspricht, verursacht es in der Regel keine übermäßigen Immissionen auf die Nachbarliegenschaften, so dass die Erfolgsaussichten nach Ihrer Schilderung eher als gering einzustufen sein dürften.

Wenn Sie die Entscheidung über den Widerspruch nicht abwarten wollen, rate ich an, einen auf Baurecht spezialisierten Kollegen vor Ort mit der Angelegenheit zu betrauen. Dieser kann dann unter Einsichtnahme in alle Unterlagen die Erfolgssaussichten eines Nachbarwiderspruches prüfen. Kommt dieser zu dem Ergebnis, dass ein Widerspruch unbegründet wäre, könnten Sie dann umgehend mit dem Ausbau beginnen.


Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen

fadeout
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Experte für Nachbarschaftsrecht

Jan Wilking

Jan Wilking

Oldenburg, Vorpommern

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