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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Ausländerrecht

Aufenthalt zu Studienzwecken in der Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 9.November 2009 erhielt ich von der Ausländerbehörde Gießen folgendes Schreiben:

Ausländerrecht;
Ihr Aufenthalt zu Studienzwecken in der Bundesrepublik Deutschland
Anhörung gem. §28 Hessisches Verwaltungsverfahrengesetz (HVwVfG)

Sehr geehrter…..,
ich beabsichtige, Ihren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken vom 09.04.2009 gem. § 16 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) abzulehnen und Sie zur Ausreise aufzufordern.
Begründung:
Am 24.02.2005 sind Sie zum Zweck des Studiums in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zu diesem und zum Zweck eines Sprachkurses wurden Ihnen ab 07.04.2005 die Aufenthaltserlaubnisse regelmäßig bis zum 06.04.2009 verlängert.
Nach den vorgelegten Studienbescheinigungen hatten Sie sich an der Universität Würzburg ab dem Sommersemester 2007 für den Studiengang Informatik ( Diplom ) eingeschrieben. Mit Datum vom 15.03.2009 sind Sie nach Gießen umgezogen und haben sich an der Fachhochschule Gießen-Friedberg zum Sommersemester 2009 für den Studiengang Informatik (Bachelor) eingeschrieben. Diesen Wechsel haben Sie nach dem vierten Fachsemester vorgenommen. Ihre bisherigen Leistungen Ihres vorherigen Studiums wurden nicht anerkannt, sodass Sie für das erste Fachsemester zugelassen wurden. Aufgrund der bisherigen Studienleistungen wurde die Fachhochschule Gießen-Friedberg gebeten, eine Stellungnahme abzugeben. Daraus geht hervor, dass Sie im Sommersemester 2009 einen Leistungsnachweis erbracht haben.
Gemäß § 16 AufenthG darf eine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck nicht erteilt oder verlängert werden. Bei einem Wechsel der Hochschulart liegt grundsätzlich ein Wechsel des Aufenthaltszwecks vor.
Der Aufenthaltszweck wird bei einem Wechsel der Hochschule innerhalb des selben Studienganges in den ersten 18 Monaten nach Beginn des Studiums nicht berührt. Ein späterer Wechsel ist nur dann möglich, wenn sich die Studienzeit nicht um mehr als 18 Monate verlängert. Nach der Studienbescheinigung der Fachhochschule Gießen-Friedberg wurden Sie für das erste Fachsemester zugelassen. Den Wechsel haben Sie nach dem vierten Fachsemester im Studiengang Informatik an der Universität Würzburg vorgenommen. Nach dem Notenspiegel der Universität Würzburg vom 17.03.2009 haben Sie keine Prüfung mit Erfolg abgeschlossen. Die vorherigen Leistungen Ihres vorherigen Studiums wurden nicht anerkannt. Weiterhin haben Sie im ersten Fachsemester einen Leistungsnachweis erbracht. Die Studienzeit wird sich somit über die vorgeschriebenen 18 Monate verlängern. Der Studienfachwechsel hätte deshalb nicht erfolgen dürfen.



Ich bin israelischer Staatsbürger und habe im Jahre 2005 mein Sprachkurs gemacht und anschließend im Jahre 2007 mein Informatikstudium an der Universität begonnen, da zum damaligen Zeitpunkt ein Studium an einer Fachhochschule in Israel noch nicht anerkannt wurde.Da nun aber ein Fachhochschulstudium auch in Israel anerkannt wird entschied ich mich für ein Wechsel an eine Fachhochschule und bewarb mich daraufhin mit Erfolg an der Fachhochschule Gießen, an der ich nun seit dem Sommersemester diesen Jahres studiere.
Nun droht mir eine Abschiebung,obwohl ich einen Leistungsnachweis erbracht habe. Ich stand bis jetzt immer zuverlässig in Kontakt mit der Ausländerbehörde.Dort meinte man ständig zu mir, mir fehlen noch die verschiedensten Unterlagen, wie Wohnbescheinigung,etc. Ich erbrachte jegliche Erweise umgehend aber man verlangte immer Neue von mir.
Nun kam dieses Schreiben und ich bin mir unsicher wie ich darauf antworten soll.
Deshalb bitte ich Sie für mich auf dieses Schreiben zu antworten oder mir zumindest dabei zu helfen bzw. mir allgemein zu helfen und mir zu sagen, was ich jetzt tun soll.

Vielen Dank

Dr. Dr. Danjel-Philippe Newerla

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage!

Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts zu Ihren Fragen wie folgt Stellung nehmen:

Sie sollten im Rahmen dieses Anhörungsverfahrens unbedingt Stellung zu der Rechtsausführung der Behörde nehmen.

Im Kern stützt die Behörde ihre Entscheidung auf § 16 Aufenthaltsgesetz und zwar auf den Aufenthaltszweck.

Die Behörde argumentiert, dass aufgrund des Wechsels des Studienortes eine Änderung des Aufenthaltszweckes eingetreten ist, die von der ursprünglich erteilten Erlaubnis zum Verbleib in der BRD nicht gedeckt sei.

Dies sehe ich etwas anders und Sie sollten in Ihrem Schreiben an die Behörde auch dementsprechend argumentieren.

Nachfolgend habe ich Ihnen zunächst die maßgebliche gesetzliche Bestimmung, auf welche sich die Behörde bei ihrer (zunächst lediglich angekündigten) Entscheidung beruft, damit Sie meine Ausführungen besser nachvollziehen können. Bitte lesen Sie sich diese Vorschrift, insbesondere den Absatz 1 zunächst sorgfältig durch.

§ 16 Aufenthaltsgesetz

Studium; Sprachkurse; Schulbesuch

(1) Einem Ausländer kann zum Zweck des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Der Aufenthaltszweck des Studiums umfasst auch studienvorbereitende Sprachkurse sowie den Besuch eines Studienkollegs (studienvorbereitende Maßnahmen). Die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden ist; eine bedingte Zulassung ist ausreichend. Ein Nachweis von Kenntnissen in der Ausbildungssprache wird nicht verlangt, wenn die Sprachkenntnisse bei der Zulassungsentscheidung bereits berücksichtigt worden sind oder durch studienvorbereitende Maßnahmen erworben werden sollen. Die Geltungsdauer bei der Ersterteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für ein Studium beträgt mindestens ein Jahr und soll bei Studium und studienvorbereitenden Maßnahmen zwei Jahre nicht überschreiten; sie kann verlängert werden, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann.
(1a) Einem Ausländer kann auch zum Zweck der Studienbewerbung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Der Aufenthalt als Studienbewerber darf höchstens neun Monate betragen.
(2) Während des Aufenthalts nach Absatz 1 soll in der Regel keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt oder verlängert werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht. § 9 findet keine Anwendung.
(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 90 Tage oder 180 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeiten. Dies gilt nicht während des Aufenthalts zu studienvorbereitenden Maßnahmen im ersten Jahr des Aufenthalts, ausgenommen in der Ferienzeit und bei einem Aufenthalt nach Absatz 1a.
(4) Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kann die Aufenthaltserlaubnis bis zu einem Jahr zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes, sofern er nach den Bestimmungen der §§ 18, 19 und 21 von Ausländern besetzt werden darf, verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend. § 9 findet keine Anwendung.
(5) Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, und in Ausnahmefällen für den Schulbesuch erteilt werden. Absatz 2 gilt entsprechend.
(6) Einem Ausländer, dem von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums erteilt wurde, der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst (ABl. EU Nr. L 375 S. 12) fällt, wird eine Aufenthaltserlaubnis zum gleichen Zweck erteilt, wenn er
1.
einen Teil seines Studiums an einer Ausbildungseinrichtung im Bundesgebiet durchführen möchte, weil er im Rahmen seines Studienprogramms verpflichtet ist, einen Teil seines Studiums an einer Bildungseinrichtung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union durchzuführen oder
2.
die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt und einen Teil eines von ihm in dem anderen Mitgliedstaat bereits begonnenen Studiums im Bundesgebiet fortführen oder durch ein Studium im Bundesgebiet ergänzen möchte und
a)
an einem Austauschprogramm zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder an einem Austauschprogramm der Europäischen Union teilnimmt oder
b)
in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Dauer von mindestens zwei Jahren zum Studium zugelassen worden ist.

Ein Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach Satz 1 Nr. 2 beantragt, hat der zuständigen Behörde Unterlagen zu seiner akademischen Vorbildung und zum beabsichtigten Studium in Deutschland vorzulegen, die die Fortführung oder Ergänzung des bisherigen Studiums durch das Studium im Bundesgebiet belegen. § 9 ist nicht anzuwenden.
(7) Sofern der Ausländer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen die zur Personensorge berechtigten Personen dem geplanten Aufenthalt zustimmen.


Wie Sie dem Abs. 1 entnehmen können, geht es um eine Aufenthaltserlaubnis „zum Zweck des Studiums“.

Demnach dürfte die Erlaubnis grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn diese zum Zwecke des Studiums dient. Und genau das ist bei Ihnen ja der Fall. Sie beantragen nach wie vor die Verlängerung zum Zwecke des Studiums und nicht etwa zum Zwecke der Erwerbstätigkeit oder dergleichen.

Der Wechsel von einer Hochschule an eine andere insbesondere unter Beibehaltung der Fachrichtung berührt diesen Zweck nicht.

Zudem regelt § 16 Abs.1 (am Ende) , dass sie (also die Erlaubnis) verlängert werden kann, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann. Dass dies bei Ihnen nicht der Fall ist, hat die Behörde meines Erachtens nicht hinreichend dargelegt.

Daher rate ich Ihnen zu folgendem Vorgehen. Sie sollten wie eben ausgeführt Stellung nehmen. Sofern auf Ihren Verlängerungsantrag ein ablehnender Bescheid ergeht bzw. verbunden mit einer Ausweisungsverfügung sollten Sie hiergegen Widerspruch einlegen.

Sollte der Widerspruch negativ ausfallen (hier müsste man dann schauen, welche Argumente die Widerspruchsbehörde anführt), hätten Sie noch die Möglichkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Sobald Sie einen ablehnenden Bescheid in der Hand halten, sollten Sie einen im Ausländerrecht erfahrenen Kollegen vor Ort mit der Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen beauftragen.




Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.

So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine
völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können mich natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.


Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Samstagnachmittag und ein erholsames Wochenende!


Mit freundlichem Gruß

Dipl.-Jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt

Heilsbergerstr. 16
27580 Bremerhaven
kanzlei.newerla@web.de
Tel. 0471/3088132

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Dr. Dr. Danjel-Philippe Newerla

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