Betriebsrente und Ruhekapital
September 21, 2009 | 100,00 EUR | beantwortet von Dipl.BW/SB Ulrich Stiller
Ich bin deutscher Steuerbürger und gehe ab 1.1.2010 nach Altersteilzeit mit 60 in Frührente. Mein deutscher Arbeitgeber wird mir eine Betriebsrente von ca 3.200 €/Monat zahlen. Ausserdem erhalte ich einmalig ein von meiner variablen Vergütung vergangener Jahre angespartes Ruhegeld von 127.000 € in 2010 ausgezahlt. Ich kenne die deutschen Regeln der Fünftelung.
Kann ich durch eine Wohnsitzverlagerung ins Ausland (z.B. Frankreich oder welches empfehlen Sie?)eine günstigere oder gar keine Besteuerung erreichen?
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
besten Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Grund Ihrer Angaben und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Die Abfindung wird leider in Deutschland versteuert
und ist z.B.in Frankreich auf Grund des bestehenden
Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei.
Nach Ihrer Schilderung dürften, vorbehaltlich einer
detaillierten Überprüfung der Unterlagen, eine
Abfindung und damit eine Entschädigungsleistung
im Sinne des § 24 EStG vorliegen.
Wenn Sie Ihren Wohnsitz z. B. zum 02.Januar
2010 in Deutschland aufgeben und hier auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr haben,liegt keine unbeschränkte
Einkommensteuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 EStG
2009 in Deutschland mehr vor, denn,
1.Sie haben Deutschland keinen Wohnsitz mehr
2.Sie haben in Deutschland keinen gewöhnlichen
Aufenthalt mehr.
Die erste Voraussetzung haben Sie durch die
Aufgabe des Wohnsitzes erfüllt. Die zweite
Voraussetzung, die Aufgabe des gewöhnlichen
Aufenthaltes dürfte ebenfalls bei Wegzug erfüllt sein, da der
gewöhnliche Aufenthalt Ihre körperliche
Anwesenheit in Deutschland in einem
zusammenhängenden Zeitraum von wenigstens 6
Monaten erfordert, was bei Ihnen ebenfalls nicht
vorliegen wird.
FAZIT: Es läge ab dem 02.01.2010 keine
unbeschränkte Einkommensteuerpflicht vor.
Es gibt aber den § 1 Absatz 4 EStG. Danach sind
natürliche Personen, die in Deutschland WEDER
einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen
Aufenthalt haben beschränkt
einkommensteuerpflichtig, wenn inländische
(deutsche) Einkünfte im Sinne des § 49 EStG
vorliegen. Bei Ihnen liegen inländische Einkünfte
im Sinne des § 49 Absatz 1 Ziff. 4d EStG 2009 vor:
„Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder
worden ist,
b)aus inländischen öffentlichen Kassen
einschließlich der Kassen des
Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen
Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges
oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden,
ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der
inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss,
c) als Vergütung für eine Tätigkeit als
Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied
einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland
bezogen werden,
d) als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 für
die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt
werden, soweit die für die zuvor ausgeübte
Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen
Besteuerung unterlegen haben."
Ihre vorherigen Einkünfte aus nicht selbständiger
Arbeit haben der inländischen (deutschen)
Besteuerung unterlegen. Somit liegt bei der
Auszahlung der Abfindung als
Entschädigungsleistung für die entgehenden
Einnahmen, beschränkte Einkommensteuerpflicht
vor.
FAZIT: Die Abfindung wird im Rahmen der
beschränkten Einkommensteuerpflicht in
Deutschland versteuert.
Allerdings gilt für beschränkt
Einkommensteuerpflichtige seit dem
Veranlagungszeitraum 2008 als
Steuerermäßigung die sog. Fünftelregelung ( § 50
Absatz 1 Satz 3 EStG ) gleichermaßen wie bei
unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Stiller
Steuerberater
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