Rechtswirksamkeit einer Vereinbarung vor Scheidung
September 8, 2010 | 40,00 EUR | beantwortet von Tobias Rösemeier
Guten Tag,
meine Frau und ich sind uns nach 18 Jahren Ehe nunmehr einig, daß wir uns einvernehmlich trennen und die Scheidung beantragen werden.
Wir haben vor der Heirat bei einem Notar einen Ehevertrag geschlossen, der eine Gütertrennung, einen Versorgungsausgleich und einen Verzicht auf jeglichen nachehelichen Unterhalt (auch für den Fall der Not)beinhaltete, da unsere damaligen "Karriere"-Voraussetzungen etwa gleich waren bzw. meine Frau eher Vorteile zu haben schien.
Wir gehen nicht im Streit auseinander und ich will meiner Frau einen Teil dessen, was ich an erarbeitetem Vermögenszuwachs hatte, abtreten, damit sie für den Rest ihres Lebens elementar abgesichert ist und, sofern sie es will, nicht mehr unbedingt arbeiten gehen müßte (obwohl sie immer berufstätig war).
Angedacht ist eine demnächst stattfindende "Verhandlung" mit meiner Frau und deren Eltern, anläßlich der wir einen Vertrag über die Trennung/Scheidung abschließen möchten und ich die beabsichtigte teilweise Vermögensübertragung schriftlich fixieren möchte/soll.
Nun meine Frage:
ist eine solche, vor dem eigentlichen Scheidungsverfahren und vor allem ohne Hinzuziehung von Scheidungsanwälten getroffene schriftliche Vereinbarung, die von allen Beteiligten (incl. der Eltern meiner Frau als "Zeugen") unterzeichnet wird, im Falle der Eröffnung eines Scheidungsverfahrens rechtlich überhaupt wirksam und verbindlich ?
Oder kann ein gegebenenfalls meine Frau vertretender, aggressiver Scheidungsanwalt sich auf Nichtigkeit dieses Vertrages berufen und versuchen, eine Neu-Verhandlung zu eröffnen und dort ein anderes Ergebnis zu erzielen ?
Wäre letzteres der Fall, wäre es für mich ja wirtschaftlicher Selbstmord, im Vorfeld des Scheidungsverfahrens irgendwelche "freiwilligen" Angebote zu machen.
Es sind sich aber alle Beteiligten einig, daß ein solcher Vertrag geschlossen werden soll. Bei Unwirksamkeit dieses Vertrages wäre dies aber überflüssig.
Wer kann diese Frage absolut sicher beantworten ?
Im voraus besten Dank und
freundliche Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt beantworte. Ich weise darauf hin, dass das Hinzufügen bzw. Weglassen von wesentlichen Sachverhaltsbestandteilen zu einem völlig anderen rechtlichen Ergebnis führen kann und dieses Medium dazu dient, zunächst eine erste rechtliche Orientierung zu verschaffen.
Ausgehend von dem bestehenden Ehevertrag sind zunächst einmal durch diesen alle Scheidungsfolgen bereits wirksam geregelt. Richtig ist, dass der bestehende Ehevertrag ggf. angefochten werden könnte, wenn ein Ehegatte durch diesen über das Maß benachteiligt wäre. Dies lässt sich anhand Ihrer Sachverhaltsschilderung so nicht entnehmen.
Da Sie nun beide eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich der Vermögensauseinandersetzung vornehmen wollen, empfiehlt es sich zwingend, diese im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung zu manifestieren, damit eine verbindliche und abschließende Regelung getroffen werden kann. Hierzu werden auch nicht zwingend Scheidungsanwälte benötigt, sondern Sie als Ehegatten sind frei in der Gestaltung der Scheidungsfolgen. Diese müssen auch nicht zwingend an die Vorgaben des Gesetzes gebunden sein, sondern können individuell vereinbart werden.
Damit Rechtssicherheit besteht, sollte die Scheidungsfolgenvereinbarung unter Modifizierung des bestehenden Ehevertrages notariell beurkundet werden. Eine interne Vereinbarung wäre anfechtbar.
Insofern rate ich Ihnen an, dies zusammen mit Ihrer Ehefrau und deren Eltern zu besprechen und sich auf die Auseinandersetzung zu verständigen. Diese geben Sie sodann einem Notar, damit er eine entsprechende Scheidungsfolgenvereinbarung für Sie fertigen kann. In der Scheidungsfolgenvereinbarung können darüber hinaus auch Regelungen für das Scheidungsverfahren getroffen werden. Wenn Sie sich über alle Punkte einig sind, dann benötigen Sie für das Verfahren selbst nur einen Anwalt und können sich intern die Kosten für diesen teilen, wobei ich allerdings darauf hinweisen muss, dass der Anwalt grundsätzlich nur eine Partei vertreten kann. Die Inanspruchnahme nur eines Anwaltes ist nur dann sinnvoll, wenn alle Scheidungsfolgen geregelt sind.
Sollte Ihre Ehefrau einer notariellen Beurkundung der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht zustimmen wollen, empfehle ich Ihnen keine schriftliche Vereinbarung zu treffen, sondern es bei dem geschlossenen Ehevertrag zu belassen. Ob Ihre Ehefrau dann überhaupt noch einen Anspruch gegen Sie inne hat, wäre dann gesondert zu prüfen. Wie gesagt, ist die Anfechtung eines Ehevertrages nur unter strengen Maßstäben möglich und durchsetzbar.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen zunächst eine erste rechtliche Orientierung verschaffen. Sollte etwas unklar geblieben sein, fragen Sie bitte noch einmal nach.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt -
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