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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Mietrecht

Zu viele Mängel fast unbewohnbar was tun

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir (2 Erwachsene, 3 Hunde, keine Kinder) befinden uns im ALG2-Bezug. Wir hatten zwar bisher immer das Glück Wohnobjekte zu finden jedoch einhergehend damit das Pech, daß diese Objekte entweder zur Zwangsversteigerung standen oder aber sehr baufällig waren - was nicht immer auf den ersten Blick aufgefallen ist. Zumal man in der aktuellen Zeit kaum Chancen hat, ein bezahlbares Objekt mit ALG2 zu finden und das auch noch von einem Gutachter prüfen zu lassen. Dafür ist (zumindest in unserem Gebiet) die Nachrage zu hoch.

Nun bewohnen wir ein großes Haus, von der Arge bewilligt. Der Vermieter ist nett, hat aber viele Mängel die der (verstorbene) Vormieter kaschiert hat nicht gesehen. Wir sind nun angefangen im Rahmen unserer Möglichkeiten ordentlich zu renovieren. Dabei stellte sich heraus:

- Risse in den Aussenwänden und an angrenzender Tenne, müssen armiert werden
- Rundherum muss eine Drainage gelegt werden, Feuchtigkeit dringt ein
- Ein Teilbereich ist nicht verputzt, Klinker offen, Nässe dringt ein, bei unter 0 Grad sprengt es die Steine
- Treppe in den oberen Wohnbereich so zerfressen vom Holzwurm, Nutzung nicht mehr möglich
- Schwarzschimmel im Bereich der vom Vormieter eingebauten Iso-Fenster (fuschig eingebaut)
- Sich wölbender Estrich im Esszimmer (Spannungsriss wegen mangelnder Fuge)
- Beheizbarkeit nur durch Kaminofen gegeben, mussten wir selbst aufstellen und Abnahme bezahlen
- Warmwasser über Umweltpumpe - das Einzige, das gut und sinnvoll funktioniert

Der Vermieter (ist sein Elternhaus) hat zumindest die Notwendigkeit einer Drainage und einer neuen Treppe eingesehen - aber auch klar zu verstehen gegeben, dass er in das Objekt nichts investieren will (und angeblich auch nicht kann). Wir haben einen normalen Mietvertrag abgeschlossen. Die Kaltmiete liegt bei 330 Euro, Nebenkosten (Steuern, Schornsteinfeger, Müllabfuhr und vieles mehr) müssen wir selbst zahlen. Die Arge hat dem Objekt zugestimmt und übernimmt die Kaltmiete.

Jetzt bietet der Vermieter an, 6 Monate die Kaltmiete entfallen zu lassen wenn wir uns selbst um die Beseitigung der Mängel (und wir reden hier ja nicht von Kleinigkeiten) selbst \\\\\\\\\\\\\\\"irgendwie\\\\\\\\\\\\\\\" kümmern. Das ist zwar nett, aber wir kommen damit von vorne bis hinten nicht hin. Ich kann nicht unfachgerecht irgendeine Drainage an ein Haus legen - wenn ich da nun etwas falsch mache: Liegt die Schuld bei mir wenn das ohnehin schon mit Rissen durchzogene Haus einkracht. Die Arge selbst haben wir über diesen \\\\\\\\\\\\\\\"Deal\\\\\\\\\\\\\\\" noch gar nicht informiert. Die würden auch ablehnen mit der Aussage: \\\\\\\\\\\\\\\"Mängelbeseitigung ist Vermietersache, setzen Sie sich mit ihm auseinander!\\\\\\\\\\\\\\\"

Was sollen wir nun machen? Mal (wieder) eben so umziehen: Sitzt nicht drin, freie Wohnungen sind und bleiben Mangelware, gerade mit ALG2-Hintergund. Hunde werden nicht abgegeben, die hatten wir schon vor dem Bezug von ALG2. Den Vermieter in die Pflicht nehmen? Dürfte nach hinten losgehen.

Wozu raten Sie uns aus rein rechtlicher Sicht?

Jan Wilking

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Aus rechtlicher Sicht ist die Angelegenheit eigentlich eindeutig: Gemäß § 535 BGB hat der Vermieter „die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.“ Daher ist der Vermieter in der Pflicht, die notwendigen Reparaturen und Sanierungsarbeiten auf seine Kosten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Beseitigt er die Mängel trotz Mängelanzeige nicht in angemessener Frist, können Sie ihn auf Durchführung der notwendigen Arbeiten verklagen und bis zur Mängelbeseitigung die Miete mindern. Ist der Vermieter mit der Beseitigung der Mängel in Verzug, können Sie die Beseitigung auch selbst durchführen und sich die Kosten vom Vermieter erstatten lassen (§ 536a Absatz 2 BGB).

Insofern stellt sich die Frage, ob der vorgeschlagene „Deal“ überhaupt ein Deal ist: Denn bei der Vielzahl der Mängel, die das Mietobjekt zu einen großen Teil unbewohnbar zu machen scheint, wäre durchaus auch eine Minderung der Miete gemäß § 536 BGB auf 0,- EUR denkbar. Bei Verweigerung der Mängelbeseitigung bestünde darüber hinaus ein gesetzlicher Ersatzanspruch für selbst durchgeführte Reparaturen. Aus anwaltlicher Sicht würde ich daher eher von dem vermeintlichen Deal abraten. Wenn Sie sich dennoch hierauf einlassen wollen, sollten Sie aber in jedem Fall in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Vermieter jegliche Gewährleistung für die selbst durchgeführten Reparaturen ausdrücklich ausschließen

Denkbar wäre im Übrigen auch eine mieterseitige fristlose Kündigung, was aber nicht in Ihrem Interesse sein dürfte.

Zu beachten ist auch, dass die oben genannten Ansprüche verwirkt werden können, wenn der Mieter diesen Zustand zu lange hinnimmt (regelmäßig 12 Monate oder länger) oder ihm die Mängel bei Einzug bereits bekannt waren. Daher rate ich an, zeitnah einen auf Mietrecht spezialisierten Rechtsanwalt vor Ort in der Angelegenheit zu beauftragen (ggf. über Beratungshilfe vom Amtsgericht). Der Kollege kann dann auch überprüfen, wie hier am Besten vorgegangen werden kann. Denn es besteht natürlich auch eine gewisse Gefahr, dass der nicht investitionswillige Vermieter sich entschließt, das Objekt abzureißen und neu zu bauen oder zu diesem Zwecke an Dritte zu verkaufen, was eine vermieterseitige Kündigung zur Folge haben kann
.
Eine Alternative zur Inanspruchnahme des Vermieters sehe ich aus rechtlicher Sicht leider nicht. Die ARGE kann regelmäßig nur für auf den Mieter wirksam übertragene Schönheitsreparaturen in Anspruch genommen werden, nicht aber für zwingend dem Vermieter obliegende Instandhaltungsmaßnahmen.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt

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Jan Wilking

Jan Wilking

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