Vorhofflimmern-Papst in Deutschland/Europa gesucht
September 7, 2011 | 15,00 EUR | beantwortet von Dr. med. Ralf Berg
Seit etwa vier Jahren habe ich Vorhofflimmern, das von Anfang an von einem guten Kardiologen behandelt wurde.
Ursprünglich war es wegen einer Schilddrüsenüberfunktion zum Vorhofflimmern gekommen. Die Schilddrüsenüberfunktion wurde zwischenzeitlich erfolgreich behandelt (radioaktiv). Dennoch kommt es immer weiterhin immer wieder zu den genannten Herzrhythmusstörungen bzw. zum Vorhofflimmern.
Zur Zeit nehme ich Medikamente entsprechend ärztlicher Anordnung (tägl. je 1/2 Tablette Acetylsalicylsäure 100mg, Concor COR 2,5mg und Tambocor 100mg)
Wie ich gelernt habe, kann das Vorhofflimmern, außer der medikamentösen Behandlung, unter anderem durch eine sogenannte Katheder-Ablation oder eine endoskopische Ablation operativ und mit unterschiedlicher Erfolgsaussicht behoben werden.
Mein Kardiologe hat mir u. a. angesichts meines "jungen" Alters und Zustandes zum "invasiveren" dieser beiden Verfahren geraten, das seit ein paar Jahren in einer Stuttgarter Klinik erfolgreich ausgeführt wird. Ich bin vollkommen überzeugt, daß dieses Vorgehen auch bei mir zum Erfolg führt, zumal die ausführende Klinik sehr seriös ist und die Erfolgsquote angeblich bei über 80% liegt - allerdings zum Preis eines relativ "größeren" Eingriffs.
Um mir eine zweite Meinung zur Therapie einzuholen, war ich in einer Universitätsklinik, um mich untersuchen zu lassen (Befund siehe Anhang; bitte vertraulich und diskret behandeln). Die Universitätsklinik praktiziert allerdings die weit weniger invasive Katheder-Ablation. Dieses Verfahren ist schonender, hat aber dafür eine weitaus kleinere Erfolgsquote und angeblich ein etwas höheres Risiko als die erstgenannte Therapie. Nun hat mir die Universitätsklinik natürlich zu "ihrem" Verfahren, der Katheder-Ablation, geraten.
Hinzu kommt, daß ich stark vermute, daß durch eine konsequent veränderte Lebensweise das Vorhofflimmern ebenfalls dauerhaft geheilt werden kann. Falls das medizinisch denkbar ist, würde ich meine Lebensweise entsprechend konsequent ändern. Die Frage ist, ob diese Vermutung aus medizinischer Sicht überhaupt möglich oder nur eine "Laienvermutung" ist?
Bis jetzt läßt sich kein Arzt läßt auf eine Diskussion über die Problematik ein. Jeder will "seines" verkaufen, zumal ich auch noch privat versichert bin.
Dabei wäre gerade jetzt eine klare und fundierte Aussage eines neutralen Sachverständigen extrem wichtig, damit ich auf solider Basis entscheiden kann.
Aus diesem Grund interessiert mich die neutrale Meinung eines ausgewiesenen, erfahrenen Spezialisten.
Wie denken Sie über die oben genannten Therapiewege?
Können Sie mir bitte eine Koryphäe im Therapieren von Vorhofflimmern, sozusagen den "Vorhofflimmern-Papst" in Deutschland bzw. Europa, nennen?
Vielen Dank und freundliche Grüße
sehr geehrter herr K.
Sie haben schon recht, wie es Prof. Grönemeyer (Neurochirurg, Brüder des bek. Sängers) auf einem Vortrag einmal formulierte: Der Patient, der direkt zum Facharzt geht, hat sich im Grunde genommen schon für eine Krankheit entschieden. Ein Satz eines meiner ärztlichen Kollegen, von dem ich viel gelernt habe, hat sich mir auch eingegraben:
Er sagte: Merke dir, der Allgemeinarzt ist der Pflichtverteidiger des Patienten gegenüber den Ansprüchen der Fachärzte.
Nun so schlimm ist es in Wirklichkeit auch wieder nicht. Sie haben sich ja schon über die verschiedenen Wege: 1 medikamentös oder 2. operativ 2a als Katheter-Ablation oder 2b als endoskopische Katheterablation informiert.
Nun zu ihren Fragen:
1. Kann man durch eine andere Lebensweise das Auftreten von paroxsymalem Vorhofflimmern beeinflussen?
Antwort: Eher nicht in Ihrem Falle schon gar nicht.
In dem Befund der Uni Heidelberg kann man sehr gut begründet lesen, dass bei Ihnen trotz der Flimmerepisoden weder eine Organische, noch eine strukturelle Veränderung am Herzen nachgewiesen werden kann. D.h. der Vorhof ist weder vergrößert noch finden sich pathologische Werte bei der Kontraktion, die Herzfunktion ist gut.
Die zweite Ursache für VHFli können falsch "verdrahtete" Erregungszentren um die Pulmonalvenen sein, die dem eigentlichen Schrittmacher dem Sinusknoten der sich in der Vorhofwand befindet, das Heft aus der Hand nehmen.
Hiermit kommen wir zur Frage 2 Mit welcher Methode soll ich meine Krankheit behandeln? Zunächst gibt es den konservativen medikamentösen Behandlundsansatz: Man gibt Substanzen und dosiert diese solange auf, bis die elektrische Aktivität so weit gebremst ist, dass diese Palpitationen nicht oder nur noch selten auftreten.
Ganz ohne Risiko ist diese Therapie auch nicht, da wir wissen, dass im Einzelfall auch schlimmere Herzrhytmusstörungen durch die Maßnahme ausgelöst werden können. Das operative Risiko entfällt natürlich bei dieser
Variante.
Ich weiss nicht wie ausführlich man Ihnen die Art des operativen Eingriffs schon erklärt hat. Damit keine Mißverständnisse aufkommen, erläutere ich Ihnen nochmals kurz Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Methoden.
Die klassische Kathederablation ist die ältere der Methoden. Ohne direkte Sicht wird ein Katheter Meist über die Leistenarterie in den linken Vorhof vorgeschoben. Dort werden systematisch Arreale elektrisch gereizt bis man im Idealfall das VHFli auslösen kann. Dann wird um dieses Areal mit Strom das Gewebe isoliert indem man eine Narbe um dieses Areal setzt und so eine elektrische Isolation vom restlichen Herzmuskelgewebe schafft. Da man weiß dass die meisten "falschen Schrittmacher" um den Mündungsbereich der Pulmonalvenen angesiedelt sind spricht man von der Pulmonalvenenisolation. Der wesentliche Unterschied zwischen der endoskopischen Methode besteht darin, dass dazu zusätzlich eine Optik einführt und das Ergebnis kontrollieren kann, und ggf. an einigen Stellen nochmals "nachbrennen" kann. Daher dort die höhere Erfolgsquote.
3 Frage was tun?
Da bei Ihnen wegen des Fehlens von orgnischen ursachen die Wahrscheinlichkeit doch hoch ist, dass es eine elektische "Fehlschaltung" ist und sie durch das Herzrasen gestört sind, würde ich doch für die Ablation plädieren.
Da die endoskopische Methode reativ neu ist und die Uni freiburg auch nur die klass. Ablation durchführt, kann ich Ihnen dazu nicht so viel sagen. Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung, daher gibt es viele Zentren.
Einen "Pabst" gibt es m. E. nicht aber viele Bischöfe, von denen ich Ihnen zwei nennen möchte. Zum einen Prof. Meinertz UKE Eppendorf in Hamburg, der auch persönliche Erfahrungen mit dieser Krankheit hat, zum anderen Prof. Götte in Münster, der das Kompetenznetz Vorhofflimmern mit initiiert hat und leitet. (Uni Münster)
Ich hoffe Sie können mit meinen Informationen etwas anfangen und zu einer für Sie richtigen Entscheidung kommen.
Mit freundlichen Grüßen Dr. R. Berg
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