Rücktrittsrecht beim Vorvertrag
August 18, 2014 | 30,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
ich bin seit einigen Jahren eine im Verein eingetragene Katzenzüchterin. Meine Kaufinteressenten erhalten nach ihrem Entschluss eine Katze bei mir zu kaufen, einen \\\"Vorvertrag\\\". In diesem stehen neben den Namen und Anschriften der Vertragsparteien der Name der ausgesuchten Katze, Farbe, Geb.datum, Endpreis. Es wird vermerkt, dass die geleistete Anzahlung mit dem eigentlichen Kaufpreis verrechnet wird. Tritt der Interessent von dem Vorvertrag zurück, wird ein Anteil zurückbehalten. Ein Rücktrittsrecht für mich als Züchter ist nicht vorgesehen.
Nun habe ich den Fall, dass ich von einem Vorvertrag zurücktreten möchte. Aus vielen Gesprächen bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass die Interessenten für mich nicht vertrauenswürdig sind. Um späteren Schaden von mir und meinen Tieren abzuwenden, habe ich den Interessenten mitgeteilt, dass ich gern im einvernehmlichen Interesse zurücktreten möchte. Ich wollte die komplette Anzahlung zurückzahlen. Die Interessenten bestehen nun auf die Einhaltung des Vorvertrages. Sie wollen unbedingt die Katze erhalten notfalls unter Androhung einer Klage.
Nun meine Frage: Wie komme ich aus meinen Vorvertrag raus?
Mit freundlichen Grüßen
Birgit G.
Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Ein Vorvertrag enthält die verbindliche Verpflichtung, auch den Hauptvertrag abzuschließen. Dieser Anspruch kann gerichtlich eingeklagt werden.
Auch für einen Vorvertrag gilt der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind und nicht einseitig aufgehoben werden können. Wurde vertraglich kein Rücktrittsrecht vereinbart, wäre ein Rücktritt daher nur möglich, wenn eines der gesetzlichen Rücktrittsrechte greift.
Ein Rücktritt wäre gemäß § 323 BGB möglich, wenn sich der Käufer nicht vertragsgemäß verhält, also z.B. eine vereinbarte Leistung nicht erbringt, oder wenn die Katze verstirbt (gemäß § 326 BGB).
In Ihrem Fall käme wohl am ehesten ein Rücktritt über § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) in Betracht, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder Ihnen nicht zumutbar ist. Auch ein Rücktritt gemäß § 324 BGB in Verbindung mit § 241 Absatz 2 BGB wäre denkbar, wenn dem Käufer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen wäre. Eventuell kommt auch eine Anfechtung gemäß der §§ 119 BGB in Frage, wenn Sie sich über wesentliche Eigenschaften der Person geirrt haben. Die Anfechtung muss unverzüglich erklärt werden, § 121 BGB, und kann eine Schadensersatzpflicht gemäß § 122 BGB auslösen, wenn keine arglistige Täuschung (§ 123 BGB) durch den Käufer vorliegt.
Da es sich hierbei aber stets um Ausnahmetatbestände von dem Grundsatz handelt, dass Verträge einzuhalten sind, müssten Sie die jeweiligen Voraussetzungen im Streitfall beweisen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
... Interessiert Sie diese Frage ebenfalls?