Abflussprinzip bei Gebäudeversicherung für 2 Jahre
Februar 27, 2024 | 40,00 EUR | beantwortet von Steffan Schwerin
Guten Tag,
in unserer Nebenkostenabrechnung für 2021 hat uns sehr irritiert, dass für die Gebäudeversicherung der doppelte Beitrag geltend gemacht wurde. Auf umgehende Nachfrage nach Eingang der NK-Abrechnung Ende 2022 hat der Vermieter das jetzt damit begründet, dass er in 2021 die Rechnungen für die Gebäudeversicherung für einen Zeitraum von insgesamt 24 Monaten bezahlt hat (Rechnung 1 für 19.11.2020 – 18.11.2021 sowie Rechnung 2 für den Zeitraum 19.11.2021 – 18.11.2022). Ich verstehe, dass bei der Gebäudeversicherung nach dem Abflussprinzip die Rechnungen prinzipiell in dem Jahr umgelegt werden dürfen, in dem sie dem Vermieter zugehen. Gilt das aber tatsächlich auch, wenn die Dauer des Leistungszeitraums dem doppelten Abrechnungszeitraum entspricht, und das bei einem so planbaren Posten? Zudem macht die Gebäudeversicherung auf diese Weise ganze 30% der Nebenkosten aus, man kann hier also von keinem kleinen Posten sprechen, wo der bürokratische Aufwand für den Vermieter unverhältnismäßig hoch wäre wenn er die Kosten entsprechend der Abrechnungszeiträume aufteilt.
Zu den Thema habe ich widersprüchliche Urteile gefunden: Kosten sollen auf Abrechnungszeiträume aufgeteilt werden (AG Hagen, DWW 1990, 211), Aufteilung ist aufgrund von bürokratischem Aufwand entbehrlich (Beyer GE 2003, 506 in Verbindung mit BGH NJW 2007, 1356).
Wie ist die Rechtslage in diesem Fall?
Danke und beste Grüße
Florian Denk
Sehr geehrter Kunde,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das von Ihnen angesprochene "Abflussprinzip" findet in der Praxis Anwendung, wonach Kosten in dem Jahr umgelegt werden können, in dem sie vom Vermieter tatsächlich bezahlt wurden. Dieses Prinzip soll die Nebenkostenabrechnung vereinfachen. Allerdings gibt es, wie Sie bereits festgestellt haben, unterschiedliche Rechtsprechungen hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit Kosten, die mehrere Abrechnungszeiträume betreffen, aufgeteilt werden müssen.
Das Amtsgericht Hagen (DWW 1990, 211) entschied in einem Fall, dass eine Aufteilung der Kosten auf die jeweiligen Abrechnungszeiträume erfolgen muss, um eine gerechte und transparente Umlage zu gewährleisten. Dem gegenüber steht die Entscheidung, die den bürokratischen Aufwand einer solchen Aufteilung als entbehrlich ansieht, wenn dies zu einer unverhältnismäßigen Belastung für den Vermieter führen würde (Beyer GE 2003, 506 in Verbindung mit BGH NJW 2007, 1356). Jedoch ist zu beachten, dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung NJW 2007, 1356 grundsätzlich hohe Anforderungen an die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Nebenkostenabrechnungen stellt.
In Ihrem speziellen Fall, wo die Gebäudeversicherung 30% der Nebenkosten ausmacht und es sich um einen erheblichen Betrag handelt, könnte argumentiert werden, dass eine Aufteilung der Kosten entsprechend der tatsächlichen Leistungszeiträume der Gebäudeversicherung gerechter und im Sinne der Transparenz erforderlich ist. Insbesondere weil es sich bei der Gebäudeversicherung um einen planbaren und regelmäßig wiederkehrenden Kostenpunkt handelt, könnte die Zumutbarkeit einer solchen Aufteilung für den Vermieter angenommen werden.
Letztlich hängt die Beurteilung des Sachverhalts von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Ausgestaltung des Mietvertrags und der praktischen Handhabung der Nebenkostenabrechnung durch den Vermieter. Es könnte sinnvoll sein, den Vermieter erneut anzusprechen und auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken.
Wenn nach der Beantwortung noch Unklarheiten bestehen, fragen Sie gern nach.
Mit freundlichen Grüßen
Schwerin
Rechtsanwalt
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