Einkommens- und Umsatzsteuer ermitteln
Mai 22, 2016 | 50,00 EUR | beantwortet von Steuerberater Udo Glinka
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe im März 2015 einen Heimjob über das Internet angefangen, die Bezeichnung des Berufs lautet „Web Search Evaluator“. Dabei handelt es sich um Arbeit, die ich online für die Firma Appen Butler Hill abarbeite. Diese Firma hat Ihren Sitz in Amerika und ich bekomme seit April 2015 meinen Bruttolohn (21 Dollar/Stunde) auf mein Konto in Deutschland überwiesen. Rechnungen/Nachweise stellt die Firma leider nicht aus, und ich auch nicht, somit bleiben mir als einzige Nachweise meine Kontoauszüge.
Nach dem Gang zum Finanzamt habe ich einige Tage später ein Schreiben erhalten, mit folgenden Informationen:
- Mir wurde eine Steuernummer zugeteilt
- Die Bezeichnung meines Betriebs lautet „Markt- und Meinungsforschung“
- Für mich gilt: a) Einkommenssteuer und b) Gewinnermittlung nach $ 4 Abs. 3 EStG
Aus diesen Infos lässt sich wohl ableiten, dass ich als selbstständig eingestuft wurde.
Ich habe im Jahr 2015 14.916,29€ durch meine Heimarbeit für Appen Butler Hill verdient. In diesem Jahr (2016) erwarte ich einen noch größeren Jahreslohn von 18.000€ – 20.000€, da wahrscheinlich mehr Arbeit anfallen wird. Zudem habe ich letzte Woche einen Job als Grafiker in einer kleinen Firma meines Freundes auf 450€-Basis angefangen.
Meine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2015 habe ich bereits im April 2016 ausgefüllt und an mein Finanzamt abgeschickt, jedoch bis jetzt kein Schreiben zurückerhalten, wodurch ich immer noch nicht weiß, wie viel ich dem Finanzamt schulde.
Leider habe ich mich erst vor kurzem so richtig mit Einkommenssteuer, Umsatzsteuer und der Kleinunternehmerregelung befasst und stehe da doch etwas auf dem Schlauch.
Meine eigentlichen Fragen wären folgende:
- Falle ich noch unter die Kleinunternehmerregelung?
- Muss ich Umsatzsteuer zahlen, obwohl ich keine Rechnungen ausstelle?
- Wie errechne ich genau meine Einkommens- und Umsatzsteuer?
Auf eine möglichst ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
ausgehend von den mir zur Verfügung gestellten Informationen beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt.
1. Kleinunternehmerregelung
Unter die Kleinunternehmerregelung fallen Sie, wenn Ihre Umsätze im laufenden Jahr voraussichtlich unter 50.000,- EUR liegen werden und im vergangenen Jahr unter 17.500,- EUR lagen.
Nach § 19 (3) UStG gehören zum Gesamtumsatz aber nur in Deutschland steuerbare Umsätze.
Da Sie Ihre Leistungen für eine amerikanische Firma erbringen und es sich im umsatzsteuerlichen Sinne um sonstige Leistungen handeln dürfte, liegt die Vermutung nahe, dass die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über geht (§ 3a (2) UStG).
Das bedeutet, dass Ihre Umsätze in Deutschland dann nicht steuerbar wären und damit auch nicht zum Gesamtumsatz nach § 19 UStG gehören würden.
Wenn Sie keine signifikanten Umsätze haben, die in Deutschland steuerbar sind (z.B. für ein deutsches Unternehmen), könnte ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung zu Erstattungen führen, wenn Sie Vorsteuern aus Ihren Ausgabenrechnungen geltend machen. Das sollen Sie noch mal genauer prüfen.
Verzichten Sie nicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, fällt keine Umsatzsteuer an.
2. Eine Zahlung von Umsatzsteuer setzt keine Rechnung voraus. Wären Sie umsatzsteuerpflichtig müssten Sie auch ohne Ausstellung einer Rechnung Umsatzsteuer zahlen --- aber siehe Punkt 1 oben.
Sie sollten aber grundsätzlich Unterlagen haben, die die eingegangenen Zahlungen aus den USA belegen können, im Besonderen wofür das Geld gezahlt wurde. Eventuell werden Ihnen online Statements etc. zur Verfügung gestellt, die Sie herunterladen und archivieren können?!
3. Eine genaue Berechnung der Einkommensteuer ist für einen Laien schwer möglich. Grundlage für die Berechnung der Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen. Das ergibt sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte abzüglich Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen etc.
Zur Ermittlung der Einkünfte aus Ihrer gewerblichen Tätigkeit müssen Sie eine Gewinnermittlung (Einnahmen-Überschuss Rechnung) machen. Das heißt vereinfacht Einnahmen abzüglich Ausgaben ergibt den Gewinn. Der Gewinn wäre eine Einkunft. Haben Sie beispielsweise noch weitere Einkünfte bspw. aus einer Anstellung oder aus der Vermietung einer Wohnung, würden diese hinzuaddiert.
Die zu zahlende Einkommensteuer ergibt sich aus der Einkommensteuertabelle. Dabei steigt die Steuer progressiv zum steigenden Einkommen.
Ihr 450,- EUR Job gehört vermutlich nicht zu Ihren Einkünften, da dieser vermutlich pauschal besteuert wird (weil geringfügig). Das müssen Sie selber noch mal überprüfen.
Würden Sie steuerpflichtige Umsätze ausführen. Würde sich die Umsatzsteuer so berechnen:
Vereinnahmte Umsatzsteuer aus Ihren eigenen Umsätzen abzüglich der verausgabten Umsatzsteuer (=Vorsteuer) ergibt die Umsatzsteuerzahllast oder -erstattung.
Da das Thema doch sehr komplex ist und Ihre Frage sehr viele Details umfassen kann, die ich hier nicht berücksichtigen kann, würde ich Ihnen zumindest eine Erstberatung bei einem Steuerberater (oder Existenzgründungsberater) empfehlen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Einschätzung liefern.
Ihnen alles Gute ...
Mit freundlichem Gruß
Udo Glinka (StB)
... Interessiert Sie diese Frage ebenfalls?