Umzug nach Grossbritannien und Abschluss der Steuer in Deutschland
Mai 3, 2010 | 20,00 EUR | beantwortet von Dipl.BW/SB Ulrich Stiller
Sehr geehrte Damen und Herren,
Aufgrund eines bevorstehenden Umzugs nach Grossbritannien möchte ich gegenüber dem deutschen Fiskus keine offenen Angelegenheiten zurücklassen.
Ich bin österreichischer Staatsbürger, und seit August 2007 in Deutschland mit Hauptwohnsitz gemeldet. Für das Jahr 2007 habe ich eine Einkommenssteuererklärung abgegeben; hauptsächlich, um eine Grossteil der Lohnsteuer für 2007 zurückzuerhalten. Für die Jahre 2008 und 2009 habe ich das (noch) nicht gemacht. Darüberhinaus erhalte ich seit Januar 2010 Arbeitslosengeld I.
Meinen Hauptwohnsitz in Deutschland werde ich mich 31.07.2010 vollständig abmelden (also auch keinen Nebenwohnsitz unterhalten).
Meine Fragen daher:
1. Muss ich für die Jahre 2008 und 2009 eine Einkommenssteuererklärung einreichen nachdem ich selbige für das Jahr 2007 gemacht habe, oder kann ich mir das sparen? Da ich kaum absetzfähige Ausgaben in den Jahren hatte, erwarte ich hier kaum Rück- oder Nachzahlungen.
2. Wie muss ich die sieben Monate im Jahr 2010 steuererklärungstechnisch behandeln, wenn ich in dieser Zeit ALG I bezogen habe? Kann ich (auch) hier auf eine Einkommenssteuererklärung verzichten?
3. Erfolgt die Abmeldung beim deutschen Fiskus automatisch mit meiner Abmeldung beim Einwohnermeldeamt, oder muss ich dies gesondert melden?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
mfg
Sehr geehrter Ratsuchender,
besten Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Grund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Solange Sie in Deutschland einen Wohnsitz haben, sind Sie und dies unabhängig von der Staatsangehörigkeit, in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
Frage 1
Zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung sind Sie als Arbeitnehmer dann verpflichtet, wenn Sie neben Ihrer Arbeitnehmertätigkeit weitere Einkünfte, z.B. aus Vermietung und Verpachtung haben, die höher als 410 Euro sind.
Im Einzelnen ist dies in § 46 Absatz 2 EStG geregelt, der wie folgt lautet (Fassung 2010):
Zitatbeginn:
Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nur durchgeführt,
1.
wenn die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Absatz 3 und § 24a, oder die positive Summe der Einkünfte und Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, jeweils mehr als 410 Euro beträgt;
2.
wenn der Steuerpflichtige nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat; das gilt nicht, soweit nach § 38 Absatz 3a Satz 7 Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern für den Lohnsteuerabzug zusammengerechnet worden ist;
3.
wenn bei einem Steuerpflichtigen die Summe der beim Steuerabzug vom Arbeitslohn nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b bis d berücksichtigten Teilbeträge der Vorsorgepauschale größer ist als die abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in Verbindung mit Absatz 4;
3a.
wenn von Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, beide Arbeitslohn bezogen haben und einer für den Veranlagungszeitraum oder einen Teil davon nach der Steuerklasse V oder VI besteuert oder bei Steuerklasse IV der Faktor (§ 39f) eingetragen worden ist;
4.
wenn auf der Lohnsteuerkarte eines Steuerpflichtigen ein Freibetrag im Sinne des § 39a Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5 oder 6 eingetragen worden ist; dasselbe gilt für einen Steuerpflichtigen, der zum Personenkreis des § 1 Absatz 2 gehört, wenn diese Eintragungen auf einer Bescheinigung nach § 39c erfolgt sind;
4a.
wenn bei einem Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen,
a) bis c) (weggefallen)
d)
im Fall des § 33a Absatz 2 Satz 6 das Elternpaar gemeinsam eine Aufteilung des Abzugsbetrags in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte beantragt oder
e)
im Fall des § 33b Absatz 5 Satz 3 das Elternpaar gemeinsam eine Aufteilung des Pauschbetrags für behinderte Menschen oder des Pauschbetrags für Hinterbliebene in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte beantragt.
2Die Veranlagungspflicht besteht für jeden Elternteil, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat;
5.
wenn bei einem Steuerpflichtigen die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 2 und 4 nach § 39b Absatz 3 Satz 9 oder für einen sonstigen Bezug nach § 39c Absatz 5 ermittelt wurde;
5a.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug berechnet hat und dabei der Arbeitslohn aus früheren Dienstverhältnissen des Kalenderjahres außer Betracht geblieben ist (§ 39b Absatz 3 Satz 2, § 41 Absatz 1 Satz 7, Großbuchstabe S);
6.
wenn die Ehe des Arbeitnehmers im Veranlagungszeitraum durch Tod, Scheidung oder Aufhebung aufgelöst worden ist und er oder sein Ehegatte der aufgelösten Ehe im Veranlagungszeitraum wieder geheiratet hat;
7.
wenn
a)
für einen unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 1 auf der Lohnsteuerkarte ein Ehegatte im Sinne des § 1a Absatz 1 Nummer 2 berücksichtigt worden ist oder
b)
für einen Steuerpflichtigen, der zum Personenkreis des § 1 Absatz 3 oder des § 1a gehört, das Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung nach § 39c Absatz 4 erteilt hat; dieses Finanzamt ist dann auch für die Veranlagung zuständig;
8.
wenn die Veranlagung beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. 2Der Antrag ist durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen.
Zitatende
Frage 2
Kein Verzicht s. Antwort zu Frage 1 und dort Ziff.1. ALG I unterliegt dem Progressionsvorbehalt.
Frage 3
Sie sollten Ihren Wohnsitzwechsel unter Vorlage einer Abmeldebescheinigung dem Finanzmt mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Stiller
Steuerberater/Diplom Betriebswirt
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