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Frag einen Arzt zum Thema Allgemeinmedizin

Schmerzen in der Brust mit Atemnot u.a.

zur Person: weiblich, 41 Jahre, 163 cm, ca. 60 kg

Es geht um verschiedene gesundheitliche Probleme meiner Frau, die einerseits nicht in Zusammenhang zu stehen scheinen, andererseits aber alle seit etwa einem Jahr immer häufiger auftreten. Ich werde sie daher im folgenden einzeln beschreiben:

1.
Nicht aushaltbare Schmerzen hinter dem Brustbein, noch schlimmer am Rücken auf gleicher Höhe. Atmen kaum möglich vor Schmerzen. Muss in der Nacht aufstehen, Wasser trinken. Dann ist es etwas leichter, kann wieder atmen und letztendlich auch einschlafen.
Diese Beschwerden traten bisher etwa 5x auf, entweder am frühen Abend oder in der Nacht.

2.
Sie betreibt (sportlich) "schnelles Gehen" 2-7 pro Woche, jeweils 45-90 Minuten, hat dabei keinerlei Probleme. Aber: Es scheint Momente von "Nervosität" zu geben. Offensichtlich Situationen wie Arzttermine mit den Kindern, Einkaufen etc. Jedoch im Grunde kein Stress. In solchen Situationen kommt es immer häufiger (mindestens 1x wöchentlich) zu krampfartigem Druck im mittleren Bereich des Brustbeines, sehr kurz, kaum eine Sekunde. Manchmal nur einmal, manchmal mehrmals (max. 5x) im Abstand von 1-15 Minuten.

3.
"Unruhe" im linken Arm. "Unruhe" = schwerer Arm, ohne Kraft. Keine Schmerzen, keine "Ameisen", kein Gefühl schlechter Durchblutung. Sie hat das Gefühl, nicht mal das Handy hochheben zu können (aber nicht immer). Fängt meist am Abend vor dem Zubettgehen an und dauert mehrere Tage. Morgens fast nichts, aber über den Tag immer schwerer. Deshalb hat sie vom Hausarzt Physiotherapie verschrieben bekommen.
Diese Beschwerde tritt etwa ein Jahr lang fast täglich auf. Es gibt nur wenige Tage dass sie nichts spürt.

Vor ca. einem Monat ist sie abends schlafen gegangen, keinerlei Stress. TV geschaut, es fing im Arm wieder an. Konnte weder schlafen noch sich aufs TV konzentrieren. Laptop genommen, ca. 2 Stunden geschrieben etc. (Forum), dann nichts mehr im Arm gespürt, Laptop zugeklappt und nach ein paar Sekunden eingeschlafen.

4.
Seit ca. einem Monat fast täglich Schmerzen im linken Schulterblatt an einer Stelle, strahlen kreisförmig aus über die gesamte linke Schulter.
Die Schmerzen machen sich am stärksten bemerkbar bei Kopfbewegung/Blick auf die linke Brusthälfte oder gerade nach unten. Sie spürt es auch beim Blick nach rechts unten, aber wesentlich schwächer. Im Prinzip am stärksten beim Blick nach links unten, dann abnehmend nach rechts.
Etwa eine Woche lang hatte sie diese Schmerzen ständig, ohne Rücksicht auf Bewegung oder Körperhaltung. Eine schmerzfreie Körperhaltung gab es nicht.

Der Hausarzt kann "nichts feststellen". Vor drei Wochen wurde ein Blutbild erstellt, alles in Ordnung. Die Schilddrüsenfunktion ist ebenfalls in Ordnung.
Vor ein paar Jahren wurde die Wirbelsäule geröngt. Der Arzt sagte damals, dass die Halswirbelsäule zu gerade sei, eigentlich eher in "S"-Form sein sollte. Dadurch könne es "zu geringerer Sauerstoff-Versorgung" kommen.

Ich erwarte hier natürlich keine vollständige Diagnose oder gar Heilung. Aber eventuell einen Hinweis, was man noch ärztlich untersuchen lassen könnte oder welchen Facharzt sie aufsuchen sollte.

Sofern sachdienlich, kann ich ggfs. noch zwei akute Fälle in den letzten vier Tagen schildern, die wir recht genau protokolliert haben.

Dr. med. Olaf Stephan

Sehr geehrter Fragender,

auf Grund Ihrer sehr detaillierten Schilderung der Symptomatik knn man das bei Ihrer Frau in Frage kommende Spektrum von möglichen Diagnosen einigermaßen eingrenzen. Natürlich sollte auf Grund der Symptomatik (Thoraxschmerzen, Atemnot, Ausstrahlung in den linken Arm)als erstes eine Herzkrankheit im Sinne der Angina pectoris ausgeschlossen werden, obschon das bei einer noch recht jungen Frau relativ selten vorkommt. Hierzu würde ein EKG und evtl. eine Echokardiographie (Ultraschall vom Herzen) und ggf. eine Ergometrie (Fahrradbelastung)mit großer Wahrscheinlichkeit ausreichen, ggf. hierzu Vorstellung der Patn. beim Kardiologen. Des weiteren erscheint es jedoch eher möglich, dass die Beschwerden Ihrer Gattin auf Grund eines Schmerzsyndroms der Halswirbelsäule und der oberen Brustwirbelsäule entstehen, der Verdacht wird auch durch die Fehlhaltung in der von Ihnen beschriebenen Röntgenaufnahme erhärtet. Hier sollte zunächst eine eingehende klinische Untersuchung, z.B. durch einen Orthopäden erfolgen, diagnostisch stehen hier diverse bildgebende Verfahren von der einfachen Röntgendarstellung der Wirbelsäule (auch mit unterschiedlichen Funktionsaufnahmen der HWS) bis hin zum MRT (welches keine Strahlenbelastung beinhaltet) zur Verfügung. Über die Auswahl des Verfahrens sollte allerdings der behandelnde Arzt entscheiden. Eine dritte Verdachtsdiagnose, die sich aus Ihrer Schilderung ergibt, läßt auch an das Vorliegen einer sogenannten Refluxösophagitis bzw. Refluxkrankheit denken. Hierbei kommt es durch eine Schwäche im Verschluss des Mageneingangs (besonders im Liegen und nachts) zu einem Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre, die darauf oft mit erheblich Schmerzen (meist hinter dem Brustbein) und Sodbrennen reagiert. Hier ist zur weiteren Diagnostik eine Magenspiegelung unbedingt erforderlich, sieht man hier bereits typische Schleimhautveränderungen in der unteren Speiseröhre, ist die Diagnose klar, die Behandlung mit sogenannten Protonenpumpeninhibitoren (also Medikamenten, die die Magensäure blocken) ist hier sehr erfolgreich, allerding kommt es häufig zu Rezidiven, die dann eine langfristige Einnahme der o.g. Medikamente erfordern. Häufig erscheint jedoch, besonders im Anfangsstadium der Krankheit, die Schleimhaut endoskopisch intakt, hier ist dann eines versuchweise Gabe der Protonenpumpeninhibitoren für etwa zwei Wochen angezeigt, ein deutlicher Rückgang der Beschwerden würde dann auch hochgradig für die Diagnose Refluxkrankheit sprechen. Am besten Sie wenden sich mit diesen Vorschlägen vertrauensvoll an den behandelnden Arzt Ihrer Frau, der kann mit Sicherheit die oben beschriebene Diagnostik organisieren und koordinieren, bzw. auch teilweise selbst durchführen. Ich hoffe, dass ich Ihnen bei Ihrem Problem etwas weiterhelfen konnte, eine genaue Diagnose ist natürlich ausschließlich nur aus der Beschreibung von Symptomen nicht möglich.

Mit freundlichen Grüßen O. Stephan

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Experte für Allgemeinmedizin

Dr. med. Olaf Stephan

Dr. med. Olaf Stephan

Berlin

Ärztliche Tätigkeit seit ca. 17 Jahren, durchweg im stationären Bereich, neben den o.g. Fachrichtungen Erfahrungen in der Intensivmedizin, Angiologie, Kardiologie und gastroenterologischen Endoskopie vorhanden.

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