Spekulationsfrist Immobilie bzw. Merkmale Selbstnutzung
Juli 8, 2019 | 30,00 EUR | beantwortet von Dipl.-Kfm. Frank-Olaf Illiges
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,
ich habe eine Frage zur Spekulationsfrist bei einer selbstgenutzten Bestandsimmobilie (Eigentumswohnung).
Sachverhalt
Ich habe am 02.12.2009 (Datum der notariellen Beurkundung) eine Eigentumswohnung gekauft. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 19.02.2010. Die Wohnung wurde seit dem Kauf nie vermietet, allerdings verbringe ich aus familiären Gründen über 90% meiner Zeit bei meiner Familie. Das Haus meiner Familie, dort bin ich auch gemeldet, befindet sich im selben Stadtteil (selbes Wohnsitzfinanzamt). Aufgrund der guten Marktpreise überlege ich nun diese Wohnung zu verkaufen.
Frage
Nach meinem aktuellen Kenntnisstand ist gem. § 23 EStG der Verkauf einer ausschließlich selbst genutzten Immobilie steuerfrei bzw. steuerfrei, wenn diese im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich selbst genutzt wurde. Kann mir das Finanzamt die steuerfreie Veräußerung verwehren, weil ich in der Eigentumswohnung nicht gemeldet bin bzw. diese kaum bewohne (Energieverbrauch beschränkt sich fast auf den Allgemeinanteil)? Wenn ja, wäre dann der 02.12.2009 (notarielle Beurkundung), was nach meinem bisherigen Kenntnisstand der maßgebliche Temin ist, oder die Eintragung ins Grundbuch maßgeblich?
Können Sie mir bitte zu Ihrer Antwort die die Quellen nennen, auf die ich mich, bei evtl. Problemen mit dem Finanzamt, beziehen kann.
Vielen Dank vorab!
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes sowie der Regeln dieser Plattform beantworte.
Der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt lediglich voraus, dass die Immobilie bewohnbar ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird (BFH IX R 37/16 v. 27.6.17, BStBl II 17, 1192). Zu Wohnzwecken benutzen bedeutet bewohnen. Das Bewohnen einer Wohnung ist abzugrenzen von gelegentl. (besuchsweisen) Aufenthalten. Es erfordert i. d. R. das Führen eines eigenständigen Haushalts , ein gewisses Eingerichtetsein und wohl auch eine gewisse Dauer des Aufenthalts. Das bloße Vorhalten einer Wohnung ohne tatsächlich Nutzung kann nicht als bewohnen angehen werden. Der Steuerpflichtige muss die Wohnung grundsätzlich selbst (d. h. in Person) bewohnen. Die Mitnutzung durch Familienangehörige oder Dritte ist unschädlich, solange dem Steuerpflichtige eine eigenständige Haushaltsführung möglich bleibt (zutr. BMF v. 5.10.00, BStBl I 00, 1383 Tz. 22).
Eine Wohnung wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung (jederzeit) zur Verfügung steht (BFH IX R 37/16 v. 27.6.17, BStBl II 17, 1192). Eine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Ein Steuerpflichtige kann deshalb mehrere Gebäude gleichzeitig zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Auf den zeitlichen Umfang der tatsächlichen Wohnnutzung kommt es grundsätzlich nicht an, sofern eine eigene Wohnnutzung stattfindet (zum Ganzen BFH IX R 37/16 v. 27.6.17 BStBl II 17, 1192 m. w. N.).
Die Haltefrist beginnt mit Ablauf des Tages des rechtsverbindlichen Abschlusses des obligatorischen Anschaffungs-(Veräußerungs)geschäfts (st. Rspr., z. B. BFH VIII R 16/83 v. 13.12.83, BStBl II 84, 311; s. Rz. 97 u. 121).
D.h. die Haltefrist beginnt an dem Tag, an dem der Kauf der Wohnung beurkundet wurde und endet an dem Tag, an dem der Verkauf der Wohnung beurkundet wurde. Eine Ausnahme liegt darin, wenn Nutzen und Lasten an der Wohnung früher übergehen sollten.
Mit freundlichem Gruß
Dipl.-Kfm. Frank-Olaf Illiges
Steuerberater
Ringstraße 98
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