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Frag einen Arzt zum Thema Neurologie / Nervenheilkunde

2. Meinung eines Psychiaters zur Diagnose / tiefergehende Fragen zur Medikation

Guten Tag,

zur Vorgeschichte: im Sommer 2009 hatte ich Panikattacken und bin dann 2 Monate in einer Klinik gewesen. Ich hatte aufgrund von Schwindelanfällen starke Gesundheitsängste entwickelt und Stress (Trennung von der Mutter meines Sohnes und berufliche Belastung/Flucht in die Arbeit) spielten wohl auch eine Rolle. Ich bin mir im Nachhinein immer noch unsicher, was genau der Auslöser für die Panikattacken war. Wenn ich das Thema Burnout bei meinem (jetzigen) Therapeuten anspreche, sagt er nur, dass dies kein eigenständiges Krankheitsbild wäre und es vor allem um die Behandlung der begleitenden Krankheiten wie Depression und Angst ginge. Dieser (mein jetziger Therapeut) geht bei mir übrigens von einer generalisierten Angststörung aus. Bei meiner Entlassung aus der Klinik ging es mir aber noch nicht viel besser - ich hatte immer noch Angstzustände und Panikattacken. Die Panikattacken hörten erst auf als ich 3 Monate später begann Citalopram 20mg zu nehmen.

Auch das Schlafen (ich litt vorher vor allem auch unter Ängsten was die gesundheitlichen Folgen von Schlaflosigkeit angeht bzw. Angst aus Schlafmangel zu sterben) und die allgemeine Stimmung hat sich seitdem sehr verbessert.

Seit einiger Zeit nehme ich aber verstärkt wahr, dass ich morgens direkt nach dem Aufwachen sofort sehr unruhig bin, schwer atme, zittere und mir schwindelig ist. Manchmal habe ich auch Kopfschmerzen und Kribbeln/Brennen in den Händen und im Gesicht. Manchmal habe ich auch ein komisches Gefühl, dass mir bis in den Kopf hochsteigt - alles fühlt sich dann irgendwie pelzig/anders an und ich weiß nicht genau wie ich dies beschreiben soll ... Ich frage mich was das sein kann - es fühlt sich nicht so an wie die Panikattacken und die Angstzustände früher. Abends geht es mir meistens viel besser.

- sind dies Erschöpfungssysmptome (Burnout)? Wie kann ich relativ sicher feststellen, dass ich in einem Erschöpfungszustand bin - wie äußert sich dieser?
- sind dies Nebenwirkungen des Citaloprams? (sind die 20mg mittlerweile bei mir nicht mehr nötig? zuviel Serotonin? Serotoninsyndrom?)
- ist es evtl. noch zuwenig Citalopram (sollte ich auf 30mg erhöhen?)
- ist es immer noch die Grunderkrankung (welche auch immer), die durch das Citalopram nur etwas "gedeckelt" wird und daher anders in Erscheinung tritt?


Als ich einmal versuchte, das Citalopram abzusetzen, ging es mir nach ca. 5 Tagen sehr viel schlechter (Ängste wurden wieder stärker und ehemals vorhandene Zwänge traten wieder auf). Besonders Angst machte mir auch noch ein Symptom, dass sowohl beim Absetzen, als auch beim Wiedereinsetzen des Citaloprams auftrat: beim Einschlafen wurde mir schwindelig und ich sah mit geschlossenen Augen verschwommene und verzerrte Bilder - ich fühlte mich wie betrunken. Ich habe dies zuvor erst einmal erlebt habt, als ich etwas Alkohol getrunken habe während der Einnahme des Citalopram -seitdem trinke ich nur noch alkoholfreies Bier. Wie kann dieses Phänomen erklärt werden?

Vielen Dank und viele Grüße

Dr. med. Ralf Berg

Lieber Ratsuchender,

Was bei Ihnen am Morgen auftritt ist m. E. am ehesten ein sog. Hypervertilationssyndrom. Dies ist bei Ihnen auch kein eigenständiges Krankheitsbild sondern ist im Rahmen ihrer Angststörung/Depression zu sehen. Durch (bewußtes oder auch unbewußtes) verstärktes Atmen, kommt es zu Elektrolytverschiedungen im Blut die ursächlich für ihre Symptome (Kribbeln, flaues Gefühl etc.) sind. Durch LANGSames ruhiges Atmen mit bewußten Atempausen bildet sich dies aber wieder alles zurück.

Ich bin der Meinung dass Sie engmaschig psychiatrisch betreut werden sollen. Es sollte nicht so sein, dass Sie selbst die Medikamenten im Selbstversuch an- oder absetzen müssen. Lassen Sie sich bitte dabei beraten. Sowohl der Alkohol wie auch das Citalopram greifen in den Hirnstoffwechesel ein. Nimmt man beides zusammen kann dies zu unverhersehbaren Reaktionen kommen.
Insgesamt sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Therapheuten suchen. Citalopram ist vielleicht nicht das geeigente Medikament für Sie. (Es wird bevorzugt als Erstes eingesetzt, da die Nebenwirkungen im Allgemeinen weniger ausgeprägt sind wie bei anden. Allerdings ist die Wirkung auf die Angst nicht immer ausreichend.
Aber es gibt sehr viele verschiedene Wirkstoffe, und man wird neben der Gesprächstherapie zur Überwindung Ihrer Angststörung sicher ein Präparat für sie finden, bis Sie diese Ängste besser im Griff haben. Wichtig ist ein direkter und auch konstanter Kontakt zu einen Therapheuten ihres Vertrauens, mit dem Sie sich zu allen evt. auftretenden Beschwerden besprechen können. Sie sehen das schon richtig, diese Medikamenten sollen Ihnen helfen ihre Ängste besser im Griff zu haben. Herauszufinden, wodurch diese Panikattaken ausgelöst werden, oder zumindest Verhaltensweise zu Trainieruen, damit man in der Lage ist dies Panikattaken abzuwenden ist die eigentlich Aufgabe.
Bitte schliessen Sie, fall die Zwänge und Ängste stärker werden, eine stationäre Therapie nicht gleich aus. Ob diese jetzt schon notwendig ist kann am besten Ihr Therapheut beurteilen, der Ihren bisherigen Krankheitsverlauf kennt.
Und wie gesagt, Ihre Hyperventilationbeschwerden sind nicht besorgniserregend, sonder eine Art körperlicher "Angstreaktion"
PS: bitte teilen sie mir noch mit wielange sie schon das Citalopram einnehmen. Erst mit dieser Information kann ich entscheiden, ob es nicht noch zu früh ist das Medikament zu wechseln.

Mit vielen Grüßen R. Berg

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Experte für Neurologie / Nervenheilkunde

Dr. med. Ralf Berg

Dr. med. Ralf Berg

Ühlingen-Birkendorf

Studium an der Universität Freiburg
Promotion überdas Monitoring bei Narkosen Universität Freiburg.
Facharztausbildung zum Anästhesisten und FA für Allgemeinmedizin in Freiburg und Hamburg,
Vorlesungsassisten am Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Uni Hamburg

Rettungsdienstliche Tätigkeiten in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und in der Schweiz.

Seit 1998 in eigener Praxis niedergelassen, Nebentätigkeit als Anästhesist und Notdienstätigkeit in Kliniken und ambulant. Leitung von Fortbildungs- und Qualitätszirkeln, Mitglied im DHÄV und der AGSWN, Qualitätszirkel Moderator, Forschungspraxis der Universität Heidelberg , Ausbildungspraxis für Allgemeinmedizin im Rahmen der Verbundweiterbildung der Uni Heidelberg

Expertenwissen:
  • Allgemeinmedizin
  • Anästhesie
  • Innere Medizin
  • sonstige Frage an Ärzte
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