Akteneinsicht
Mai 17, 2011 | 30,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Morgen,
Eine kurze Rechtsberatung benötige ich von Ihnen!
Seid genau 11 Monaten laufen einige Verfahren gegen mich wegen des Verdacht der Bedrohung und des Betruges. Ich habe in dieser Angelegenheit eine Rechtsanwältin beauftragt, die Sich als Pflichtverteidigerin beigeordnet hat. Diese Rechtsanwältin hat Akteneinsicht in dieser Sache genommen und mir Mitgeteilt, dass es keinerlei Beweise gäbe. Alle Zeugen äußerten nur Vermutungen.
Nun habe ich meiner Anwältin noch mal Aufgefordert. Akteneinsicht zu nehmen und mir die Akten in Kopie zu Überreichen, weil ich möchte gerne Wissen, was mir genau Vorgeworfen wird. Meine Anwältin hat es Verneint, denn es wären über 10 Akten und eh keinerlei Beweise. Nun habe ich bei der Staatsanwaltschaft, Akteneinsicht beantragt nach § 147 Abs 4 StPO. Die Staatsanwaltschaft schrieb mir darauf folgendes..
eine Übersendung der Akten zur Aktenein sicht an Sie ist nicht möglich. Ihre Verteidigerin hatte bereits Akteneinsicht.
Nun benötige ich eine Rechtsberatung.
Was kann ich machen, um doch die Verfahrensakten in Kopie zu Erhalten? Meine Rechtsanwältin verneint immer wieder die Akteneinsicht und will mir auch keine Kopien anfertigen. Was kann ich noch machen?
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Das Gesetz sieht bei einem unverteidigten Beschuldigten ein Akteneinsichtsrecht vor, § 147 Absatz 7 StPO. Ist ein Verteidiger bestellt, benennt § 147 Absatz 4 StPO ein solches Recht für den Verteidiger.
Das Recht nach § 147 Absatz 7 StPO soll sich ausweislich des Wortlautes zwar nur auf den unverteidigten Beschuldigten beziehen. Man wird diese Beschränkung im Hinblick darauf, dass der Beschuldigte über seinen Verteidiger die Möglichkeit hat, den Inhalt der Akten zur angemessenen Vorbereitung seiner Verteidigung zu nutzen, prinzipiell akzeptieren müssen. Eine solche gesetzliche Regelung ist zumindest mit dem Recht auf Verteidigung nach Art. 6 III b EMRK vereinbar. Jedoch sind auch hier Fälle denkbar, in denen es im Hinblick auf eine effektive Verteidigung gerade geboten ist, auch dem verteidigten Beschuldigten die Einsicht neben dem Verteidiger zu gestatten: So wird man einen solchen Anspruch immer dann annehmen müssen, wenn der Beschuldigte auf Grund seines Kenntnisstandes und des Umfanges des Verfahrens besser als seine Verteidiger in der Lage ist, die Akten zu verstehen und mit deren Kenntnis eine effektivere Verteidigung vorzubereiten.
Sie sollten Ihre Anwältin daher zunächst schriftlich auffordern, Ihnen Einblick in die Akten zu gewähren. Für den Fall einer erneuten Weigerung sollten Sie eine schriftliche Begründung der Anwältin erbitten, um diese der Staatsanwaltschaft vorlegen zu können.
Diese schriftliche Bestätigung der Einsichtsverweigerung können Sie dann an die Staatsanwaltschaft schicken und erneut um Akteneinsicht unter Berufung auf § 147 Absatz 7 StPO bitten. Hierbei sollten Sie sich auf Ihr Recht auf Selbstverteidigung berufen (Art. 6 III b EMRK, siehe z.B. EGMR Nr. 46221/99 - Urteil v. 13. März 2003) und darlegen, dass eine eigene Akteneinsicht für eine effektive Verteidigung notwendig ist.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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