Reverse Charge für Innergemeinschaftliche Dienstleistungen?
April 6, 2023 | 100,00 EUR | beantwortet von Steuerberater Bernd Thomas
Meine Tochter arbeitet als selbständiges in DEU umsatzsteuerpflichtiges Fotomodell und wird dieses Jahr viele Aufträge im EU-Ausland erfüllen. Ich bitte meinen Wissenstand hierzu kritisch zu prüfen: Ich gehe davon aus, dass Aufträge, die sie als Model übernimmt, als „innergemeinschaftliche Dienstleistung“ gelten und damit für den EU-Auftraggeber die Reverse-Charge-Methode anzuwenden ist. Das bedeutet, dass eine EU-Modelagentur, die im Namen meiner Tochter liquidiert, auf der grundsätzlich netto auszustellenden Rechnung vermerken muss, dass der Leistungsempfänger der USt des betreffenden EU-Landes unterliegt. Meine Tochter wiederum führt die USt auf die entsprechenden Umsätze aus dem EU-Ausland regulär in Deutschland ab. Bitte um den korrekten Modus Operandi. Viele Grüße Thomas Gehring
Sehr geehrter Herr Gehring,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf frag-einen.com. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Ich gehe davon aus, dass das Fotomodell keine umsatzsteuerliche Kleinunternehmerin (§ 19 UStG) ist.
Grundsätzlich gilt die Leistung eines selbständig arbeitenden Fotomodells an einen unternehmerischen Leistungsempfänger (bei EU-Fällen im Zweifel anhand der gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu überprüfen, sollte aber in diesem Bereich eigentlich der Regelfall sein) als am Ort des Leistungsempfängers erbracht. Wenn also ein Auftraggeber aus einem anderen EU-Staat der Leistungsempfänger ist, ist die Umsatzsteuer dort zu entrichten, dies übernimmt dann der Leistungsempfänger im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens und die Leistende (das Fotomodell, Ihre Tochter) kann in Deutschland diese Leistung abrechnen, ohne auf Ihrer Rechnung Umsatzsteuer auszuweisen.
Wird ein weiterer Unternehmer (Auftragnehmer) in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung (Dienstleistungskommission), gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG, vgl. auch Abschn. 3.15 Abs. 1 UStAE). Dies kann vorliegen, wenn eine Agentur vermittelt. Wenn die Agentur im Inland sitzt, wäre das kein Fall von Reverse-Charge, vielmehr wäre mit ausgewiesener Umsatzsteuer abzurechnen. Wenn die vermittelnde Agentur im EU-Ausland ist, ergäbe sich wieder ein Reverse-Charge.
Dem ausgelobten Honorar entsprechend muss die Detailtiefe begrenzt bleiben, deswegen ist ggf. in den genannten Quellen und Verweisen nachzulesen (deutsche Gesetze sind abrufbar in www.gesetze-im-internet.de).
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
Informationen gemäß DL-InfoV: Steuerberater Dipl.-Kaufmann (FH) Bernd Thomas, Steuerberater, Franklinstraße 15, 30177 Hannover, Mitglied der Steuerberaterkammer Niedersachsen, Mitgliedsnummer 146580, Berufshaftpflichtversicherung bei R+V Allgemeine Versicherung AG, Mittlerer Pfad 24, 70499 Stuttgart, Versicherungssumme: 250.000 Euro für den einzelnen Schadensfall; Jahreshöchstleistung: 1.000.000 Euro (für alle Schäden eines Versicherungsjahres); Es gelten die berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere Steuerberatungsgesetz (StBerG), Durchführungsverordnungen zum Steuerberatungsgesetz (DVStB), Berufsordnung (BOStB), Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) (Regelungen einsehbar unter: https://www.berufsrecht-handbuch.de/, http://www.gesetze-im-internet.de/stberg, www.gesetze-im-internet.de/stbvv/), die Berufsbezeichnung Steuerberater wurde in der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
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