eBay - Verkäufer verweigert Lieferung
Oktober 4, 2009 | 20,00 EUR | beantwortet von Andreas Scholz
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe kürzlich bei eBay eine Platinmünze mit einem Nennwert von 100 estnischen Kronen (entspricht 6,39 Euro) zum Preis von 290 Euro zzgl. 10 Euro Versandkosten ersteigert. Der Ablauf war wie folgt: Die Münze war vom Verkäufer (bei eBay angemeldet als gewerblicher Verkäufer) mit einem Sofortkaufpreis von 700 Euro zum Verkauf eingestellt worden. Angesichts des reinen Materialwertes von rund 250 Euro für die knapp 8 Gramm schwere Münze aus reinem Platin und ohne Kenntnis des Sammlerwertes habe ich von der Möglichkeit des Verkäufers Gebrauch gemacht, einen Preisvorschlag abzugeben in eben dieser Höhe. Kurz darauf bekam ich ein Gegenangebot des Verkäufers zu 290 Euro, welches ich dann auch annahm im Glauben, dies wäre ein fairer Preis. Etwa eine Stunde nach dem Kauf erhielt ich dann eine Email des Verkäufers, in der er einen Erklärungsirrtum gemäß §119 BGB geltend machte und damit den über eBay geschlossenen Kaufvertrag für nichtig erklärte nach §142 BGB. Den Irrtumsgrund hatte er mir in dieser Email aber nicht mitgeteilt. Erst einen Tag später und nachdem ich ihn zwei Mal per Email um eine Erläuterung seines vermeintlichen Irrtums gebeten hatte, bekam ich die Antwort, diese Münze wäre wesentlich mehr wert (ohne jedoch eine Wertangabe zu nennen) und dass er sich schlichtweg vertippt hätte. Statt 290 Euro wollte er mir einen Gegenvorschlag von 590 Euro unterbreiten. Meine Frage an Sie wäre nun, ob der Kaufvertrag deswegen tatsächlich ungültig ist.
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich ist eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtumes nach § 119 BGB auch in Ihrem Falle möglich.
Ihnen bliebe für den Fall, dass Sie auf der Erfüllung des Kaufvertrages zum Preis von 290,- Euro bestehen, die Möglichkeit, die Übergabe und Übereignung der Münze auf dem Rechtsweg herbeizuführen, wenn der Verkäufer weiter auf der Unwirksamkeit wegen Anfechtung beharrt.
Dann wäre gerichtlich zu klären, ob sich der Verkäufer in Ihrem Falle die Anfechtung geltend machen kann. Hier kann zunächst gesagt werden, dass ein Irrtum über den Wert der Sache grundsätzlich unbeachtlich ist, von daher ein Anfechtung nicht berechtigt wäre.
Hinsichtlich des Schreibfehlers liegen die Dinge dagegen weniger klar. Grundsätzlich gehört versprechen oder verschreiben zum sog. Irrtum in der Erklärungshandlung. Ein solcher Irrtum, läge er tatsächlich vor, wäre dann auch beachtlich, was zur Nichtigkeit des Geschäfts führen würde. Hier wäre es in der Tat Einzelfallfrage, ob das Gericht dem Verkäufer glaubt, er habe sich bloß verschrieben.
Jendenfalls aber hätten Sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer nach § 122 BGB. Aufgrund dieser Norm hätten Sie bspw. einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer, wenn Ihnen vor der Anfechtungserklärung bereits ein anderer den Abkauf der Münze angeboten hätte. Die Differenz von Kaufpreis und Widerverkaufspreis könnten Sie dann beim Verkäufer liquidieren. Angesichts der Tatsache, dass bereits eine Stunde nach Vertragsschluss Sie die Anfechtungsmail zur Kenntnis nahmen, ist dieser Anspruch für Sie prozesstaktisch nicht zu verwerten.
Im Ergebnis gilt daher, dass es dann zum Rechtsstreit kommt, wenn Sie auf der Erfüllung und der Verkäufer auf der Nichtigkeit beharren. Sie hätten dann Klage auf Herausgabe der Münze zu erheben, der Verkäufer würde wohl im Verfahren die Anfechtung geltend machen. Dann würde das Gericht prüfen, ob die Angabe, der Verkäufer habe sich verschrieben, tatsächlich geglaubt werden kann. Dies ist Einzelfallfrage und von daher kann in einer Beantwortung auf dieser Plattform keine sichere Prognose abgegeben werden.
Ich hoffe trotzdem, Ihnen einen hilfreichen Überblick über die rechtliche Lage verschafft haben zu können. Bei Unklarheiten fragen Sie einfach nach.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scholz, RA
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