Fehler in der Steurerklärung
Juni 24, 2011 | 20,00 EUR | beantwortet von Dipl.BW/SB Ulrich Stiller
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe in meiner Einkommensteuererklärung einen Fehler gemacht, der als Betrug betrachtet werden kann. Seit letzten 16 Jahre führe ich den doppelten Haushalt. Bis jetzt habe ich keine Probleme mit dem Finanzamt gehabt. Im Juli 2010 habe ich meine Arbeit gewechselt, arbeite nun als Grenzgänger in die Schweiz und miete wieder die Nebenwohnung an der Schweizer Grenze.
Im Februar dieses Jahres war ich gezwungen die Nebenwohnung in Konstanz zu wechseln. Bei diesem Notumzug wurde unter anderem die Mappe mit vielen Belege für das Finanzamt verloren – Ausdrücke von E-Tickets (Bahn und Flug), Kassenbone für Einrichtungen der neuen Nebenwohnung an der Arbeitsstelle, Putzmittel, Briefwechsel mit meinem ehemaligen Arbeitsgeber wegen meiner Kündigung usw.
Ich war deshalb gezwungen meine Familienfahrten nur als Autofahrten zeigen. Ihre Zahl habe ich aus dem Tachostand ausgerechnet:
6800 km / 550 km (Konstanz-Düsseldorf) = 12 Familienfahrten, obwohl ich fast alle Wochenende nach Hause fuhr (kann aber nun nicht nachweisen).
So habe ich in die Steuererklärung in die Werbungskosten eingetragen:
12x550x 0.60 (Schwerbehinderung)=3960 EURO
Der Fehler kommt selten alleine. Unter anderen Belege habe ich vergessen, auch die Bestätigung des Tachostandes von meinem Auto mitzuschicken obwohl ich das alle letzten 16 Jahre immer machte.
Nun fordert das Finanzamt die fehlenden Belege. Ich habe sie alle. Und bei der Überprüfung finde ich, dass ich in der Berechnung von Familienfahrten nur den einfache Fahrt 550 km genommen. Hin und zurück macht 1100 km. Also ich konnte nur 6 Familienfahrten eintragen und nicht 12.
Was kann ich in dieser Situation machen? Darf ich meine Steuererklärung korrigieren oder ist es schon zu spät (Betrug)?
Ich danke Ihnen im voraus
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Ratsuchender,
besten Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Grund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Für die Familienheimfahrten gilt die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale mit 0,30€ je km einfacher Entfernung. Bei Behinderten erhöht sich die Pauschale auf 0,30€ je gefahrenem Kilometer wenn der Grad der Behinderung mindestens 70% beträgt oder bei weniger als 70%, der Grad der Behinderung mindestens 50% beträgt und die darüber hinaus in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind. Nach der Entscheidung ds BFH, Urteil vom 05.05.2009 VI R 77/06 kann der Behinderte zwischen der Pauschale mit 0,30€ je gefahrenen Kilometer und den tatsächlichen Kosten entscheiden, das Finanzamt muss dann den höchsten Werbungskostenabzug gewähren. Bei 1 Familienheimfahrt pro Woche könnten Sie wie folgt rechnen:
1.100km x 0,30 x 48 = 15.840€.
Auf die gesetzliche Pauschale haben Sie einen Rechtsanspruch. Selbst wenn Sie dem Finanzamt nur 12 Familienheimfahrten glaubhaft machen können, dann ergibt sich der von Ihnen errechnete Betrag.
Für die Geltendmachung der Pauschale müssen keine Nachweise vorgelegt werden. In der Regel unterstellt die Verwaltung eine Familienheimfahrt in der Woche.
Aus Ihrer Schilderung kann ich keinen Tatbestand des Betrugs oder der Steuerhinterziehung erkennen, da Sie einen Anspruch auf einen Werbungskostenabzug in Höhe von € 15.840 haben, wenn Sie wöchentliche Familienheimfahrten dem Finanzamt glaubhaft machen können. Dies kann alles noch im Rahmen der laufenden Veranlagung beantragt werden.
Sie sollten einen Steuerberater einschalten. Bei Interesse können Sie sich gerne unter StillerStB@gmx.de mit mir in Verbindung setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Stiller
Steuerberater/Diplom Betriebswirt
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