Besteuerung AG-Anteil Krankentagegeldversicherung
Juni 19, 2024 | 50,00 EUR | beantwortet von Hannu Wegner
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich lebe in Deutschland und arbeite als Grenzgänger in der Schweiz. In Deutschland ist das Arbeitseinkommen aus CH demzufolge steuerpflichtig, während die Quellensteuer in CH auf die deutsche Steuerschuld angerechnet wird. Meine Frage betrifft den Arbeitgeberanteil an der Krankentagegeldversicherung.
Die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung ersetzt den Lohnausfall durch Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit für maximal zwei Jahre seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Üblich ist hier eine 80-prozentige Lohnfortzahlung während 720 Tagen innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen. Dabei übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte der Prämie, der Arbeitnehmer die andere Hälfte. Die Kollektiv-Kranktaggeldversicherung greift ab dem 61. Krankheitstag, zuvor gilt eine Wartezeit (1. – 60 Krankheitstag). Es ist unstrittig, dass dieser Arbeitgeberanteil zur Kollektiv-Kranktaggeldversicherung in Deutschland zu versteuern ist, da der Arbeitnehmer hier ein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft hat.
Nun hat mein Arbeitgeber neu (freiwillig) eine weitere, zusätzliche Krankentagegeldversicherung für Kurzzeitkrankheiten abgeschlossen, die den Zeitraum vom 01. – 60. Krankentagegeld abdeckt. Die Beiträge für diese Versicherung bezahlt der Arbeitgeber alleine. Die AG-Beiträge für diese neue Krankentagegeldversicherung (für den Zeitraum vom 01. – 60. Krankentagegeld) erscheinen nun auf meinem Lohnausweis und wären demzufolge in Deutschland zu versteuern. Ich frage mich, ob dies korrekt ist, da es in der Schweiz auch eine gesetzliche Pflicht zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt («Basler Skala»: bei mehr als 4 Dienstjahren: 3 Monate Lohnfortzahlung) und mir als Arbeitnehmer aus dieser weiteren, zusätzlichen Krankentagegeldversicherung kein Vorteil erwächst. Der Arbeitgeber hat hier entschieden die Lohnfortzahlung für Kurzzeitkrankheiten nicht mehr selbst zu leisten, sondern hierfür eine Versicherung abzuschliessen.
Ich bitte um Ihre Stellungnahme, ob die Arbeitgeberbeiträge für diese weitere, zusätzliche Krankentagegeldversicherung, die den Zeitraum vom 01. – 60 Krankentagegeld abdeckt, durch mich in Deutschland zu versteuern sind. Herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüssen
Clemens Kanmacher
Sehr geehrter Herr Kanmacher,
vielen Dank für Ihre ausführliche Anfrage zur steuerlichen Behandlung des Arbeitgeberanteils zur zusätzlichen Krankentagegeldversicherung in Deutschland. Um Ihnen eine umfassende und fundierte Antwort zu geben, werde ich die relevanten steuerlichen und rechtlichen Vorschriften sowie aktuelle Urteile und Verwaltungsanweisungen systematisch analysieren.
Zunächst möchte ich auf Ihre Situation als Grenzgänger eingehen. Als in Deutschland lebender Grenzgänger, der in der Schweiz arbeitet, unterliegen Sie in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG). Das Einkommen aus der Schweiz wird gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz besteuert. Deutschland hat das Recht, diese Einkünfte in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen und die schweizerische Quellensteuer anzurechnen (Art. 15 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 DBA D-CH).
Nun zur steuerlichen Behandlung der Krankentagegeldversicherung. Die Kollektiv-Krankentagegeldversicherung, die ab dem 61. Krankheitstag greift und zur Hälfte vom Arbeitgeber sowie zur Hälfte vom Arbeitnehmer getragen wird, ist in Deutschland steuerpflichtig. Dies liegt daran, dass der Arbeitnehmer ein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft hat (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Ihre Frage betrifft jedoch die zusätzliche Krankentagegeldversicherung, die Ihr Arbeitgeber freiwillig abgeschlossen hat und die den Zeitraum vom 1. bis zum 60. Krankheitstag abdeckt. Diese Versicherung wird vollständig vom Arbeitgeber finanziert. Grundsätzlich sind sämtliche Vorteile, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses erhält, als Arbeitslohn zu versteuern (§ 19 EStG).
In der Schweiz besteht eine gesetzliche Pflicht zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die nach der "Basler Skala" geregelt ist. Diese Regelung sieht vor, dass der Arbeitgeber bei mehr als vier Dienstjahren mindestens drei Monate Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten muss. In Ihrem Fall hat der Arbeitgeber diese Verpflichtung durch den Abschluss einer Versicherung abgedeckt.
Entscheidend ist, ob Sie als Arbeitnehmer ein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft haben. Wenn dies der Fall ist, sind die Arbeitgeberbeiträge als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen (§ 19 EStG). Dies entspricht der allgemeinen Regel, dass geldwerte Vorteile, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, als Arbeitslohn zu versteuern sind. Dies wird durch die Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung bestätigt.
Nach einem BMF-Schreiben vom 19. August 2013 sind Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Krankenversicherungsbeiträgen eines nicht gesetzlich krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber zur Zuschussleistung verpflichtet ist (§ 3 Nr. 62 EStG). Allerdings trifft dies nicht auf Ihre Situation zu, da es sich um eine freiwillige Zusatzversicherung handelt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 10. Oktober 2012 entschieden, dass Leistungen, die ein Arbeitgeber zur Erfüllung seiner gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht erbringt, nicht als Arbeitslohn anzusehen sind (BFH-Urteil VI R 57/11). Dies könnte darauf hindeuten, dass die Beiträge Ihres Arbeitgebers zur zusätzlichen Krankentagegeldversicherung nicht als Arbeitslohn zu versteuern sind, sofern die Versicherung lediglich die gesetzliche Lohnfortzahlung ersetzt und Ihnen kein direkter Vorteil aus der Versicherung erwächst.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Beiträge Ihres Arbeitgebers zur zusätzlichen Krankentagegeldversicherung, die den Zeitraum vom 1. bis zum 60. Krankheitstag abdeckt, als steuerpflichtiger Arbeitslohn in Deutschland behandelt werden sollten. Dies liegt daran, dass Sie ein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherung haben und die Prämienzahlungen als geldwerter Vorteil anzusehen sind, auch wenn sie die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ersetzen. Sollten jedoch weitere spezifische Details zu Ihrer Versicherungspolice und deren Struktur vorliegen, die eine andere rechtliche Bewertung ermöglichen, könnte dies Einfluss auf die steuerliche Behandlung haben.
Ich hoffe, diese ausführlichen Erläuterungen helfen Ihnen weiter und klären Ihre Frage umfassend. Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hannu Wegner, Steuerberater
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