Privates Veräußerungsgeschaft von Grundstücken und Immobilie durch Erbeserbe
Februar 22, 2014 | 30,00 EUR | beantwortet von Ekrem Uyulur
Folgender Sachverhalt:
Mein Vater bekam 1997 von meiner Oma ein Wohnhaus und zwei landwirtschaftliche Grundstücke überschrieben (unter Nießbrauchsvorbehalt). Die Oma starb August 2003.
Mein Vater starb dann im Juli 2010, nachdem er über zwei Jahre selbst auch das Wohnhaus bewohnt hatte.
Als Erben wurde meine von ihm getrennt lebende Mutter zu 1/2 beerbt, meine Halbschwester väterlicherseits und ich selbst erbten jeweils 1/4.
Im April 2011 starb dann auch noch meine Mutter, sodass der Anteil meiner Mutter auf mich zur Hälfte und zur anderen Hälfte auf meinen Halbbruder mütterlicherseits entfiel.
Wir haben die Grundstücke November 2012 und das Wohnhaus im Juni 2013 verkauft (Grundstücke für insgesamt 45.000€ / 50.000€ für das leider abbruchreife Wohnhaus). Für den Verkauf mussten wir ca. 10.000 € aufbringen, um ausstehende Schulden an Gläubiger zu zahlen, damit wir die Einträge im Grundbuch bereinigen konnten (ich weiß nicht, ob diese Aufwendungen von Bedeutung sind).
Ich wurde nun vom Finanzamt zur Steuererklärung aufgefordert. Ich will natürlich keinen Fehler bei der Abgabe machen.
Ich habe mich soweit schon über die rechtliche Situation betreffend §23 Einkommenssteuergesetz (Private Veräußerungsgeschäfte) informiert. Soweit ich das verstehe, bestand vor dem Erbfall meiner Mutter keine Einkommenssteuerpflicht bei einer möglichen Veräußerung, weil mein Vater ja das Haus vor mehr als 10 Jahren geerbt hatte (unentgeltlich) und mehr als zwei Jahre die Immobilie selbst bewohnt hatte.
Wie verhält es sich aber jetzt durch den Tod meiner Mutter? Sie hat ja schließlich weder selbst dort gewohnt, noch hat sie die Immobilie mehr als 10 Jahre besessen.
Fragen:
1. Muss ich jetzt ihren Anteil, den sie mir vererbt hat versteuern (gemeint ist der Erlös von den o.g. Verkäufen)? Oder gelten beim vorliegenden Erbeserbe auch der unentgeltliche Erwerb und die Übernahme der rechtlichen Stellung des Vorvorgängers (meines Vaters)?
2. Falls ich nichts versteuern müsste, muss ich trotzdem den Sachverhalt gegenüber dem Finanzamt erklären oder muss ich einfach keine Angaben zur Veräußerung in der Steuererklärung machen?
Ich hoffe ich konnte die Frage verständlich formulieren. Wenn eine Unklarheit besteht, bitte ich um Rückfrage.
Sehr geehrter Fragesteller,
im Rahmen der Erstberatung beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
zu Nr. 1) Damit ein Grundstücksverkauf aus dem Privatvermögen steuerpflichtig wird, darf zwischen Anschaffung und Verkauf (wichtig ist das Datum der Notarverträge) keine 10 Jahre vergangen sein. Bei unentgeltlichem Erwerb (in Ihrem Fall, das Erbe), gilt das Anschaffungsdatum des Rechtsvorgängers als maßgeblicher Anschaffungszeitpunkt.
Hinsichtlich des Erbanteils von Ihrem Vater haben Sie bereits richtig erkannt, dass bereits 10 Jahre verstrichen sind, da Ihr Vater der Rechtsvorgänger war und das Haus 1997 erworben hat. Ob sein Erwerb entgeltlich oder unentgeltlich war, ändert in diesem Fall nicht das Ergebnis.
Der Erbanteil Ihrer Mutter ist jedoch auch steuerfrei. Ihre Mutter hat ebenfalls von Ihrem Vater Grundstücksanteile geerbt. Damit gilt für Ihre Mutter als Anschaffungsdatum, der Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers, nämlich Ihres Vaters (1997). Der spätere durch Erbfall unentgeltliche Übergang auf Sie, ändert nichts an diesem Zeitpunkt. Auch für Sie gilt als Anschaffungszeitpunkt, der selbe der für Ihre Mutter galt, nämlich 1997.
Bitte beachten Sie, dass die o.g. Ausführungen nur für den Fall gelten, dass die Grundstücke bzw. Gebäude im Privatvermögen waren; auch im Privatvermögen der Erblasser. Eine betriebliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Nutzung hätte eine andere steuerliche Auswirkung.
Die alleinige Vermietung bzw. Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen an einen Dritten ist unschädlich. Die eigene landwirtschaftliche Nutzung durch die Erblasser oder Erben wird jedoch steuerlich anders beurteilt. Falls dies der Fall ist, müsste der Fall noch einmal gesondert geprüft werden.
zu Nr. 2) In der Regel erhält das Finanzamt eine Veräußerungsanzeige vom Amtsgericht, welches das Grundbuch führt. Falls Sie es in Ihrer Steuererklärung nicht erklären, werden Sie wahrscheinlich eine Anfrage vom Finanzamt erhalten. Ich empfehle daher dieses von vornherein zu erklären. Dazu müssen Sie (am besten auf einem gesonderten Blatt) den Anteil Ihres Verkaufserlöses angeben, abzüglich der anteiligen Anschaffungskosten der Erblasser und die anteiligen Veräußerungskosten, die ggf. entstanden sind. Die Tilgung der Schulden können nicht als Veräußerungskosten geltend gemacht werden; jedoch evtl. Vorfälligkeitszinsen/-entschädigungen aus diesen Schulden.
Ebenfalls ist es wichtig, dass Sie in Ihrer Einkommensteuererklärung angeben, wann die Grundstücke von den Rechtsvorgängern erworben wurden und wann die Veräußerung war. Auf Grund der Überschreitung der \"Spekulationsfrist\" ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von EUR 0,00. Dieser Betrag wird in Anlage SO eingetragen. Die Anschaffungsdaten müssen ggf. nachgewiesen werden.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort geholfen zu haben.
Für eventuelle Fragen dazu stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Steuerberater
Ekrem Uyulur
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