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Frag einen Steuerberater zum Thema Steuererklärung

außergewöhnliche Belastungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Für 09/08 war der Einzug in ein, im Zeitraum 06/08 bis 09/08 zu errichtendes, Einfamilienhaus vorgesehen.
Seit 08/2008 befinde ich mich mit der Baufirma im Rechtsstreit, wodurch das Haus bis heute nicht fertiggestellt werden konnte.
Aus dem Rechtsstreit und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, in das Haus einzuziehen, entstanden (und entstehen) folgende erhebliche Kosten:

- Rechtsanwaltskosten
- Kosten für selbst bestellten Gutachter
- Kosten für vom Gericht bestellten Gutachter

- Kaltmiete (die seit 09/08 nicht zu anfallen dürfte)
- Bereitstellungszinsen für das Baudarlehen
- Zinsen für das Baudarlehen

In meiner Steuerklärung 2008 habe ich diese Auslagen als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht. Das FA hat diese Kosten auch vollständig steuermindernd berücksichtigt.

In der Steuererklärung 2009 wurden diese Kosten (diesmal allerdings in etwa dreifacher Höhe) wieder als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Diesmal erfolgte durch das FA KEINE Berücksichtigung, weil es sich, lt. FA, nicht um außergewöhnliche Belastungen handeln soll.

Nunmehr hat der BFH am 12.05.2011 zum Az. VI R 42/10 entschieden, dass es sich bei den Kosten eines Zivilprozesses um außergewöhnliche Belastungen handelt. Soweit der BFH hierfür voraussetzt, dass bei der anhängigen Klage Aussicht auf Erfolg bestehen muss, wird hier davon ausgegangen, dass dem so ist, weil der vom Gericht bestellte Gutachter bereits Mängel in Höhe von mehreren 10.000,00 € festgestellt hat.

Aus den obigen Ausführungen ergeben sich für mich folgende Fragen:

1. Werden von der BFH-Entscheidung alle oben genannten Kosten erfasst oder nur die direkten Prozesskosten, also Rechtsanwaltskosten und Gutachterkosten?
2. Können die für das Jahr 2009 geltend gemachten und vom FA (aus meiner Sicht zu unrecht) nicht anerkannten außergewöhnlichen Belastungen in der Steuererklärung 2010, mit Hinweis auf die BFH-Entscheidung erneut geltend gemacht werden? Oder muß ich mich auf die in 2010 angefallenen Kosten beschränken?

Eine weitere Frage zu einer anderen Thematik:

In der Steuererklärung 2009 wurden für einen Computer € 484,00, unter Hinweis auf den Gesamtkaufpreis von € 1452,00 und die Abschreibung über 3 Jahre, als Werbungskosten geltend gemacht. Das FA bestätigte die 3 Jahre Abschreibungsfrist und kam zu der Feststellung es könnten daher nur € 40,00 (VIERZIG) steuermindernd berücksichtigt werden. Die Rechtsmittelfrist habe ich leider versäumt. Ist es möglich, die Abschreibung für 2009 (natürlich abzüglich der anerkannten € 40,00!) in der Steuererklärung nochmals als Werbungskosten anzusetzen?

mfg

Oliver Burchardt

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworte.

Die von Ihnen zitierte BFH-Entscheidung stellt in ihrer Begründung heraus, daß die Kosten eines Zivilprozesses zwangsläufig erwachsen und daher als außergewöhnliche Belastungen qualifiziert werden können, da Sie als Bürger und Steuerpflichtiger in einem Rechtsstaat nur auf diesem Weg ihr Recht durchsetzen können. Insoweit sind mE nur direkte Rechtsverfolgungskosten von der neuen Rechtsprechung des BFH abgedeckt. Als außergewöhnliche Belastungen kommen damit nur die Kosten in Betracht, die Ihnen im Zuge der Rechtsdurchsetzung entstanden sind. Kosten wie Kaltmiete und Zinsen entstehen Ihnen nicht aufgrund des Rechtsstreits, sondern sind direkte Folge der Schlechtleistung Ihres Vertragspartners.

Leider gilt im deutschen Einkommensteuerrecht das Zu- und Abflussprinzip. Auf Ihren Fall angewandt bedeutet dies, daß die im Jahr 2009 angefallenen Kosten auch nur in diesem Jahr steuerliche Auswirkungen haben können. Damit ist eine Berücksichtigung der Aufwendungen des Jahres 2009 im Jahr 2010 nicht möglich.

Leider ist eine Rechtssprechungsänderung kein Anlass, einen bestandskräftigen Steuerbescheid zu ändern, so daß ich Ihnen hier keine positive Auskunft geben kann.

Bitte prüfen Sie aber, ob der Steuerbescheid des Jahres 2009 nicht doch noch änderbar ist, weil er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist.

Bei der Berechnung der Abschreibung des Computers gilt im Prinzip ähnliches. Sofern der Steuerbescheid des Jahres 2009 bereits bestandskräftig ist, können Sie im Folgejahr nicht ohne weiteres die Abschreibung nachholen. Ich kann mir in Ihrem Fall aber vorstellen, daß der Rechner erst im Dezember des Jahres 2009 gekauft worden ist und das Finanzamt die anteilige AfA angesetzt hat, während Sie die komplette Jahres-AfA angesetzt haben. In diesem Fall dürfen Sie selbstverständlich in den Jahren 2010 und 2011 die volle AfA ansetzen, während Sie im Jahr 2012 11/12 der AfA als Werbungskosten geltend machen können.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich gewesen zu sein.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Burchardt
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater

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