Altersteilzeit - Steuerklassenwechsel
Dezember 28, 2009 | 30,00 EUR | beantwortet von Oliver Burchardt
Sehr geehrte Damen/Herren
Meine Frau ist derzeit in der StKl V, ich in StKl III. Ab 01.01.2010 gehe ich in Altersteilzeit. Mein Gehalt beträgt dann ca. 2.050 € brutto, das meiner Frau weiterhin ca. 1.650 € brutto.
In einer Vorschaurechnung meines Altersteilzeitgehalts wurde durch meinen AG ein gesetzliches Netto von ca.1.740 € und ein Aufstockungsbetrag von 640 € (Stkl III) errechnet; die Auszahlung würde demnach ca. 2.380 € betragen; die private KV/PV ist hiervon noch zu zahlen.
Ich beabsichtige mit Beginn der ATZ ab 01.01.2010 in die Stkl V, meine Frau in die Stkl III zu wechseln.
1.Bei einem Wechsel in die StKl V würde mein gesetzliches Netto nur ca. 1.100 € betragen. Muss mein AG in diesem Fall den Aufstockungsbetrag von 640 € auf 1.290 € erhöhen, damit ich wieder über die 2.380 € (das dürfte der Mindestnettobetrag lt. Altersteilzeitgesetz sein) verfügen kann?
2. Kann er mir in diesem Fall Rechtsmissbrauch entgegenhalten, obwohl er den Aufstockungsbetrag von der Bundesagentur für Arbeit ersetzt bekommt?
3. Was könnte ich ggf. dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten?
Wäre die Absicht meiner Frau, ihre Arbeitszeit auf 75 % zu erhöhen (brutto dann ca. 2.500 €) ausreichend?
4. Wie könnte ich auf jeden Fall erreichen, dass mein AG bei mir die Stkl V akzeptieren und damit einen höheren Aufstockungsbetrag als in Stkl III zahlen muss?
5. Wie wäre ein Stkl-Wechsel von derzeit III/V nach IV/IV bei der o.g. Gehaltsstruktur zu beurteilen? Wäre auch hier der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs denkbar?
6. Wie wäre Ihre persönliche Empfehlung?
Vielen Dank für Ihre Beantwortung im Voraus.
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworte.
Die steuerrechtliche Würdigung erfolgt auf der Basis der gemachten Sachverhaltsangaben. Die Hinzufügen, Ändern oder Weglassen von Informationen kann die steuerrechtliche Würdigung beeinflussen.
Die von Ihnen angestrebte Änderung der Steuerklasse, um so ein geringeres Nettogehalt zu erreichen, das der Arbeitgeber dann wieder auf den gesetzlich vorgesehenen Mindestbetrag aufstocken muß, ist mittlerweile abschließend durch das Bundesarbeitsgericht entschieden worden. In seinen Urteilen vom 9.9.2003 (Az 9 AZR 554/02 und 9 AZR 605/02) hat das BAG entschieden, daß der Wechsel der Steuerklasse in all den Fällen rechtsmißbräuchlich ist, in denen die Wahl der Steuerklasse offensichtlich nachteilig ist. Wegen der Rechtsmißbräuchlichkeit ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, einen höheren Aufstockungsbetrag zu zahlen.
Dabei ist die Absicht Ihrer Ehefrau, eine höhere Arbeitszeit zu vereinbaren, um damit zu einem höherem Gehalt zu kommen, grundsätzlich geeignet, den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs zu beseitigen. Allerdings muß im Rahmen einer detaillierten steuerlichen Beratung ausgerechnet werden, wie hoch das Gehalt Ihrer Frau sein muß, um erfolgreich argumentieren zu können. Es ist davon auszugehen, daß Ihr Arbeitgeber sich auf den Standpunkt stellen wird, daß die Änderung rechtsmißbräuchlich ist. In diesem Fall müssen Sie die Zahlung des erhöhten Aufstockungsbetrags wahrscheinlich im Klageweg einfordern.
Die konkrete Beurteilung, welche Maßnahmen notwendig sind, um dem Vorwurf der rechtsmißbräuchlichen Änderung der Steuerklassen erfolgreich entgegenzutreten, ist in Rahmen eines solchen Forums sowie vor dem Hintergrund der gemachten Angaben und des Einsatzes nicht möglich, da hier vor dem Hintergrund der zu erwartenden Haltung Ihres Arbeitgebers umfangreiche Haftungsrisiken entstehen. Daher empfehle ich Ihnen, bei einem Kollegen vor Ort eine detaillierte steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Gerne stehe ich Ihnen auch für diese Beratung zur Verfügung, in deren Rahmen ich den hier gezahlten Betrag vollumfänglich anrechnen würde.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Burchardt
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
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