Ansprüche bei Mandatskündigung ohne vertragswidriges Verhalten des Mandanten
Hintergrund:
Ein Rechtsanwalt wird von der Rechtschutz-Versicherung zur außergerichtlichen Vertretung beauftragt. Der Mandant/Kunde wollte gleich gerichtlich geltend machen, da er seit Monaten bereits außergerichtlichen Schriftverkehr mit der Gegenseite führte, ohne dass dieser eine zielführende Einigung brachte.
Bereits bei der außergerichtlichen Vertretung kam es zu Friktionen dahingehend, dass der Anwalt wichtige und dringliche Dokumente (bspw. Gutachten) und Schriftwechsel erst nach Tagen/Wochen (bspw. 12 Tage) an den Mandaten weitergereicht hat. Auch ein informelles Gespräch half trotz Zusage auf Besserung nichts.
Für die Klageschrift wurden dann drei vom Anwalt selbst definierte Stichtage nicht eingehalten, am Ende ohne Nennung von Gründen, so dass der Mandant ein Schreiben an die Partner der PartGmbh mit zwei Wochen Fristsetzung für die Lieferung der Klageschrift sandte (insgesamt über 6 Wochen Zeit ab finaler, außergerichtlicher Ablehnung der Gegenseite). Daraufhin kündigte der Rechtanwalt das Mandat wegen unwiederbringlicher Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.
Kostenseitig verzichtet der Anwalt nun anscheinend auf die Geltendmachung der gerichtlichen Gebühren, verlangt aber die gesamte Geschäftsgebühr, die zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des neuen Anwalts anzurechnen ist. Der Mandant müsste diese Kosten tragen, da die Rechtschutz-Versicherung die Kosten nicht tragen will (obwohl sie auf das außergerichtliche Verfahren bestanden hat, welches keinen Mehrwert geliefert hat, außer Zeitverzögerung und Kosten) und auch keine Deckungszusage gegen den „alten“ Anwalt erteilen möchte.
Bzgl. des Vergütungsanspruchs sei auf folgende Urteile verwiesen: BGH-Urteil NJW 82, 437; OLG Rostock MDR 09, 59. Soweit für die Tätigkeit des neuen Anwalts Gebühren anfallen, ist ein Vergütungsanspruch des ersten Anwalts ausgeschlossen, ohne dass es einer Aufrechnungserklärung des Mandanten bedarf. Der erste Anwalt kann also nur noch diejenigen Gebühren verlangen, die für die Tätigkeit seines Nachfolgers nicht anfallen. Ich verweise zudem auf das Urteil des OLG vom 15.09.2009, 4 U 192/07 – Beschwerde beim Seniorpartner, Schadensersatzansprüche.
Fragen:
• Wie ist die Rechtslage zu beurteilen? Hat der vorige Anwalt Anspruch auf die halbe Geschäftsgebühr und/oder die Gerichtsgebühren, da er ohne vertragswidriges Verhalten des Mandanten gekündigt hat?
• Wie wirkt sich der Umstand auf die Rechtslage aus, dass die Rechtschutz-Versicherung auf das (sinnlose) außergerichtliche Verfahren bestanden hat?
• Wie ist die Weigerung der Rechtschutz-Versicherung auf Deckungszusage gegen den bisherigen Anwalt wegen der Kostenrechnung zu werten?