Strafprozess wg. Bertug
Mai 16, 2011 | 50,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Per Ebay-Kleinanzeige wurde von einem besten Freund ein
I-phone zum Preis von 486 Euro versandt. Das Paket wurde mit
1,02 kg verschickt (DPD-Beleg vorhanden). Angekommen ist das
Paket mit 300g laut Aussage der Empfängerin (Nachricht per
E-mail liegt diesbezüglich vor). Paket wurde vom Nachbarn
angenommen (DPD-Beleg). Nun wird der beste Freund
vom Amtsgericht wegen Betrugs angeklagt. Ich würde der Em-
pfängerin den Schaden ersetzen, weil ein eventueller
Prozess die beginnende Berufskarriere zerstören könnte.
Ist mein Vorschlag gut und kann die Klägerin die Anzeige
wieder zurückziehen, wenn ich Sie mit finanziellem Ausgleich
dazu bewegen würde? Oder wäre das Durchstehen des Prozesses
besser? Leider wurde der Angeklagte bereits wg. Betrugs ver-
urteilt.
Danke für Ihre Auskunft
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Eine Strafanzeige wegen Betrugs kann nicht zurückgezogen werden. Zurückziehbar ist nur ein Strafantrag bei einem "Antragsdelikt". In diesem Fall handelt es sich jedoch um ein "Offizialdelikt", da der Gegenstandswert über 50,00 € liegt. Nur wenn er darunter läge, könnte der Betrug durch § 263 Absatz 4 StGB iVm. § 248a StGB zum Antragsdelikt werden. Die Strafanzeige führt bei einem bestehenden Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO) daher zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gegen die angezeigte Person und gegebenenfalls zur Anklage. Die Anzeige ist zur Strafverfolgung rechtlich aber nicht erforderlich, so dass eine Rücknahme der Anzeige das bereits eingeleitete Verfahren nicht beenden kann. Allerdings würde eine Rückzahlung im Prozess strafmildernd berücksichtigt werden.
Allerdings erscheint es nach Ihrer Schilderung fraglich, dass Ihrem Freund überhaupt ein Betrug nachgewiesen werden kann. Im Strafrecht gilt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. Da Ihr Freund nachweisen kann, dass das versendete Paket bei Versand deutlich mehr gewogen hat als bei Ankunft, rechtfertigt dies eher die Annahme, dass das iPhone während des Transports oder nach Übergabe durch den Nachbar aus dem Paket entfernt wurde. Wenn Ihr Freund das iPhone privat und nicht als gewerblicher Händler verkauft hat, dürfte selbst zivilrechtlich kein Anspruch gegen ihn bestehen, denn der Käufer trägt dann das sogenannte Versandrisiko, also das Risiko, dass die Ware auf dem Transportweg verloren geht. Insofern hätte Ihr Freund dann seine Pflicht mit der Übergabe an den DPD erfüllt. Wenn aber zivilrechtlich die Rückzahlungsansprüche der Käuferin schon zweifelhaft sind, wird Ihrem Freund kaum strafrechtlich ein Betrugsdelikt sicher nachzuweisen sein.
Bevor Sie das Geld zurückzahlen, sollte Ihr Freund daher einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt vor Ort mit der Angelegenheit beauftragen, der dann nach Akteneinsicht entsprechend beurteilen kann, was das für Ihren Freund günstigste weitere Vorgehen ist.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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