Unberechtigter Vertragsabschluß Software
September 17, 2010 | 30,00 EUR | beantwortet von Steffan Schwerin
Guten Tag,
Meine Frau hat beim Surfen auf www.top-of-software.de wohl mit einem Klick einen 12-monatigen Vertrag abgeschlossen. Es war aber überhaupt ersichtlich oder nachvollziehbar, es gab keine Warnung oder Bestätigung, dass ein Vertragsabschluß ansteht. Es kam auch keine Rechnung sondern gleich eine Zahlungsaufforderung, die auch so spät eintraf, dass ein Widerrufsrecht kaum mehr möglich war.
Jetzt ist meine Frau mittlerweile nach Finnland umgezogen, hat schriftlich auch eine Stornierung gewünscht, bekommt aber Mahnungen mit immer höherer Zahlungsaufforderung.
Wie sollen wir vorgehen? Zahlen, um dem trotz der Abzocke rasch ein Ende zu machen? Abwarten und hoffen, dass ihr im Ausland nicht passieren kann? Oder einen Anwalt einschalten und erneut Kontakt mit der Firma aufnehmen?
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
Vorausgeschickt sei, dass in Ihrem Fall kein Grund zur Besorgnis besteht! Es ist nämlich davon auszugehen, dass zwischen Ihnen und dem dubiosen Diensteanbieter kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist.
Zunächst sollte geprüft werden, ob hier tatsächlich eine Abofalle vorliegt. In den meisten Fällen wird aber davon auszugehen sein. In erster Linie sollten Sie dann die Ruhe bewahren.
Die Rechnung oder Mahnung sollte aber auf keinen Fall beglichen werden.
Hier sollte dann der Widerruf des Vertrages erklärt und dieser vorsorglich auch noch angefochten werden. Mit dieser Vorgehensweise sind Sie auf der sicheren Seite.
Es kann sich auch lohnen, in die Offensive zu gehen und insbesondere die mahnenden Rechtsanwälte auf der Gegenseite auf Schadensersatz zu verklagen. So hat das Amtsgericht Karlsruhe bereits entschieden, dass eine bekannte Rechtsanwältin dem zu Unrecht angemahnten Verbraucher Schadensersatz zahlen muss.
Ich empfehle Ihnen, ein Schreiben folgenden Inhalts aufzusetzen:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
die gegenständliche Leistung ist hier nicht entstanden. Ein Abonnement bzw. einen 12-Monatszugang zu Ihrem System haben wir hier jedenfalls nicht abgeschlossen.
Es ist kein Vertrag zustande gekommen.
Der von Ihnen geforderte Betrag wird von mir schon deswegen nicht bezahlt, weil es insoweit an einem wirksamen Vertragsschluss fehlt.
Die Gegenleistung, nämlich das zu zahlende Entgelt taucht nur im „Kleingedruckten“ auf, so dass ich, wie wohl jeder durchschnittliche User davon ausgehen musste, dass es sich nicht um ein kostenpflichtiges Angebot handelt.
Eine entsprechende Klausel ist nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München vom 16.01.2007 (Az: 161 C 23695/06) als überraschend anzusehen. Es fehlt somit bereits an zwei übereinstimmenden Willenserklärungen und damit an einem wirksamen Vertrag.
Darüber hinaus wäre ein Vertrag auch wegen Sittenwidrigkeit nichtig, weil die von Ihnen angebotene Leistung offensichtlich in einem krassen Missverhältnis zu dem verlangten Entgelt steht.
Hilfsweise erkläre ich den Widerruf, der – mangels ausreichender Belehrung – auch noch rechtzeitig ist.
Entgegen Ihren Angaben erfolgt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung, sodass die 14-tägige Widerrufsfrist hier nicht zu laufen begann und der Widerruf daher – hilfsweise – auch jetzt noch erklärt werden kann.
Das Widerrufsrecht ist auch nicht ausgeschlossen oder erloschen.
Hilfsweise und rein vorsorglich erkläre ich hiermit auch eine Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung. Ihr Angebot ist von vornherein darauf ausgelegt, den User über die Kostenpflichtigkeit zu täuschen. Weiterhin war lediglich eine kostenlose Nutzung gewollt und kein kostenpflichtiges Abo.
Ich werde hier keinerlei Zahlung leisten. Es wird erwogen, Ihr Unternehmen auf Schadensersatz in Höhe der durch meine Inanspruchnahme entstandenen Kosten in Anspruch zu nehmen.
Ein solches Vorgehen sowie strafrechtliche Schritte bleiben vorerst vorbehalten.“
Mit diesem Schreiben sind Sie auf der sicheren Seite.
Sollten Sie im weiteren Verlauf weitere Mahnungen, Inkassoschreiben oder Briefe von Rechtsanwälten erhalten, so ist auch das als übliches Vorgehen derartiger Seitenbetreiber zu sehen. Es ist dann kein weiterer Handlungsbedarf gegeben. Archivieren Sie diese Schreiben lediglich. Druckausübung über Zusatzkosten, Androhung weiterer rechtlicher Schritte etc. gehört zum gewöhnlichen Vorgehen dieser Anbieter. Dadurch sollen Angeschriebene verunsichert und zur Zahlung verleitet werden.
Ansonsten sollten Sie sich einen Anwalt nehmen. In den meisten Fällen wird erst dann eingelenkt.
Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass die Verbraucherschutzzentralen sowie teilweise auch Staatsanwaltschaften bereits gegen derartige Anbieter ermitteln und versuchen, diesen das Handwerk zu legen.
Leider bewegen sich die Unternehmen nur am Rande der Illegalität, so dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs schwer nachzuweisen ist. Sofern Sie Zeit und Muße haben sollten, können Sie gerne bei der für Sie zuständigen Staatsanwaltschaft oder Polizei Anzeige wegen Betrugs und Nötigung erstatten. Je mehr Opfer sich melden und hiergegen protestieren, desto größer dürfte der Druck auf die Unternehmen werden. Machen Sie sich in Ihrem individuellen Fall einer Anzeige aber bitte keine allzu große Hoffnung – aller Voraussicht nach wird das Verfahren eingestellt. Auch zahlreiche Proteste bei der kontoführenden Bank des Anbieters haben schon häufig erfolgreich dazu geführt, dass derartigen Firmen das Konto gekündigt wurde.
Ferner empfehlen wir in vergleichbaren Fällen, die entscheidenden Seiten der dubiosen Homepage (Startseite, Anmeldeseite, AGBs, …) auszudrucken und zu archivieren, damit im theoretischen Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung ein Nachweis möglich ist, wie die Seiten zum Zeitpunkt des Besuches ausgesehen haben - dass eben gerade nicht deutlich auf die Zahlungspflicht hingewiesen wurde.
Der kleingedruckte Hinweis neben dem Anmeldefeld genügt eben nicht, da dieser Hinweis nicht deutlich genug ist und daher nicht zur Kenntnis genommen wird. Durch das Ausdrucken verhindern Sie, dass der Kostenhinweis nachträglich deutlich hervorgehoben wird und dann die Behauptung aufgestellt wird, dass die Seiten schon immer so ausgesehen haben.
FAZIT: Die Forderung ist aller Voraussicht nach nicht gerechtfertigt! Solange Ihnen kein gerichtlicher Mahnbescheid zugestellt wird, können derartige Rechnungen und Einschüchterungsschreiben ignoriert werden. Wichtig ist, dass Sie einen Vertragsabschluss bestreiten und hilfsweise widerrufen, anfechten und kündigen.
Ich darf Sie abschließend darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Sachverhaltsschilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Sie können sich gern im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir in Verbindung setzen.
Darüber hinaus stehe ich Ihnen selbstverständlich auch im Rahmen einer Mandatierung zur Verfügung. Den geleisteten Erstberatungsbetrag würde ich Ihnen in voller Höhe anrechnen.
Eine größere Entfernung zwischen Anwalt und Mandant stellt grundsätzlich kein Problem dar. Mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail, Post, Fax und Telefon ist eine Mandatsausführung ebenfalls möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Steffan Schwerin
Rechtsanwalt
Rechtsanwaltskanzlei Steffan Schwerin
Brändströmstraße 10
07749 Jena
Tel.: 03641 801257
Fax: 032121128582
Email: raschwerin@raschwerin.de
Internet: www.jena-rechtsberatung.de
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