Frag-Einen

Frag einen Steuerberater zum Thema Vereinsbesteuerung / Gemeinnützigkeit

Steuerhaftung nach § 10b Abs. 4 EStG

Guten Tag, diese Frage muss nicht binnen 1 Stunde beantwortet werden, das hat Zeit.

Obige Vorschrift besagt: "Wer grob fahrlässig ... veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den ... steuerbegünstigen Zwecken verwendet werden, haftet für die Steuer ..." (Im Folgesatz sind 30% bei der Einkommensteuer benannt).
Ist vom Grundsatz völlig logisch und richtig: Der Spendengeber erhält eine Spendenquittung vom gemeinnützigen Spendenempfänger und spart damit bei seiner Einkommensteuer im Mittel ca. 30% an Eink.St. ein. Wird das Geld beim Spendenempfänger nicht steuerbegünstigt verwendet, dann muss es der Spendenempfänger (nicht Sp.-geber) mit 30% pauschal nachversteuern. Ist völlig klar, kann eigentlich gar nicht anders sein.

Meine Frage: Ist diese Vorschrift eine Art 'Strafe' für den Spendenempfänger oder ist das eine Art 'Bemessungsgrundlage'?


Der Fall ist so: Nehmen wir eine gemeinnützigen, damit steuerbegünstigten Verein A. Dieser habe neben dem gemeinnützigen Bereich noch einen nicht-gemeinnützigen Wirtschaftsbereich, aber unter derselben Steuernummer, nicht irgendwie ausgegliedert. Angenommen, der Verein subventioniert den Wirtschaftsbetrieb p.a. mit ca. 50.000 - 80.000 Euro, versteckt das aber wissentlich durch absichtlich verdrehte Schlüsselungen bei versch. Allgemeinkosten, so dass das dem FA niemals auffällt. De facto ist also für das FA im Jahresabschluss die Subvention, damit Mittelfehlverwendung nicht sichtbar, weil es auf der internen Buchhaltungsebene passiert, die das FA nicht einsieht. Damit vermeidet der Verein (hier absichtlich) eine Nachversteuerung nach der zitierten Vorschrift, ist ja klar.

Wenn es sich um eine Art 'Strafe' handelt, dann ist das noch so einigermassen 'legal', denn niemand muss sich selbst einer Strafe bezichtigen. Wenn es sich aber um eine Art 'Bemessungsgrundlage' handelt, dann ist es nicht mehr legal, denn dann würde dem FA eine zur Steuer-Veranlagung notwendige Bemessungsgrundlage bewusst und absichtlich verschwiegen, dann wäre man zwangsläufig recht schnell in § 370 oder sogar 378 AO drin.
Das ist also die Frage: Darf man derart in der Buchhaltung mogeln, dass man im Jahresabschluss die Mittelfehlverwendung kaschiert, oder darf man das nicht? Wenn man es nicht darf, gegen welche Vorschrift wird verstossen? (Kurze Angabe der Vorschrift/en reicht.)

Es sei vorausgesetzt, dass es sich nicht um ein einmaligen Handeln sondern um ein ständiges über mehrere Jahre handelt, und dass es eine Summe ist, die p.a. bei ca. 50 bis 80.000 Euro liegt. Das Ganze sei ein üblicher, gemeinnütziger Verein mit einer ziemlichen Grösse, Gesamtumsatz p.a. ca. 1.500.000. An der Buchhaltung liegt es auch nicht, es gibt 6 verschiedene Geschäftsbereiche, die theoretisch alles exakt trennen und richtig darstellen. De facto wird absichtlich gemogelt, dass bei den Allgemeinkosten auf die nicht-gemeinnützigen Teil-Bereiche viel zu wenig umgelegt wird, stattdessen bei den gemeinnützigen Teil-Bereichen dann zuviel. Die falschen Schlüssel sind natürlich für das FA bei der Prüfung des JA nicht erkennbar, würde erst bei einer späteren BP auffallen. Intern ist es aber sofort erkennbar, deshalb besteht auch die Gefahr, dass es bei einer BP dann hochkommt.

Oliver Burchardt

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworte.

Bitte beachten Sie, daß die steuerrechtliche Würdigung auf Basis der gemachten Angaben erfolgt. Änderungen oder Hinzufügen von Informationen können die steuerrechtliche Würdigung beeinflussen.

Dies vorweggeschickt, beantworte ich Ihre Frage wir folgt:

Zunächst einmal ist jegliches "Mogeln" in der Buchhaltung selbstverständlich untersagt. Dies ergibt sich bereits aus den (zwar nicht kodifizierten, aber trotzdem gültigen) Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung.

Wenn es darüber hinaus dazu dient, die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit zu erhalten, sind m. E. durchaus die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung nach § 370 AO erfüllt. Ich weise Sie in diesem Zusammenhang darauf hin, daß § 370 AO eine Strafvorschrift darstellt, während § 378 AO nur eine Ordnungswidrigkeit ist. Die Rechtsfolgen des § 370 AO sind weitaus schärfer, da hier sogar Gefängnisstrafen drohen können.

Strafbar machen sich hier neben den gesetzlichen Vertretern des Vereins unter Umständen auch diejenigen, die die Buchhaltung durchführen, sofern ihnen bewußt ist, daß ein steuerliches Fehlverhalten vorliegt.

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen aus § 370 AO drohen darüber hinaus für die handelnden Personen noch Haftungsfolgen aus § 71 AO. Hiernach haften die an einer Steuerhinterziehung beteiligten Personen persönlich für die verkürzten Steuern.

Die Regelung in § 10b Abs. 4 EStG ist davon völlig unabhängig zu sehen, da hier nur die Haftung des Vereins für die entgangene Steuer gesetzlich verankert wird. Diese Vorschrift hat keinen Strafcharakter, sondern dient nur der Sicherung des Steueraufkommens.

Ich empfehle Ihnen dringend, den Sachverhalt mit einem Kollegen vor Ort zu besprechen und dabei insbesondere die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO zu erörtern. Zwar kommen dann Steuernachzahlungen auf den Verein und ggf. die gesetzlichen Vertreter aus den Haftungsgrundlagen zu, die Strafbarkeit ist aber aufgehoben.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen einen ersten Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Burchardt
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater

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Oliver Burchardt