Unterliegt eine Einmalzahlung aus einem Pflegevertrag innerhalb der Familie der Einkommensteuer?
Dezember 17, 2023 | 35,00 EUR | beantwortet von Hannu Wegner
Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund mehrerer Erkrankungen unterstütze ich meine Mutter, 86 Jahre alt, seit vielen Jahren u.a. in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Haus- und Gartenarbeiten, finanziellen Angelegenheiten sehr umfassend. Den Leistungsumfang meiner Tätigkeiten, der weit über ein innerfamiliäres Maß hinaus geht, haben wir seinerzeit in einem Pflegevertrag schriftlich vereinbart. Die Arbeiten werden seit jeher von mir sehr detailliert protokolliert und von meiner Mutter als Leistungsempfängerin unterschrieben. Nachdem meine Mutter nur eine kleine Rente erhält, wurde vereinbart, dass eine Zahlung bzw. ein Ausgleich gegenüber meiner Schwester, erst im Erbfall erfolgen soll.
Ich war bislang fest davon ausgegangen, dass Leistungen und Zahlungen gemäß § 2 EstG, die im Rahmen der familiären Lebensgemeinschaft erfolgen, grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des Erzielens von Einkünften erfüllen - BFH, Urteil vom 14.09.1999, IX R 88/95. Kürzlich habe ich hingegen gelesen, dass ebensolche Zahlungen doch einkommensteuerlich relevant sind. Eine noch fatalere Folge hätte es, sollte mir das Finanzamt ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unterstellen und ich meine jahrelange Arbeit, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht bezahlt wurde, im Rahmen einer Einmalzahlung in exorbitanter Höhe versteuern, und auch die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen müsste.
Das sich ein Familienangehöriger um pflegebedürftige Eltern kümmert ist inzwischen die Regel und weniger die Ausnahme. Von daher hatten Sie ebenso gelagerte Fälle sicher schon öfter im Rahmen einkommensteuerrechtlicher Gesichtspunkte zu klären.
Ich hoffe, dass Sie mir in der Angelegenheit behilflich sein können. Teilen Sie mir sodann gerne Ihren Kostenaufwand mit. Für Ihre Bemühungen möchte ich mich vorab herzlich bedanken.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan
Sehr geehrter Herr Stephan,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der steuerlichen Behandlung einer Einmalzahlung aus einem Pflegevertrag innerhalb der Familie. Sie schildern, dass Sie Ihre Mutter aufgrund eines Pflegevertrags unterstützen und eine Zahlung erst im Erbfall erfolgen soll. Ihre Frage dreht sich um die steuerliche Relevanz dieser Zahlung im Kontext der Einkommensteuer und möglicher sozialversicherungsrechtlicher Konsequenzen.
Zunächst möchte ich auf die einkommensteuerrechtliche Betrachtung eingehen. Grundsätzlich regelt § 2 Einkommensteuergesetz (EStG) die Einkunftsarten, die der Einkommensteuer unterliegen. Pflegeleistungen innerhalb der Familie können unter bestimmten Umständen steuerliche Relevanz erlangen. Im von Ihnen zitierten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.09.1999 (IX R 88/95) wurde entschieden, dass unentgeltliche Leistungen im Rahmen einer familiären Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht der Einkommensteuer unterliegen. Dies gilt jedoch vornehmlich für alltägliche, familiäre Unterstützungsleistungen.
In Ihrem Fall liegt jedoch ein formalisierter Pflegevertrag vor, was die Situation komplexer macht. Solche Verträge können unter bestimmten Umständen ein entgeltliches Vertragsverhältnis begründen. Wenn die Pflegeleistung über das übliche Maß hinausgeht und eine Gegenleistung vereinbart ist, kann dies auch unter die Einkunftsart "Sonstige Einkünfte" gemäß § 22 Nr. 3 EStG fallen. Dies wäre der Fall, wenn die Pflegeleistung als Leistung gegen Entgelt und nicht lediglich als familiäre Unterstützung anzusehen ist.
Hinsichtlich der Sozialversicherung ist die Situation ebenfalls zu prüfen. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn Sie als Arbeitnehmer für Ihre Mutter tätig sind. Das bedeutet eine weisungsgebundene und persönliche Arbeitsleistung. Dies könnte relevant werden, wenn die Pflegeleistungen sehr umfangreich sind und typische Merkmale eines Arbeitsverhältnisses aufweisen.
Da in Ihrem Fall eine Zahlung erst im Erbfall erfolgen soll, ist zudem zu berücksichtigen, ob diese als Nachzahlung für bereits erbrachte Leistungen oder als vorweggenommene Erbfolge zu verstehen ist. Dies hat unterschiedliche steuerliche Konsequenzen. Eine nachträgliche Bezahlung könnte als Einkommen angesehen werden, während eine vorweggenommene Erbfolge andere steuerliche Regelungen betrifft.
Zur genauen Klärung Ihrer Situation empfehle ich die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt oder die Konsultation eines Steuerberaters, um alle Details Ihres spezifischen Falls zu berücksichtigen.
Abschließend möchte ich betonen, dass diese Ausführungen eine erste Einschätzung darstellen und eine individuelle, detaillierte Prüfung unerlässlich ist. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte und stehe Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hannu Wegner
Steuerberater
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