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Frag einen Steuerberater zum Thema Doppelbesteuerung

DBA UK und angewiesene Steuervorauszahlungen

Mein Mann und ich sind auf Grund der Doppelbesteuerung in eine prekaere Situation geraten - unsere Sachlage is wiefolgt:

Mein Mann und ich haben viele Jahre in UK gelebt und gearbeitet. Vor ein paar Jahren ist mein Mann nach Deutschland umgezogen und unsere 2 Toechter sind gefolgt. Ich bin etwas spaeter gefolgt, jedoch weiterhin in UK angestellt. Desweiteren besitzen wir eine Immobilie in London und in der Schweiz, welche wir voll versteuern.

Nachdem ich nachgezogen bin, haben wir uns einen Steuerberater gesucht, welcher uns bzgl. unserer spezifischen Situation und Gestaltungsmoeglichkeiten beraet. Der von uns ausgewaehlte Steuerberater jedoch hat uns zwar Dokumente fuer die Schweizer Steuerbehoerden erstellt, aber nichts fuer die deutschen Steuerbehoerden getan mit der Begruendung, dass wir noch nicht veranlagt sind und deshalb noch Zeit haben. Im Sommer letzten Jahres ist uns dann der Kragen geplatzt, wir haben ihm das Mandat entzogen und PWC mit unserer steuerlichen Vertretung beauftragt.

PWC hat unsere Steuererklaerungen gemacht und auf Basis der Lebensmittelpunktregelung die fuer mich in Deutschland faellige Steuer errechnet. PWC war es voll bewusst, dass ich 100% Steuer in UK bezahle und diese dann nach Abschluss des UK Steuerjahres zurueckfordere, da sich die Tage, welche ich in Deutschland vs. UK verbringe, von Jahr zu Jahr aendern koennen.

Im Dezember 2016 haben wir die Steuererklaerungen fuer die letzten Jahre eingereicht und nun einen Steuerbescheid bekommen, welcher zwar die von PWC berechneten Betraege der letzten Jahre bestaetigt (und wir sind dabei, diese an das FA zu ueberweisen) aber gleichzeitig eine Vorauszahlung fuer 2016 (50.000 Euro!) – Zahlungsfrist 20. April 2017 verlangt.

Die Situation ist jedoch so, dass mir momentan die volle Steuer in UK abgezogen wird und ich sie erst am Ende des UK Steuerjahres (6. April 2017) auf Basis der Tage, welche ich in UK versus andere Laender verbracht habe, zurueckhole. Da ich die Steuer schon voll in UK bezahlt habe, bin ich nicht in der Lage, die angesetzte Vorauszahlung hier in Deutschland zu entrichten, bis ich die Steuer in UK zurueckgeholt habe, da ich nicht in der Lage bin, so einen grossen Teil meines Gehaltes in UK und Deutschland gleichzeitig zu versteuern. Unser Steuerberater war sich dieser Sache (dem Fakt, dass ich die Steuer in der UK zahle) voll bewusst und hat uns nicht ueber die Moeglichkeit einer Vorauszahlung informiert, d.h. als der Steuerbescheid kam, sind wir sprichwoertlich aus allen Wolken gefallen und haben diesen Betrag dementsprechend nicht fluessig verfuegbar.

Leider ist unser Steuerberater auch der Meinung, dass es dem deutschen FA komplett egal ist, ob die Steuer in UK schon bezahlt wurde und das eine temporaere Doppelbesteuerung aus juristischer Sicht voll akzeptabel ist und es aus diesem Grund wahrscheinlich ist, dass sich das FA nicht auf einen Aufschub einlassen wuerde. Das heisst, wir sind in der Zwickmuehle und wissen nicht, wie wir die von der deutschen Steuerbehoerde verlangte Vorauszahlung finanziell stemmen koennen. Auch wissen wir nicht, wie wir mit dem FA am besten umgehen, da wir die Steuererklaerung in UK erst am 7. April einreichen koennen und keine Ahnung haben, wie lange deren Bearbeitung & Rueckerstattung dauert.

Desweiteren hat das FA blind die Einkuenfte fuer 2015 als Berechnungsgrundlage der Vorauszahlungen in 2016 und weitere Jahre genommen. Der durch den Brexit hervorgerufene niedrigere Wechselkurs und eine Befoerderung zum Head of Europe jedoch bedeutet, dass ich 2016 wesentlich weniger Einkuenfte in Deutschland vs. 2015 hatte, da erstens der Betrag in EUR runtergegangen ist und ich zweitens wesentlich mehr Tage in UK verbracht habe. Unser Steuerberater ist der Meinung, dass man zwar eine Minderung der Vorauszahlung beantragen kann, aber das es wie gesagt, dem FA voellig egal sei, ob es zur temporaeren Doppelbesteuerung kommt und das eine Nichtbezahlung der Vorauszahlung zur Pfaendung fuehrt. Fuer mich ist es nicht nachvollziehbar, wie das deutsche FA pfaenden kann, wenn man die Steuer innerhalb der EU voll bezahlt hat, nur halt temporaer in UK. Da uns niemand ueber die Moeglichkeit der Vorausszahlung informiert hat, dachten wir, wir haben bis Dezember Zeit, die Steuererklaerung in UK einzureichen und uns die in Deutschland faellige Steuer zurueckzuholen und haben unsere familiaere Liquiditaetsplanung entsprechend gestaltet.

Die Frist fuer die Vorauszahlung wurde fuer den 20. April 2017 angesetzt, deshalb handelt es sich leider um eine sehr dringende Angelegenheit. Wir danken im vorab fuer eine Empfehlung, was man in solch einer Situation am besten machen sollte.

StB Patrick Färber

Sehr geehrter Fragesteller,

auf Basis Ihrer Sachverhaltsdarstellung kann ich Sie im Rahmen einer Erstberatung wie folgt orientieren:

1. Ich stimme dem StB-Kollegen zu: Das Finanzamt kann grundsätzlich nicht berücksichtigen, dass Sie anderweitig (UK) bereits Steuern gezahlt haben. Es handelt sich um eine temporäre "Liquiditäts-Doppelbelastung", aber keine Doppel-Besteuerung.

2. Normal und üblich ist auch, dass bei einer Festsetzung von Nachzahlungen für ein Steuerjahr (hier 2015) automatisch Vorauszahlungen auf Basis der gleichen Bemessungsgrundlage für Folgejahre in gleicher Höhe erlassen werden. Ehrlicherweise ist das ein Hinweis, den wir Steuerberater gerne mal "vergessen", aber dazugehören sollte (insbesondere bei den Beträgen).

3. Möglichkeiten des "Aufschubs"

Als Aufschub kommen in Betracht ein Antrag auf Stundung, ein Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen i.V.m. der Bitte um Stundung bis zum Ergehen eines neuen Vorauszahlungsbescheids und/oder ein Einspruch i.V.m. einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in der Höhe, in der Sie der Meinung sind, dass die Basis der Einkünfte für 2016 zu hoch ist.

a. Stundung/Ratenzahlung

Ein Stundungsantrag ist in Ihren Einkommensverhältnissen aussichtslos. Die Rechtsprechung verlangt sogar, dass man ggf. einen Kredit aufnehmen muss, um die Steuern zu zahlen.
In einer ähnlichen Situation habe ich jedoch mittels eines Stundungsantrags in Verbindung mit einem Ratenzahlungsplan erreicht, dass die Zahlung der Vorauszahlungen gestreckt werden kann. Als Argument haben wir auch die doppelte Liquiditätsbelastung angegeben sowie die Tatsache, dass der Steuerpflichtige 3-4 Monate später den Bonus ausbezahlt bekam.
Hier könnten Sie also einen Stundungsantrag stellen und proaktiv einen Ratenzahlungsplan vorschlagen, der aber nicht länger als 6 Monate sein sollte (6x 10.000,-) verbunden mit der Aussicht, dass die Steuererstattung in UK zeitnah zu erwarten ist.
Das Finanzamt hat hier großes Ermessen, wenn Sie aber ggf. "lieb fragen" und sogar beim Sachbearbeiter anrufen und ihm das Gefühl geben, dass Sie zeitnah "liefern", könnte es klappen (so habe ich es seinerzeit erreicht).

b. Herabsetzung VZ

Es ist völlig unproblematisch, eine Antrag auf Herabsetzung der VZ zu stellen, wenn Sie jetzt ungefähr wissen, wieviele Tage in Deutschland der Versteuerung unterliegen werden. Sie müssen das dem Finanzamt im Antrag genau darlehen und angeben, auf welcher Einkommensbasis die VZ neu festgesetzt werden sollen. Damit können Sie ggf. schon eine beachtliche Reduzierung erreichen. Wenn Sie das zügig machen und einen Antrag auf Stundung bis zum Ergehen des geänderten Bescheids stellen, könnte das evt. klappen

c. Einspruch und "AdV"
Das ist das ungünstigste Mittel, aber mit der sog. "AdV" hemmen Sie die Fälligkeit der Zahlung am 20. April. Sie müssen hier aber genau sagen können, in welcher Höhe die Steuerzahlung auszusetzen ist (was Sie hier gar nicht so einfach können ohne Hilfe.

Fazit:
Stellen Sie einen Antrag nach b.) und kombinieren Sie diesen mit Antrag zu a. und dem Angebot eines kurzfristigen Ratenzahlungsplans.

Ich hoffe, ich konnte helfen!

MfG

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Experte für Doppelbesteuerung

StB Patrick Färber