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Frag einen Steuerberater zum Thema Kapitalvermögen

Verlustverrechnung Gewinne Verluste aus Aktienveräußerung

Guten Tag,
1. Ich habe in 2022 einen Gewinn beim Aktienverkauf in Höhe von ca. € 2644 gemacht. Aus früheren Aktienverkäufen habe ich einen Verlustvortrag von € 10033.
2. Das Finanzamt hat die Verrechnung des Gewinns mit den alten Verlusten abgelehnt. Es sagt: Die Verlustvorträge kämen aus Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (§23 EStG), und der Gewinn aus Aktienverkauf handele es sich nach § 20 EStG um Einkünfte aus Kapitalvermögen, die mit oben erwähnten Verlusten nicht ausgeglichen werden dürfen.
3. Der Verlustvortrag geht jedoch zurück auf Aktienverkäufe mit Verlust in 2003. Damals wurden die Aktienverkäufe nach meiner Erinnerung nach kurzer Haltedauer noch als "private Veräußerungsgeschäfte" kategorisiert. Insofern liegen in Wirklichkeit gar keine verschiedenen Einkunftsarten vor. Damals mit Aktienverkauf Verluste gemacht, in 2022 einen kleineren Gewiinn mit
Aktienverkauf erzielt. Ist diese Ungerechtigkeit steuerrechtlich zulässig? Soll ich einen Einspruch erheben? Mit welcher Begründung? MfG Gerald Schneider-Tourneau

Hannu Wegner

Sehr geehrter Herr Schneider-Tourneau,

ihre Frage bezieht sich auf zwei verschiedene Tatbestände des Einkommensteuergesetzes (EStG) - §20 EStG, der Einkünfte aus Kapitalvermögen regelt, und §23 EStG, der private Veräußerungsgeschäfte behandelt.

Bis zum Jahr 2008 wurden Gewinne aus dem Verkauf von Aktien, die innerhalb eines Jahres nach dem Kauf verkauft wurden, als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach §23 EStG betrachtet. Dies änderte sich mit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009. Seitdem werden sämtliche Erträge aus Aktienverkäufen, unabhängig von der Haltedauer, nach §20 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert.

Ihre Verluste aus Aktienverkäufen in 2003 fallen daher unter die Regelung des §23 EStG und wurden korrekt als solche kategorisiert. Da Sie diese Aktien innerhalb der damals gültigen Spekulationsfrist von einem Jahr mit Verlust verkauft haben, handelt es sich hier um einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften.

Ihr Gewinn aus Aktienverkäufen in 2022 fällt hingegen unter die Regelung des §20 EStG und ist somit ein Gewinn aus Kapitalvermögen. Gemäß §20 Abs. 6 EStG können Gewinne nur mit Verlusten aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Eine Verrechnung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften (nach §23 EStG) mit Gewinnen aus Kapitalvermögen (nach §20 EStG) ist steuerrechtlich nicht zulässig.

Diese Unterscheidung erscheint ungerecht, da in beiden Fällen der Verkauf von Aktien die Quelle der Einkünfte ist. Aber es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Regelung, die der Gesetzgeber in seiner Entscheidungsfreiheit getroffen hat. Insofern ist diese Ungerechtigkeit steuerrechtlich zulässig.

In Bezug auf Ihren Vorschlag, einen Einspruch zu erheben: Dies könnte sinnvoll sein, wenn Sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides haben. Im konkreten Fall scheint jedoch die Anwendung der gesetzlichen Regelungen korrekt zu sein. Daher scheint ein Einspruch eher erfolglos. Dennoch, wenn Sie sich unsicher fühlen, könnte es ratsam sein, einen solchen Schritt zu unternehmen, um Ihre Rechte zu wahren.

Die Begründung könnte sich auf die Ungleichbehandlung von vergleichbaren Sachverhalten (Verkauf von Aktien) stützen. Es sollte jedoch betont werden, dass ein solcher Einspruch trotzdem wahrscheinlich nicht erfolgreich wäre, da die geltenden Steuergesetze diese Unterscheidung klar vorsehen.

Mit freundlichen Grüßen
Hannu Wegner, Steuerberater

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