Tausch als alternative zur Schenkung
Dezember 15, 2022 | 150,00 EUR | beantwortet von Steuerberater Knut Christiansen
Grundsituation:
Mein Bruder Tim und ich haben im letzten Jahr das Haus meines Vaters geerbt. Das Haus hat grob geschätzt einen Wert von 430k - 450k€. Dieses Objekt hat mein Vater bereits von seinem Vater geerbt und ist entsprechend dauerhaft in Familienbesitz. Mein Vater ist vergangenes Jahr gestorben und wir haben im Januar 2022 den Erbschein erhalten, der meinen Bruder und mich jeweils zu 50% bevorteilt.
Unsere Mutter (die noch lebt) ist nicht erbberechtigt gewesen, da sie bereits seit vielen Jahren von meinem Vater geschieden ist. Die Scheidung von meinem Vater und der Ausgleich von Rentenansprüchen wurden bereits Anfang 1992 durchgeführt. Entsprechend ist vom Erben meines Vaters nichts an meine Mutter gegangen, sondern wurde dieses zu 100% an die Kinder übergeben. In der Scheidungsauseinandersetzung wurde ein Ausgleich für Rentenansprüche festgelegt und bereits 1992 ausgeglichen. Damit die vollständige Trennung erreicht wurde und keine Rechtsansprüche noch geltend gemacht werden können.
Unsere Mutter ist Besitzerin einer Eigentumswohnung. Das Objekt meiner Mutter wurde Ende 2007 von ihr gekauft. Den Verkehrswert würde ich auf ca. 200k€ schätzen. Die Wohnung der Mutter ist aus ihrem eigenen Kapital (Verkauf eines geerbten Hauses mütterlicherseits) erbracht worden.
Zielsetzung:
Wir wollen möglichst steuersparend die Situation erzeugen, dass:
mein Bruder alleiniger Besitzer der Eigentumswohnung meiner Mutter wird
Meine Mutter lebenslanges Wohnrecht in der Eigentumswohnung hat
Ich alleiniger Besitzer der Immobilie meines Vaters werde
Wir keine Schenkungssteuer / möglichst wenig zahlen müssen
Überlegung:
Idee war bis dato folgende:
Meine Mutter überschreibt mir Ihre Eigentumswohnung, damit ich diese tauschen kann mit meinem Bruder. Da der Wert nicht vollständig ausgeglichen ist, würde ich eine Zahlung von 60k€ an meinen Bruder leisten, damit die fehlende Summe ausgeglichen ist.
Folgende Fragen ergeben sich:
Primär:
Wenn mein Bruder und ich die Wohnungen tauschen, gilt das als Grunderwerb und muss unter Grunderwerb versteuert werden?
Wenn wir tauschen, sparen wir dann die Schenkungssteuer auf die jeweils auszugleichenden Summen?
Sekundär:
Wäre es ggf. günstiger, statt einer Zahlung von 60k€ Mieteinnahmen an meinen Bruder zu überschreiben?
Gäbe es noch Alternativen, die kurzfristig (vor dem Jahreswechsel) realistisch sind?
Guten Morgen und vielen Dank für die Nutzung von frag-einen.com!
Zu Ihrer Anfrage möchte ich Ihnen gerne folgende Auskünfte erteilen.
Der Tausch von Wohnungen oder Anteilen daran ist wie ein entgeltliches Geschäft zu sehen. Sofern die Werte/Entgelte einander entsprechen, liegt also keine Schenkung vor, weil keiner von Ihnen bereichert werden würde. Schenkungssteuer würde also in dem Zusammenhang beim Tausch nicht entstehen. Zu beachten wäre aber: durch den Tausch liegen jeweils neue Anschaffungsvorgänge vor, die eine neue 10-Jahresfrist bzgl. des erhaltenen Anteils auslösen.
Der Tausch an sich unterliegt aber in Höhe der Gegenleistung grundsätzlich bei Ihnen jeweils der Grunderwerbsteuer. Was die Immobilie Ihres Vaters betrifft, könnte man sich allerdings auf § 3 Nr. 3 GrEStG berufen:
"Von der Besteuerung sind ausgenommen:
Nr. 3: der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses."
Da Sie den Nachlass Ihres Vaters ja teilen, würde hier m.E. die Befreiungsmöglichkeit zumindest auf einer Seite greifen. Grunderwerbsteuer würde dann nur auf den Erwerb der Eigentumswohnung Ihrer Mutter anfallen. Bitte den Notar unbedingt darauf hinweisen, dass er hier einen Passus aufnimmt, dass der Nachlass Ihres Vaters aufgeteilt wird.
Ob nun eine Zahlung von 60.000 EUR geleistet wird oder stattdessen Mieteinnahmen, spielt hier keine Rolle. Beides wären Gegenleistungen, die bei der Bewertung der Grunderwerbsteuer in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen wären.
Was mich jedoch beschäftigt:
Wenn Ihre Mutter nur Ihnen die Wohnung schenkt (Freibetrag: 400.000 EUR in 10 Jahren), sind Sie ja bereichert um 200.000 EUR (abzgl. Wert des Wohnrechts). Ihr Bruder geht dann in diesem Zusammenhang ja leer aus. Das kann natürlich so gewollt sein, wäre aber evtl. noch zu diskutieren. Ansonsten stünde Ihrem Bruder ja evtl. ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Wichtig wäre hier in dem Zusammenhang, dass er Ihnen gegenüber nicht darauf verzichtet. Denn das wäre eine Schenkung von Ihm an Sie und hätte entsprechende steuerliche Konsequenzen (siehe z.B.:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/nach-bfh-urteil-verzicht-auf-pflichtteil-unter-geschwistern-kann-teuer werden_113318.html#:~:text=Nach%20BFH%2DUrteil%3A%20Verzicht%20auf%20Pflichtteil%20unter%20Geschwistern%20kann%20teuer%20werden,-11.08.2017&text=Erben%20aufgepasst%3A%20Wer%20zugunsten%20seiner,Finanzamt%20st%C3%A4rker%20zur%20Kasse%20gebeten.)
Eine andere Alternative, die günstiger wäre, sehe ich so auf den ersten Blick nicht.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne eine kostenfreie Rückfragen ein.
Rechtlicher Hinweis:
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Viele Grüße!
Knut Christiansen
Steuerberater
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