6 Wochen Frist zur Ausschlagung des Erbes verpasst. Bin überschuldet und plane zukünftiges Insolvenzverfahren.
Juni 7, 2022 | 40,00 EUR | beantwortet von Bernhard Müller
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 7. April 2022 ist meine Mutter verstorben.
Ich (Harz 4 Empfänger) bin überschuldet und habe ein P-Konto. Außerdem liegen bereits gerichtliche Pfändungsforderungen gegen dieses Konto vor.
Die Schulden betragen ca. 100 Tausend Euro. Und ich hoffe in einem Vergleich, mit den 10 Gläubigern, mit einer Einmalzahlung von 10-30 % aus der Sache heraus zu kommen.
Die Alternativen sind das private Insolvenzverfahren oder sogar die Auswanderung ins Ausland (Schweiz oder Kanada).
Mein Hauptanliegen ist das Folgende:
Ich soll etwas über 100 Tausend Euro erben. Selbstredend möchte ich davon so viel wie möglich behalten und nicht an meine Gläubiger abtreten müssen. Die Miterben (Vater und Schwester) würden mir meinen Anteil, nach einem Vergleich oder Insolvenzverfahren, zu kommen lassen.
Im Falle einer Erbschaft gilt die 6-Wochen-Frist innerhalb derer ein Erbe ausgeschlagen werden kann. Andernfalls gilt es als angenommen.
Von dieser Frist habe ich erst vor ein paar Tagen Kenntnis erlangt. Mein Anwalt ist noch eine Woche im Urlaub und nicht erreichbar! Auch sein Büro kann mir keine qualifizierte Antwort bezüglich meines Versäumens der Frist geben.
Ich bin in Panik.
Eine Erbschaft, zum jetzigen Zeitpunkt, wäre im Prinzip ein Totalverlust von 100 Tausend Euro.
Gilt die Unkenntnis der 6 wöchigen Frist als ausreichender Grund zur Anfechtung ?
Wie gehe ich am besten vor um das Erbe auszuschlagen. Und ist das überhaupt noch möglich ?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Fragesteller,
wenn Sie seit mehr als 6 Wochen vom Tod Ihrer Mutter wissen, ist der Versuch Ihre Gläubiger zu betrügen gescheitert.
Auch ohne Fristversäumnis würde gelten, wenn Sie ausschlagen, steht das Geld nicht Ihnen sondern den anderen Erben (Vater und Schwester) zu. Es gibt dann nicht "ihren" Anteil, der Ihnen nach einem Vergleich oder Insolvenzverfahren zukommen lassen werden kann.
Sollte es zwischen Ihnen auf der einen Seite und Ihrem Vater und Ihrer Schwester auf der anderen Seite eine, wie auch immer geartete Vereinbarung geben, wonach Sie eine Forderung über 100.000 Euro gegen diese haben, dann währen Sie verpflichtet, den Insolvenzverwalter über die Forderung zu informieren, die Sie gegen Ihren Vater und Ihre Schwester haben.
Vorsichtshalber mache ich auf § 283 Absatz 1 Nr. 1 StGB aufmerksam:
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit
1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
Für Ihre Komplizen in der Verwandtschaft (Vater und Schwester) noch ein Blick in § 27 StGB
1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidrigen Tat Hilfe geleistet hat.
2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Anwalt nach seinem Urlaub bereit sein wird, Beihilfe zu einem strafbaren Bankrott zu leisten.
Die Lösung ist ganz einfach. Sie haben 100.000 Euro Schulden und durch die Erbschaft 100.000 Euro bekommen. Mit Ihrem Anteil kommen Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen nach. Wenn die Gläubiger befriedigt sind, wird hoffentlich niemand nachforschen, wieso er einem Harz 4 Empfänger soviel Geld geliehen hat, ob da eventuell bereits bei der Aufnahme der Schulden falsche Angaben zu den Einkommens-, oder Vermögensverhältnissen gemacht wurden, was dann nach § 263 StGB auch mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden würde.
Um bei einem Vergleich eine Einmalzahlung von 10 - 30% leisten zu können, brauchen Sie ein Vermögen von 10.000 Euro bis 30.000 Euro. Wenn Sie über ein solches Vermögen verfügen können, sind Sie selbstverständlich verpflichtet, dies dem Jobcenter mitzuteilen. Auch hier könnte es strafbar sein, diese Mitteilung zu "vergessen".
Mit freundlichen Grüßen
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