Steuererklärung bei Prostitution
Juli 29, 2009 | 50,00 EUR | beantwortet von Michael Herrmann
Guten Tag,
mein Fall ist folgender:
Ich bin seit einem Jahr krank geschrieben und werde aller Voraussicht nach meinen Beruf nicht mehr ausüben können. Auf der Suche nach einer Alternative habe ich mich zwischenzeitlich nebenberuflich selbständig gemacht mit der Administration von Webseiten und dem Einzelhandel über das Internet. Hierzu habe ich vor ein paar Monaten auch ein Gewerbe als Kleinunternehmer angemeldet mit dem Geschäftszweck "Internethandel und -dienstleistungen".
Da Einnahmen sich nur sehr zäh einstellen, die Krankenkasse mich unter Druck setzt, und ich einfach eine schnelle Lösung brauche, habe ich kürzlich als Prostituierte angefangen. Ich tue das auf selbständiger Basis, also nicht als Angestellte in einem Club oder so, ich empfange die Männer bei mir zu Hause. Die Einnahmen hieraus sind sehr gut, ich habe aber langsam Angst, dass ich Ärger mit dem Finanzamt bekomme.
Deshalb habe ich folgende Fragen:
1. Muss ich die Aufnahme der Tätigkeit als Prostituierte dem Finanzamt mitteilen oder gar ein extra Gewerbe hierfür anmelden? Oder kann ich das einfach unter meinem bereits angemeldeten Gewerbe mitlaufen lassen ... was ja auch "Dienstleistungen" in der Bezeichnung beinhaltet, aber halt doch eine völlig andere Branche ist.
2. Ist die Tätigkeit als Prostituierte denn überhaupt zwingend eine gewerbliche Tätigkeit? Oder können die Einnahmen/Ausgaben in der Steuererklärung auch unter "freiberufliche Tätigkeit" oder unter "sonstige Einnahmen" angegeben werden?
3. Angenommen mein Verdienst bleibt gering genug um für diese Tätigkeit als Kleinunternehmer noch gelten zu können ... welche Buchführungspflicht habe ich? Ich kann schlecht von meinen Kunden Quittungen verlangen. Reichen denn Eigenbelege aus, und falls ja, welche Angaben müssen diese beinhalten?
4. Was kann ich als Prostituierte von der Steuer absetzen? ... Kleidung, Kondome, Kosmetik ... ?
5. Gilt für mich als "Heimarbeiterin" auch die pauschale Versteuerung im voraus, wie sie vor nicht langer Zeit für Prostituierte in Bordellen eingeführt wurde?
Vielen herzlichen Dank im voraus!
Sehr geehrte Fragestellerin,
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne beantworte. Die Beantwortung erfolgt gemäß der Sachverhaltsschilderung. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Als Prostituierte werden Sie gewerblich tätig. Sie müssen daher bei der zuständigen Gemeinde ein Gewerbe anmelden, unabhängig davon, dass Sie schon bezüglich eines anderen Gewerbes selbständig sind.
Die Gemeinde wird daraufhin das Finanzamt informieren. Sie bekommen nun den sogenannten Fragebogen zur steuerliche Erfassung, in dem alle steuerlich relevanten Fragen erörtert werden. Betroffen sind Sie von den Ertragssteuern (Einkommensteuer und Gewerbesteuer) sowie der Umsatzsteuer.
Falls dies bereits bei der ersten Gewerbeanmeldung geschehen ist, wird er Fragebogen nicht mehr zugesandt.
Grundlage für die Einkommensbesteuerung ist der ermittelte steuerliche Gewinn. Daher sind Aufzeichnungen über die erzielten Einnahmen und die getätigten Ausgaben zu fertigen. Bei Betriebsausgaben muss eine private (Mit)verwendung ausgeschlossen sein. Die Gewinnermittlung erfolgt im Rahmen einer Einnahme-Überschuss-Rechnung getrennt nach den Gewerbebetrieben. Dies steht nicht in Zusammenhang mit einer eventuelle Kleinternehmerschaft, die ein rein umsatzsteuerlicher Aspekt ist. Bei Überschreiten des Freibetrages von 24.500 Euro ist auch Gewerbesteuer zu zahlen.
Wer selbstständig tätig ist, muss Einnahmen aus dieser Tätigkeit grundsätzlich der Umsatzsteuer unterwerfen und kann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Die Umsatzsteuer wird jedoch nicht erhoben, wenn die Einnahmen im vorangegangenen Jahr weniger als 17.500 Euro betragen haben und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen werden. Dabei sind die Umsätze aus allen Tätigkeiten zusammenzurechnen. Es ist folglich möglich, dass auch der bisher als Kleinunternehmen betriebene Handel umsatzsteuerpflichtig wird.
Das Finanzamt wird auf der Grundlage der erwarteten oder der erzielten Gewinne Einkommensteuervorauszahlungen festsetzen. Diese Vorauszahlungen sind alle drei Monate zu zahlen. Für Zwecke der Umsatzbesteuerung müssen Sie gegebenenfalls – zum Beispiel bei Überschreiten der oben genannten Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer – Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben.
Nach Ablauf des Jahres muss neben der Einkommensteuererklärung gegebenenfalls zusätzlich eine Umsatzsteuererklärung abgegeben werden. Auf der Grundlage dieser Erklärungen erlässt das Finanzamt dann die Steuerbescheide. Wird eine Steuererklärung nicht abgegeben, so wird das Finanzamt den Gewinn und den Umsatz schätzen.
In Nordrhein-Westfalen haben Sie bezüglich der Prostitution die Möglichkeit am sogenannten Düsseldorfer Verfahren teilzunehmen und einen Pauschalbetrag an Steuern zu bezahlen. Das genaue Verfahren in anderen Bundesländern ist mir nicht bekannt, gilt jedenfals unabhängig vom Tätigkeitsort. Die Pauschale ist zwischen dem Finanzamt und dem teilnehmenden Dienstleister zu vereinbaren.
Sie soll die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigen und kann nebender Einkommensteuer auch die Umsatzsteuer einbeziehen. Daher besteht kein einheitlicher „Pauschalbetrag“ in allen Städten.
In Köln beträgt der Satz für Einkommen- und Umsatzsteuer ca. 15,00 € pro Tätigkeitstag. Die Tage sind dem Finanzamt bekanntzugeben.
Die Zahlung der Pauschale dient lediglich dazu das Finanzamt von intensiven Prüfungen abzuhalten, die für beide Seiten wegen der schwierigen Rechnungslegungssituation aufwändig ist. Bei dieser Pauschale handelt es sich nur um eine Vorauszahlung. Die Teilnahme an diesem Verfahren befreit nicht von der Abgabe einer Steuererklärung und nicht von der Zahlung der tatsächlich angefallenen Steuern. Die gezahlten Pauschalsteuern werden auf die später festgesetzten Steuerbeträge angerechnet.
Letztlich ist eventuell noch eine kommunale Vergnügungsteuer zu zahlen. Sie wird von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich geregelt.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Angaben einen ersten Überblick über den Sachverhalt gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Herrmann
Dipl.-Finanzwirt (FH)
Steuerberater
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