Argumente für den Chef zur Existenzgründung seines einzigen Mitarbeiters
Dezember 13, 2022 | 60,00 EUR | beantwortet von Steuerberater Knut Christiansen
Hallo werte Steuerberatende,
ich arbeite seit über 20 Jahren als einziger Angestellter in einer kleinen Werbeagentur als Webdesigner und Schriftsetzer. Mein Chef ist schon über 70 Jahre alt und auch wenn er noch weitermachen will, kann es ja jederzeit passieren, dass er das nicht mehr kann - es wird auch nicht mehr wirklich in die Zukunft investiert, sondern nur noch in das Nötigstes investiert.
Er selbst kennt sich mit Webdesign nicht gut aus, er hat mich damals hauptsächlich dafür eingestellt, ich arbeite aber auch im Printbereich bei ihm.
Ich habe nun schon seit längerem überlegt mich mit dem Bereich Webdesign selbstständig zu machen, bin mir aber unsicher, wie ich von jetzt auf gleich an Kunden kommen soll in der ersten Zeit, da ich kein großes Vermögen auf der hohen Kante habe und mich auch nicht wer weiß wie verschulden will. Die Kunden die er jetzt hat, werden ihm treu bleiben und nicht mit zu mir kommen wollen, da sie sich schon sehr lange kennen. Es gibt, bedingt durch zwei Minijobs, die ich aktuell nebenbei habe (einer wurde vor kurzem zu einer zweiten Steuerkarte, weil nur ein Minijob neben Hauptjob geht), zwei "kleine Kunden", so dass es kein Scheingewerbe wäre, aber bei diesen beiden kommt halt nicht viel rum.
Ich würde meinen Chef daher gerne als Kunden gewinnen, der seine Internet-Aufträge an mich outsourced. Ich möchte den Betrieb des Chefs nicht übernehmen (ich habe gelesen, dass das eine Option wäre, aber ich möchte weder seinen Namen übernehmen noch die Kunden aus dem Printbereich). Aber ich möchte es ihm dennoch schmackhaft machen mit Argumenten, mir die Aufträge zukommenzulassen - eine win-win-Situation wäre gut.
Könnten Sie mir bitte ein paar Argumente nennen, wenn es denn welche gibt, was es für ihn für Vorteile hätte, wenn ich mich selbstständig machte und er mein Kunde wäre? Ich hatte z. B. daran gedacht, dass er ja dann meinen Lohn und vor allem die Lohnnebenkosten einsparen kann, aber mir fallen sonst keine weiteren Argumente ein, außer dass es vielleicht sonstige oder steuerliche Vorteile für ihn geben könnte, aber welche?
Vielen Dank schonmal vorab!
Guten Morgen und vielen Dank für die Nutzung von frag-einen.com!
Gerne will ich Ihnen in Bezug auf Ihr Vorhaben einige Gedanken mitteilen.
Ein Argument für Ihr Vorhaben wäre, dass Ihr Chef nur noch dann Kosten hat, wenn auch ein tatsächlicher Auftrag dahinter steht. Damit müsste er mögliche Leerlaufzeiten nicht mehr über das Gehalt finanzieren. Ebenso muss er Ihnen ja keinen Urlaub mehr gewähren, sodass er in dem Sinne weniger finanzielles Risiko hat. Gleiches gilt für mögliche Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Kosten für die Gehaltsabrechnung und sonstige Zusatzarbeiten im Zusammenhang mit der Gehaltszahlung beim Steuerberater würden entfallen. Ebenso Beiträge für die Berufsgenossenschaft (auch, wenn das eher eine untergeordnete Rolle spielen dürfte).
Gleichzeitig müssten Sie natürlich einen höheren Stundensatz berechnen, als Sie bisher als Angestellter verdient haben. Denn Sie müssen ja insbesondere auch zusätzliche Kosten decken (Investitionen, Verwaltung) und vor allem auch Ihre eigene Krankenversicherung und Altersvorsorge aufbauen. Allerdings glaube ich, dass Ihr Chef Ihnen die Aufträge nur dann vermittelt, wenn er hier noch eine gewisse Marge verdienen kann, also eine Art Vermittlungsprovision. Das wäre ja auch legitim, weil Sie sich dann den Aufwand für eine eigene Werbung im gewissen Maße einsparen.
Ansonsten kann man nur mit dem Argument kommen, dass er im Zweifel eine fremde Person einstellen müsste, wenn Sie kündigen würden. Ob er dann mit seinem Unternehmen in der heutigen Zeit jemanden findet, wag ich dann zu bezweifeln (es sei denn, er zahlt ausgesprochen gutes Geld). Das ist natürlich in dem Sinne auch eine Art "unter Druck setzen", sodass man hier vorsichtig sein muss, wie man das ausdrückt. Letztendlich wird er aber mit seinen über 70 Jahren auch nicht mehr ewig selbständig sein. Insofern muss er ja auch eine Lösung finden, wie es irgendwann mal weiter geht und vor allem auch Verständnis haben, dass Sie sich über Ihre Zukunft Gedanken machen. Vielleicht ist es für ihn ja auch positiv, dass sich hier eine Lösung abzeichnen könnte.
Weitere Argumente dafür fallen mir in der Tat nicht ein, denn erst einmal könnte es für ihn ja auch finanziell unattraktiver werden. Somit glaube ich, kann es nur sinnvoll sein, dass Sie ihm Ihre Gedanken mitteilen. Nur dann wird man gemeinsam die Zukunft noch gestalten können.
Ich hoffe Ihnen etwas geholfen zu haben. Melden Sie sich gerne, wenn Ihnen noch etwas einfällt und Sie ein Feedback dazu benötigen. Dann will ich Ihnen gerne meine Meinung/Rückmeldung dazu geben.
Viele Grüße!
Knut Christiansen
Steuerberater
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