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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Strafrecht

Einstellung eines Strafverfahrens gegen Zahlung von 750 Euro

Am 13.9.13 Brief des Amtsgerichtes erhalten mit folgendem Inhalt: Das Strafverfahren nach § 153 a Abs. 2 StPO wird unter der Auflage der Zahlung i.H.v. 750,- € eingestellt.

Der Betrag ist nach meiner Meinung viel zu hoch bzw. ungerechtfertigt. Zur Vorgeschichte:

Ich erhielt unaufgefordert aus Litauen eine eMail mit einem lukrativen Arbeitsangebot, das darin bestand, Gelder ab 2000,- € zu erhalten um sie dann mit einem Gewinn von 20 % abzüglich Transferkosten weiter zu leiten. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Arbeit absolut legal sei. Dies beruhigte meine anfänglichen Bedenken. Ich bekundete mein Interesse und nannte meine Kontodaten.

Etliche Wochen später (Ich hatte die Sache schon abgehakt) wurde meinem Konto 5000,- € gutgeschrieben und ich aufgefordert, 4000,- € an eine mir unbekannte Person in das Nicht-EU-Land Türkei zu schicken. Da mir nun klar wurde, dass es sich um den Versuch krimineller Geldwäschnache handelt, führte ich den Geldtransfer nicht aus, sondern übertrug die erhaltenen 5000,- € auf mein Zweitkonto. Ich befürchtete nämlich, dass die Finanzfirma aus Litauen nach der Weiterleitung der 4000,- € in die Türkei die 5000,- € als Fehlbuchung zurückfordern könnte und ich somit doppelt geschädigt wäre.

Kurz darauf erhielt ich von meiner Internetbank die Mitteilung, die Bankverbindung mit mir sei gekündigt. Mein Konto wurde mit über 3000,- € belastet mit der Begründung \\\\\\\"Falschbuchung\\\\\\\". Der Empfänger des Geldes wurde NICHT genannt, so dass ich für die restlichen zu Unrecht erhaltenen knapp 2000,- € keinen Adressaten hatte. Vergeblich versuchte ich Verbindung mit dem Halter des geschädigten Kontos aufzunehmen, den ich bis dahin als Mitschuldigen des Betrugsversuches hielt.

Es folgte eine Vernehmung bei der Polizei, der ich den Vorfall wie geschehen schilderte.

Endlich teilte mir die Bank des Geschädigten eine Konto-Nummer mit, auf die ich das noch verwahrte Geld überweisen sollte, was auch umgehend geschah. Ein Schaden ist also nicht entstanden.

Es folgte die Anklage wegen Behinderung der Sicherstellung eines zu Unrecht erhaltenen Gegenstandes und nach meiner postwendenden Erklärung die einleitend genannte Mitteilung der Einstellung des Verfahrens unter dem Vorbehalt der Zahlung von 750,- € an eine Stiftung.

Ich fühle mich nicht schuldig und habe alles zu Unrecht erhaltene Geld zurückgezahlt, räume aber Blauäugigkeit und ein gewisses Maß an Neugier ein. Mit meinen 73 Jahren und als pensionierter Beamter bin ich noch nie im Leben mit dem Gesetz in Konflikt geraten

Meine Fragen:
Soll ich die 750,- € zahlen und damit das Strafverfahren abwenden?
Ist ein Antrag auf Minderung des Bußgeldes sinnvoll?
Soll ich das Risiko eingehen und das Strafverfahren in Kauf nehmen?

Jan Wilking

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Entscheidend dürfte in Ihrem Fall sein, in welchem Maße Ihnen Leichtfertigkeit vorzuwerfen ist. Leichtfertigkeit im strafrechtlichen Sinne bedeutet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, vergleichbar der zivilrechtlichen groben Fahrlässigkeit, wobei im Strafrecht auch die persönlichen Fähigkeiten des Täters zu berücksichtigten sind. Leichtfertigkeit kommt in Betracht, wenn der Täter grob unachtsam nicht erkennt, dass er den objektiven Tatbestand verwirklicht oder sich rücksichtslos über die klar erkannte Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung hinwegsetzt.

Im Rahmen der Geldwäsche ist Leichtfertigkeit anzunehmen, wenn sich die dubiose Herkunft des Geldes aufdrängt und der Täter dies aufgrund besonderer Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit außer Acht lässt und vor etwaigen Zweifeln die Augen verschließt. Ein wesentlicher Faktor für die Frage, ob Leichtfertigkeit anzunehmen ist, ist auch der Wert des Tatobjekts. Während bei hohen Werten eher zu erwarten ist, dass der Handelnde sich Gedanken über die Herkunft des Geldes macht, kann er bei niedrigen Werten, insbesondere bei Alltagsgeschäften des täglichen Lebens eher darauf vertrauen, dass das Geld redlich erworben wurde (vgl. z.B. Landgericht Köln, 9 S 195/07).

In vergleichbaren Fällen wie dem von Ihnen geschilderten gehen die Richter meist von einer solchen Leichtfertigkeit aus. Denn dem Täter müsse sich der Verdacht schon aus folgendem Grund aufdrängen: Warum sollte jemand 20 Prozent für etwas bezahlen, das er bei jeder Bank umsonst oder gegen eine geringe Gebühr bekommt? Insofern halte ich es zumindest nach Ihrer kurzen Schilderung eher für unwahrscheinlich, dass Sie in einem Strafverfahren freigesprochen werden würden.
Andererseits sind 750,- EUR für einen erstmaligen Verstoß, dessen wirtschaftlicher Schaden des Opfers zudem von Ihnen bereits wieder ausgeglichen wurde, relativ hoch angesetzt. Die Höhe der Geldbuße orientiert sich grundsätzlich sowohl an der Schadenshöhe als auch an den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen. Im Gegensatz zu einer echten Geldstrafe wird die Höhe aber nicht anhand des Einkommens berechnet, sondern wird von der Staatsanwaltschaft nach eigenem Ermessen festgesetzt. Die Berücksichtigung der Schadenshöhe, der Tatumstände, dem Nachtatverhalten und den wirtschaftlichen Verhältnissen begründen dann den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der zu einer für Ihren konkreten Fall angemessenen Buße führt. Da mir Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht bekannt sind, kann ich aber leider nicht abschließend beurteilen, inwieweit hier noch eine Minderung der Geldbuße möglich sein könnte.


Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen

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Experte für Strafrecht

Jan Wilking

Jan Wilking

Oldenburg, Vorpommern

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