Hilfe bei Kanzleiabwicklung
August 25, 2009 | 25,00 EUR | beantwortet von Andreas Scholz
Ich möchte meiner Schwester helfen, die aus gesundheitlichen und privaten Gründen ihre Kanzlei (Familienrecht)in Hamburg nicht mehr weiter führen kann, mit der Abwicklung der Kanzleiauflösung aber Schwierigkeiten hat. Welche Möglichkeiten hat ein Anwalt, ohne seine Zulassung(?) zu verlieren, sich professionelle Hilfe zu holen? Können noch nicht abgeschlossene Fälle einfach abgegeben werden? Wie sieht es mit der Schweigepflicht aus? Könnte ein Anwalt in ihrem Namen die liegengebliebenen Fälle aufarbeiten? Oder könnte ein Anwalt ev. zusammen mit ihr die Akten sichten?
Gibt es vielleicht eine Stelle in Hamburg , an die man sich wenden kann? Wie ist das Vorgehen bei so einer Kanzleiabwicklung?
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst ist es möglich, Mandate niederzulegen. Es ist dann grundsätzlich Sache des Mandanten, sich um einen neuen Anwalt zu bemühen. Als vormaliger Anwalt kann demgegenüber die Sache ohne Zustimmung des Mandanten an einen anderen Mandanten nicht abgegeben werden.
Bei Niederlegung entsteht der Vergütungsanspruch nur insoweit als die Arbeit tatsächlich erbracht worden ist. Im Übrigen kann ein Schadensersatzanspruch entstehen, wenn dem Mandanten aufgrund der Niederlegung ein Schaden entstanden ist.
In Ihrem Falle kann ich Ihnen empfehlen, dass Ihre Schwester einen Vertreter bestellt, § 53 BRAO. Dieser würde dann für Ihre Schwester tätig und wäre der Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Entziehung der Zulassung ist mit der Vertreterbestellung nicht verbunden.
Diesen für Sie wichtigen Paragraphen möchte ich Ihnen Angeben:
§ 53 Bestellung eines allgemeinen Vertreters
(1) Der Rechtsanwalt muß für seine Vertretung sorgen,
1.
wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben;
2.
wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will.
(2) Der Rechtsanwalt kann den Vertreter selbst bestellen, wenn die Vertretung von einem derselben Rechtsanwaltskammer angehörenden Rechtsanwalt übernommen wird. Ein Vertreter kann auch von Vornherein für alle Verhinderungsfälle, die während eines Kalenderjahres eintreten können, bestellt werden. In anderen Fällen kann ein Vertreter nur auf Antrag des Rechtsanwalts von der Rechtsanwaltskammer bestellt werden.
(3) (weggefallen)
(4) Die Rechtsanwaltskammer soll die Vertretung einem Rechtsanwalt übertragen. Sie kann auch andere Personen, welche die Befähigung zum Richteramt erlangt haben, oder Referendare, die seit mindestens zwölf Monaten im Vorbereitungsdienst beschäftigt sind, zu Vertretern bestellen. § 7 gilt entsprechend.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Rechtsanwaltskammer den Vertreter von Amts wegen bestellen, wenn der Rechtsanwalt es unterlassen hat, eine Maßnahme nach Absatz 2 Satz 1 zu treffen oder die Bestellung eines Vertreters nach Absatz 2 Satz 3 zu beantragen. Der Vertreter soll jedoch erst bestellt werden, wenn der Rechtsanwalt vorher aufgefordert worden ist, den Vertreter selbst zu bestellen oder einen Antrag nach Absatz 2 Satz 3 einzureichen, und die ihm hierfür gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist. Der Rechtsanwalt, der von Amts wegen als Vertreter bestellt wird, kann die Vertretung nur aus einem wichtigen Grund ablehnen. Über die Zulässigkeit der Ablehnung entscheidet die Rechtsanwaltskammer.
(6) Der Rechtsanwalt hat die Bestellung des Vertreters in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 der Rechtsanwaltskammer anzuzeigen.
(7) Dem Vertreter stehen die anwaltlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den er vertritt.
(8) Die Bestellung kann widerrufen werden.
(9) Der Vertreter wird in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Vertretenen tätig. Die §§ 666, 667 und 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(10) Der von Amts wegen bestellte Vertreter ist berechtigt, die Kanzleiräume zu betreten und die zur Kanzlei gehörenden Gegenstände einschließlich des der anwaltlichen Verwahrung unterliegenden Treugutes in Besitz zu nehmen, herauszuverlangen und hierüber zu verfügen. An Weisungen des Vertretenen ist er nicht gebunden. Der Vertretene darf die Tätigkeit des Vertreters nicht beeinträchtigen. Er hat dem von Amts wegen bestellten Vertreter eine angemessene Vergütung zu zahlen, für die Sicherheit zu leisten ist, wenn die Umstände es erfordern. Können sich die Beteiligten über die Höhe der Vergütung oder über die Sicherheit nicht einigen oder wird die geschuldete Sicherheit nicht geleistet, setzt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer auf Antrag des Vertretenen oder des Vertreters die Vergütung fest. Der Vertreter ist befugt, Vorschüsse auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung zu entnehmen. Für die festgesetzte Vergütung haftet die Rechtsanwaltskammer wie ein Bürge.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben.
Bei Unklarheiten fragen Sie einfach nach.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scholz, RA
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