Baumrückschnitt
August 10, 2009 | 50,00 EUR | beantwortet von Andreas Scholz
In unserem Garten steht seit ca. 80 Jahren eine Linde.
Die Hausverwaltung des Nachbargebäudes verlangt einen Rück-schnitt des Grenzüberhanges bis zum 17.08.09.
Die Linde hat eine Höhe von ca.12-15 Metern und steht unge-fähr 1,5 Meter von der Grundstücksgrenze.
Wir verwiesen im letzten Schreiben an die Hausverwaltung auf das Urteil des OLG Hamburg, MDR 1999 Seite 930 dass keinerlei Pflicht zum Rückschnitt des Baumes besteht und auf den Bestandsschutz aufgrund des Alters des Baumes
Sehr geehrter Fragesteller,
ein Anspruch auf Rückschnitt kann sich aus den für Sie geltenden landesrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts ergeben. Leider kann ich Ihrer Frage nicht entnehmen, aus welchen Bundesland Sie kommen. Vielleicht teilen Sie mir dies in der Nachfrage mit. Grundsätzlich gilt aber folgendes:
Der einzuhaltende Grenzabstand zum Nachbargrundstück richtet sich nach der Höhe des Baumes. Je höher der Baum, um so größer muss der Abstand sein.
Die landesrechtlichen Vorschriften zum Nachbarrecht sehen aber vor, dass ein Anspruch auf Rückschnitt dann nicht mehr besteht, wenn eine bestimmte Frist überschritten ist. Nehmen wir an, dass der Baum in seiner derzeitigen Höhe bereits seit fünfeinhalb Jahren den einzuhaltenden Grenzabstand überschritten hat. Sieht das landesrecht vor, dass die Frist zur Geltendmachung fünf Jahre ist, so könnte der Nachbar einen Anspruch nicht mehr geltend machen. Im Übrigen legt die höchstrichterliche Rechtsprechung das entsprechende Landesrecht so aus, dass Die Vorschrift kann auch nicht einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass bei Fristablauf ein kein Zurückschneiden mehr auf die Höhe verlangt werden kann, die die Bäume bei Klageerhebung bzw. fünf Jahre davor hatten. Wäre die Frist daher in Ihrem Falle verstrichen, so hätten Sie Ihren Baum nicht mehr zurück zu schneiden.
Ein Anspruch auf Zurückschneiden käme aber als Ausfluss des (ungeschriebenen) Rechts des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Betracht. Trotz Fehlens einer gesetzlichen Grundlage kann eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme zum Tragen kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Eine Verpflichtung zum Zurückschneiden bestünde danach aber nur, wenn das Höhenwachstum der Bäume für den Nachbarn zu ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinnehmbaren Belastungen führen würde. Dies hätte der Nachbar in einem Prozess zu beweisen.
Ein Anspruch aus § 1004 BGB käme ebenfalls in Betracht. Ein solcher Anspruch wäre dann gegeben, wenn die Nutzbarkeit des Nachbargrundstückes durch den zu hohen Baum objektiv eingeschränkt wäre. Wiederum wäre dies vom Nachbarn zu beweisen.
Wenn Ihr Nachbar nach Gesagtem auch nicht das Zurückschneiden verlangen kann, da er den Baum zu dulden hat - entweder, weil die im Nachbarrecht geltenden Fristen abgelaufen sind oder aber Bestandsschutz bestünde - , so hätte er möglicherweise aber einen Anspruch auf Zahlung gegen Sie, der sich aus § 906 BGB ergibt. Der Anspruch ist darauf gerichtet, den Nachbar wegen der Beseitigung von wesentlichen Einwirkungen schadlos zu stellen (etwa Laub und abfallende Äste/Früchte auf sein Grundstück).
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben. Schreiben Sie mir, aus welchem Bundesland Sie kommen, damit ich mir einen Überblick von den für Sie geltenden nachbarrechtlichen Vorschriften machen kann. Im Übrigen fragen Sie bei Unklarheiten nach.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scholz, RA
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