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Frag einen Steuerberater zum Thema Immobilienbesteuerung

Mietfrei wohnen in gemeinsamer Immobilie ohne Schenkungssteuer

Guten Tag,

Situation:

Meine Mutter ist Anfang 2024 verstorben. Meine Schwester ist Alleinerbin. Zum Erbe gehört auch ein Haus, das meiner Mutter seit dem Tod meines Vaters 2016 allein gehörte.

Nachdem meine Mutter Anfang 2023 in ein Heim gezogen war, bin ich mit mündlicher Erlaubnis meiner Mutter in das Haus gezogen und habe mich dort auch wohnhaft gemeldet, ohne Übernahme von laufenden Kosten und ohne Mietvertrag, im Rahmen einer Leihe, so nennt man das vermutlich.

Nun gehört das Haus meiner Schwester und sie möchte mir die Hälfte des Hauses verkaufen, so dass wir dann beide Eigentümerinnen sind. Ich möchte das Haus weiterhin bewohnen, womit meine Schwester einverstanden ist. Alleiniges Wohnrecht beanspruche ich nicht, meine Schwester könnte jederzeit mit einziehen, wenn sie wollte.

Wie kann eine Regelung erfolgen, damit ich mietfrei das gemeinsame Haus bewohnen kann, aber auch keine Steuer (z.B. Schenkungssteuer durch Wohnrecht) anfällt? Ginge dies durch einen Leihvertrag und wie hätte der auszusehen?

Freundliche Grüße.

Hannu Wegner

Sehr geehrte Fragestellerin,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur steuerlichen Behandlung des mietfreien Wohnens in einer gemeinsamen Immobilie. Gerne möchte ich Ihnen dazu auf Basis der aktuellen Rechtslage in 2024 die folgenden Ausführungen geben:

Zunächst möchte ich Ihnen mein Beileid zum Verlust Ihrer Mutter aussprechen. Nach dem geschilderten Sachverhalt ist Ihre Schwester durch die testamentarische Regelung Alleinerbin des Nachlasses inklusive des Hauses geworden. Gemäß § 1922 BGB geht der gesamte Nachlass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den oder die Erben über.

Wenn Ihre Schwester Ihnen nun die Hälfte des geerbten Hauses verkauft, liegt zunächst ein normaler Kaufvertrag vor. Die Eigentumsübertragung erfolgt gemäß § 873 BGB durch Einigung und Eintragung im Grundbuch. Der Kaufpreis unterliegt als privates Veräußerungsgeschäft nicht der Einkommensteuer, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als 10 Jahre liegen (§ 23 EStG). Dies dürfte hier der Fall sein, da Ihre Mutter das Haus bereits seit 2016 im Alleineigentum hatte und vermutlich vorher gemeinsam mit Ihrem Vater.

Schwieriger ist die Frage, wie Sie das Haus nach dem Erwerb der hälftigen Miteigentumsanteile mietfrei nutzen können, ohne dass Schenkungsteuer anfällt. Denn grundsätzlich stellt die unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer Immobilie durch den Miteigentümer eine freigebige Zuwendung dar, die der Schenkungsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegt.

Die Höhe der Schenkung bemisst sich nach dem Wert des Wohnrechts. Dieser wird pauschal mit dem Jahreswert der ortsüblichen Miete für vergleichbare Räumlichkeiten angenommen. Mit jedem Jahr der mietfreien Nutzung erfolgt also eine erneute Schenkung (§ 14 BewG).

Um dies zu vermeiden, wäre eine vertragliche Regelung denkbar, wonach Sie zwar die Immobilie alleine bewohnen, aber kein ausschließliches Wohnrecht daran haben. Vielmehr müsste Ihre Schwester als Miteigentümerin jederzeit das Recht haben, das Haus ebenfalls zu nutzen. In diesem Fall läge keine unentgeltliche Nutzungsüberlassung, sondern eine gemeinschaftliche Nutzung der gemeinsamen Sache im Rahmen der Miteigentümergemeinschaft vor.

Dies entspricht im Kern auch dem von Ihnen angedachten Leihvertrag. Nach § 598 BGB kann eine Sache unentgeltlich zum Gebrauch überlassen werden. Erfolgt dies im Rahmen eines Miteigentumsverhältnisses, ist dies steuerlich unschädlich, solange die Leihe jederzeit widerruflich ist und keinen Ausschluss des anderen Miteigentümers von der Nutzung darstellt. Für den Leihvertrag wäre dabei wichtig, folgende Punkte aufzunehmen:

- Es handelt sich um eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung allein zu Wohnzwecken
- Die Leihe steht unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Nutzungsmöglichkeit durch beide Miteigentümer
- Eine Kündigung ist jederzeit möglich, jedoch frühestens zum Ablauf von 6 Monaten ab Vertragsschluss (damit kein Wohnrecht begründet wird)
- Kosten für Instandhaltung und Modernisierung tragen beide Eigentümer hälftig
- Die Betriebskosten (Wasser, Strom, Heizung etc.) trägt allein der Entleiher
- Eine Untervermietung ist ausgeschlossen

Auf diese Weise lässt sich eine mietfreie Nutzung des gemeinsamen Hauses gestalten, ohne dass Schenkungsteuer anfällt. Da es sich um erhebliche Vermögenswerte handelt, empfehle ich Ihnen aber trotzdem, den konkreten Vertrag durch einen spezialisierten Rechtsanwalt oder Notar erstellen zu lassen. Auch eine verbindliche Auskunft durch das zuständige Finanzamt (§ 89 AO) wäre in Erwägung zu ziehen, um Rechtssicherheit zu erlangen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Hannu Wegner
Steuerberater

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