Handlungsvollmacht § 54 HGB - Leasing
November 15, 2010 | 35,00 EUR | beantwortet von RA Kristian Hüttemann
Ist es einem Mitarbeiter gestattet, einen Leasing-Vertrag für Betriebsmittel (in dem Fall ein Kopiergerät) ohne ausdrückliche Befugnis gemäß § 54 Abs. 2 zu unterschreiben?
Meiner Ansicht nach könnte es sich auch bei einem Leasing-Vertrag sinngemäß um einen 'Darlehensvertrag' bzw. um ein Dauerschuldverhältnis handeln.
Im Arbeitsvertrag steht lediglich :'Der Angestellte erhält Handlungsvollmacht nach §§54-58 HGB'
Gerne erwarte ich Ihre Antwort!
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der ich auf der Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung gerne wie folgt Stellung nehme.
I.
Bei der Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB handelt es sich um eine privatrechtliche Vollmacht, deren Erteilung und Erlöschen den Bestimmungen der §§ 167ff. BGB unterliegt. Wie auch im Falle sonstiger privatrechtlicher Vollmachten, unterliegt der Umfang der Handlungsvollmachtder kraft des Grundsatzes der Vertragsfreiheit im Übrigen der freien Disposition des Vollmachtgebers.
II.
In diesem Rahmen stellt das Gesetz in § 54 Absatz 1 HGB drei unterschiedliche Typen der Handlungsvollmacht bereit. Es ist jeweils zu untescheiden zwischen der
- Generalhandlungsvollmacht
- Gattungshandlungsvollmacht
- Spezialhandlungsvollmacht
Die Generalhandlungsvollmacht ermächtigt zur Vornahme sämtlicher branchentypischer Geschäfte, die üblicherweise zum gewöhnlichen Betrieb zu zählen sind. Die Gattungshandlungsvollmacht deckt die Vornahme bestimmter und klar definierter Arten von Geschäften ab (etwa die Vertragsabschlüsse für den Einkauf eines Betriebes). Die Spezialhandlungsvollmacht dagegen berechtigt lediglich zur Vornahme einzelner und besonders bezeichneter Rechtsgeschäfte.
III.
Unter Zugrundelegung dessen führt die rechtliche Würdigung des von Ihnen vorgetragenen Sachverhalts zu dem Ergebnis, dass der Abschluss des Leasingsvertrages von der erteilten Handlungsvollmacht gedeckt ist.
Dieses Ergebnis folgt zunächst bereits zwingend aus dem Wortlaut der dem Mitarbeiter erteilten Vollmacht. Sie enthält nämlich keinerlei Begrenzungen der Vollmacht, die den Bevollmächtigten bei Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte an die Zustimmung des Vertretenen binden würde. Die Formulierung im Vollmachtstext, wonach der Mitarbeiter Handlungsvollmacht nach den §§ 54-58 HGB erhält, nimmt vielmehr sämtliche Varianten der Handlungsvollmacht in Bezug, die das Gesetz bereithält.
Eine abweichende Bewertung wäre nur geboten, wenn der Wortlaut der Bevollmächtigung hierfür einen Anhalt enhielte. Das ist nicht der Fall. Da es sich bei dem abgeschlossenen Leasingvertrag um ein zum Betrieb des Handelsgewerbes gehöriges Geschäft handelte, ist dieses demzufolge von der Handlungsvollmacht des Mitarbeiters auch gedeckt.
IV.
Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht durch die Vorschrift des § 54 Absatz 2 HGB gerechtfertigt. Die Durchbrechung der Vertretungswirkung gilt nur, wenn einer der dort bezeichneten Fälle eines so genannten außergewöhnlichen Geschäftes auch tatsächlich vorliegt. Ein solcher Ausnahmetatbestand ist aber nicht gegeben. Insbesondere ist der hier in Rede stehende Leasingvertrag rechtlich nicht einem Darlehensvertrag gleichzustellen. Es handelt sich vielmehr um grundsätzlich unterschiedliche Vertragstypen, die je eigenen Bestimmungen folgen.
Ich hoffe, Ihnen einen angemessenen Überblick über die rechtliche Lage verschafft zu haben. Machen Sie bei Unklarheiten gerne von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch.
Beste Grüße
Kristian Hüttemann
Rechtsanwalt
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