Volkmannsche Kontraktur
Februar 19, 2012 | 30,00 EUR | beantwortet von Dr. med. Ive Dr. Schaaf
Vor 8 Monaten hatte meine Grossmutter in Russland,73, nach einer Thrombose, leider einen zu engen Verband an der Hand bekommen, der dann eine Kontraktur ausgelöst hat. Diese wurde leider nicht entdeckt und das Ganze endete in einer Volkmannschen Kontraktur. Sie kann mit der Hand nur sehr schlecht greifen. Die Fingerspitzen haben kein Gefühl, es besteht ein stark störende Kälte und metallartiges Gefühl an der Hand. Sie hat tagsüber Schmerzen und nachts macht sie eine Krallenhand und hat dabei keine Schmerzen. Sie hat Massagen und Krankengymnastik für ca. 6 Wochen gemacht. Das hat einen gewissen Fortschritt gegenüber dem Anfangsstadium gebracht.
Seitdem macht sie täglich FingerÜbungen, die aber keinen Effekt zu haben scheinen. Die Hand ist mittlerweile dünner geworden, es sind aber keine Fortschritte mehr festzustellen.
Meine Fragen:
1) Es ist sinnvoll eine Operation zu machen ? Wie sind die Erfolgschancen ?
z.B. habe ich diesen Link gefunden, der aber von 1998 ist
http://www.handmikrochirurgie.com/de/pdf/gracilis_transplantation.pdf
2) Welche Art von Operationen gibt es mittlerweile, vielleicht bessere ?
3) Braucht man spezielle Zentren oder können es die meisten Krankenhäuser (ich spreche von Deutschland) ?
4) Gibt es sonstige konservative Methoden, die Erfolg versprechen ?
Guten Abend,
leider gibt es keine wirklich guten Nachrichten für Sie bzw. Ihre Großmutter.
Da die akute Problemsituation mit großen Schmerzen einhergeht, gibt es wenige solche Fälle, die spätere Diagnose wird als Überbegriff verwendet, hinter der sich individuell unterschiedliche Veränderungen verbergen und die Behandlung orientiert sich an dem vorherrschenden Symptomen, ohne dass generelle Ratschläge möglich sind.
Die sensiblen Störungen - Kältegefühl etc. erholen sich oft recht gut innerhalb eines Zeitfensters von etwa einem Jahr, danach ist in der Regel Stillstand. Nachdem erst 8 Monate vergangen sind, kann sich hier noch eine Besserung ergeben. Diese resultiert aus der Erholungsfähigkeit des Nerven, die sich nicht wirklich beeinflussen lässt. Allenfalls kann man auf ausreichende Zufuhr von Vitamin B Komplex achten, da dieser für die Nervenfunktion notwendig sind.
Gegen die Krallenhand in der Nacht ist das Tragen einer Schiene in Streckstellung durchaus sinnvoll, damit sich die kollagenen Fasern, die über Tag erfolgreich gedehnt wurden (durch die Benutzung der Hand) über Nacht nicht regelmäßig wieder zusammen ziehen.
Medikamentös ist die Gabe von Schmerzmitteln sinnvoll, so lange sie vom Magen her vertragen werden. Dabei geht es weniger um eine Schmerztherapie als um die antientzündliche Komponente, die die Reizung im betroffenen Gewebe positiv beeinflussen kann.
Krankengymnastik macht Sinn und sollte fortgeführt werden - aktiv und passiv, aber immer behutsam. Massage und Lymphdrainage können ergänzend sehr wohltuend und hilfreich sein.
Eine Op kommt nur selten in Frage, auf jeden Fall erst nach Ausschöpfung der konservativen Maßnahmen, tendenziell erst nach einem Jahr und erst wenn sich abzeichnet, dass die konservative Therapie nicht zu einem Ergebnis führen wird, mit dem der Alltag gemeistert werden kann. Die OP kann nur zu einer Funktionsverbesserung führen, die Nervenprobleme sind tendenziell eher nicht zu beeinflussen, es sei denn, dass sich intraoperativ zeigt, dass Nervenfasern eingeengt sind. Sie freizulegen kann dann Linderung schaffen.
Als Operateur würde ich eine erfahrene Handchirurgie wählen, tendenziell würde ich schauen, wo ein "alter Operateur" sitzt, denn anzunehmenderweise könnte der die meiste Erfahrung haben. Wirklich viele Fälle wird vermutlich niemand behandelt haben, aus oben genannten Gründen. Nur der Operateur wird Ihnen annäherungsweise die Erfolgsaussichten einschätzen können.
Das wird er präoperativ auch tun, denn der Eingriff wird nur zu einer Verbesserung führen können und ist mit einem Risiko verbunden, das man abwägen muss.
Persönlich würde ich in der Unfallklinik Murnau nachfragen bzw. die Oma dort vorstellen, da dort relativ viele "Komplikationen" bzw komplizierte Verläufe sowohl operativ als auch rehabilitativ behandelt werden. Dass beides angeboten wird, bietet eine besonnenere Basis für eine eventuelle OP-Entscheidung. Sicher gibt es etwas Analoges auch weiter im Norden oder Osten, aber "hier unten" ich kenne nur diese Adresse.
Möchten Sie noch etwas nachfragen?
Wenn ich kann, helf ich gern.
MfG
Dr. Ive Schaaf
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