Führescheinentzug abwenden ??
April 10, 2013 | 30,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Hier noch einmal der Fall (passiert im November 2011):
Fahrerflucht oder nicht ??
Eine Angestellte hatte einen Unfall verursacht und war in Panik 400-600 meter weitergefahren. Sie hatte vorher nur einen schweren Knall wahrgenommen und war mit dem Kopf an die Scheibe geknallt. Dort stellte sie nach Besichtigung des Fahrzeuges fest, dass sie wohl in einen Unfall verwickelt war. Sie rie dann -unter Schock stehend- ihren Arbeitgeber an und teilte den Unfall mit und erklärte, dass sie jetzt zur Unfallstellle zurückfahren werde. Der Arbeitgeber merkte jedoch dass sie unter Schock stand und untersagte die Fahrt, damit nicht noch mehr passierte. Statt dessen machte er sich auf den Weg um die Angestellte wieder zum Unfallort zu bgeleiten. Das dauerte jedoch gesamt leider so um die 1,5 Stunden. Zwischen Unfall und erneutem Anruf von der Unfallstelle lagen somit ca. 1 1/2 Stunden.
Am Unfallort angelangt, rief sie dann die Polizei und erklärte ihre Beteiligung an dem Unfall. Das wurde dann vor Ort -nach einer Wartezeit auf die Polizei von ca. 1 Stunde- aufgenommen.
Es lag nur Sachschaden vor, kein Personenschaden. Sachschaden am fremden Fahrzeug ca. 3400 Euro, am eigenen Fahrzeug ca. 2000 Euro.
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Jetzt ist im April ein Strafbefehl ergangen. 1200 Euro Strafe, 9 Monate Führerscheinentzug.
Hier ist wohl überhaupt nicht honoriert worden, dass die Fahrerin zum Unfallort zurückgekehrt ist.
Ist es sinnvoll, gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen, mit dem Ziel, die Geld-Strafe zu akzeptieren , das Fahrverbot aber abzuwenden ?? Oder ist das nicht errreichbar ?? Ist es wahrscheinlich, dass nach der Entziehung der Fahrerlaubnis nach 9 Monaten eine MPU angeordnet wird ??
Der Arbeitgeber wird die Kündigung aussprechen müssen, da die Fahrerin zwingend auf den Führerschein
-während der Arbeitszeit- angewiesen ist.
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zwar ist gemäß § 69 Absatz 2 StGB der Täter einer Unfallflucht (§ 142 StGB) in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, sodass die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. „In der Regel“ drückt aber nur eine gesetzliche Vermutung aus, die widerlegt werden kann. Da das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 StGB mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft werden kann, besteht also grundsätzlich die Möglichkeit, das Strafmaß auf eine Geldstrafe ohne Führerscheinentzug zu reduzieren. Da nach Ihrer Schilderung das Entfernen vom Unfallort und auch die Verzögerung der Rückfahrt zum Unfallort in erster Linie dem Schockzustand der Fahrerin in Verbindung mit der darauf basierenden Untersagung der Weiterfahrt durch den Arbeitgeber zuzuschreiben war, sehe ich hier durchaus Chancen, bei einem Einspruch zumindest den Führerscheinentzug zu verkürzen oder ganz zu vermeiden. Zwar werden an den Nachweis eines Schocks hohe Anforderungen gestellt (regelmäßig wird ein ärztliches Attest gefordert), allerdings kann in diesem Fall aber zumindest der Arbeitgeber als Zeuge herangezogen werden, der ja die Gründe nennen kann, die für ihn auf einen Schockzustand schließen ließen und aus denen er seiner Arbeitnehmerin die Weiterfahrt untersagt hat. Falls noch nicht geschehen, sollte umgehend ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Strafverteidiger in der Angelegenheit beauftragt werden.
Wird der Führerschein wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort entzogen, muss zur Wiedererlangung nicht zwingend ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vorgelegt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene im Rahmen seiner Berufausübung zwingend auf den Führerschein angewiesen ist, vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht Saarlouis (Az.: 1 W 33/06).
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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