Verkehrsunfall
Juni 30, 2009 | 45,00 EUR | beantwortet von Dr. Dr. Danjel-Philippe Newerla
Sehr geehrte Rechtsanwälte,
meinem Vater ist vor einer Woche ein Reh vor`s Auto gelaufen. Er ist ausgewichen und hat sich mehrfach auf einem Acker überschlagen. Es ist niemand sonst zu Schaden gekommen. Sein Auto landete auch wieder auf den "Füßen" und er ist unter Schock einfach nach Hause gefahren. Meine Mutter hat meinen Mann und mich sofort angerufen und gebeten vorbeizukommen. Zwischenzeitlich hat mein Vater (noch schockgeplagt) Bier getrunken. Wir haben beschlossen, die Polizei zu informieren. Die kamen, wollten den Unfall eigentlich gar nicht aufnehmen, weil außer mein Vater niemand beteiligt und es somit ein Fahrfehler war. Sie fragten dann nach Alkoholkonsum und ließen ihn pusten. Der Wert überstieg allerdings das eine Bier, dass er nach dem Unfall zu sich genommen hat. Sie nahmen ihn mit zur Wache, zwecks Blutentnahme. Der Führerschein wurde einbehalten (weiteres entscheidet der Richter). Leider gab es vor einigen Jahren schon mal ein 4-wöchiges Fahrverbot, wegen Alkohol am Steuer.
Meine Frage: Was sollen wir der Versicherung (Vollkasko) mitteilen? Der Schaden ist dort noch nicht bekannt. Oder sollen wir vorher einen Anwalt einschalten? Besteht überhaupt eine Chance, Geld von der Versicherung zu erhalten?
Die Polizei hat meinen Vater ja auch nicht beim Fahren unter Alkohol erwischt, sondern wurde von uns erst 2 Stunden später nach Hause gerufen. Es gibt keine Unfallzeugen. Wir hätten die Polizei eigentlich nicht benachrichtigen müssen (leider ein Fehler), die Versicherung hätte genügt.
Kann mein Vater seine Aussage, die er auf dem Polizeirevier unterschrieben hat, zurückziehen (unter Schock und Alkohol)?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts zu Ihren Fragen wie folgt Stellung nehmen:
In Ihrem Fall wird es wohl im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit Ihres Vaters wegen Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB (grundsätzlich ab 1,1 Promille, aber auch weniger, also ab 0,3 wenn besondere Ausfallerscheinungen dazu kommen, was im Falle eines Fahrfehlers von der Polizei/Staatsanwaltschaft auf jeden Fall angenommen wird) auf die Beweisbarkeit ankommen.
Geht die Polizei davon aus, was nach der aktuellen von Ihnen geschilderten Sachlage höchstwahrscheinlich ist, dass Ihr Vater bereits zum Unfallzeitpunkt die entsprechende Menge Alkohol im Blut hatte, dann wird er um ein verfahren wegen Trunkenheit am Steuer und entsprechende verkehrsrechtliche Konsequenzen (4 Punkte in Flensburg, Geldstrafe, Fahrverbot und MPU) voraussichtlich nicht herumkommen.
Ihr Vater müsste beweisen, dass er erst nach dem Unfall getrunken hat. Aber auch in diesem Fall wird die Polizei voraussichtlich zunächst von einer Ausrede ausgehen, da der sog. Nachtrunk, also die Alkoholzunahme nach einem Unfall bzw. alkoholbedingten Verkehrsdelikt eine der häufigsten Ausreden in der Praxis darstellt.
Eventuell kann über die Blutentnahmewerte rückgerechnet werden, ab welchem Zeitpunkt (unter Zuhilfenahme der Auswertung von Alkoholabbauprodukten) Ihr Vater wie viel getrunken haben musste, was eventuell entlastend (oder gegebenenfalls belastend) für Ihren Vater sein könnte, je nachdem, was diese Untersuchung tatsächlich zu Tage fördert.
Daher würde ich Ihnen dringend anraten, dass Ihr Vatereinen im Verkehrs- und Strafrecht erfahrenen Kollegen vor Ort mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt, da dieser insbesondere Akteneinsicht nehmen kann und so das genaue Ergebnis der Blutentnahme sowie der der Polizei vorliegenden Informationen auswerten kann.
Der Versicherung sollten Sie den Schaden zunächst melden, aber keine abschließende Stellungnahme dort abgeben, bis der Kollege die Ermittlungsakten ausgewertet hat.
Gegebenenfalls könnten Sie oder andere Zeugen ja noch bezeugen, dass Ihr Vater nach dem Unfall aus Schock getrunken hat und der Unfall somit nicht alkoholbedingt zustande gekommen ist.
Im Falle alkoholbedingten Unfalls wird die Einstandspflicht der Versicherung nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen nämlich regelmäßig ausscheiden.
Ein Geständnis bzw. eine Aussage kann theoretisch immer zurückgezogen werden, . Es wird aber eine Frage der Beweiswürdigung durch die Behörde sein, ob sie das, was gestanden wurde, nun als erwiesen annimmt oder nicht .
Die Argumentation, dass Ihr Vater unter Schock stand und deshalb gestanden bzw. ausgesagt hat, ist meines Erachtens tragfähig und nicht von vornherein von der Hand zu weisen, vor allem dann nicht, wenn es Zeugen für seinen damaligen Zustand gibt.
Bevor ein Schritt in diese Richtung angedacht wird, sollte aber unbedingt Rücksprache mit einem erfahrenen Rechtsanwalt vor Ort gehalten werden.
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.
So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben.
Sie können mich natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.
Auch stehe ich Ihnen sehr gerne für eine weitergehende Interessenvertretung zur Verfügung.
Den hier im Forum geleisteten Erstberatungsbetrag würde ich Ihnen im Fall einer Beauftragung in voller Höhe anrechnen.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Dienstagabend!
Mit freundlichem Gruß
Dipl.-jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt
Heilsbergerstr. 16
27580 Bremerhaven
kanzlei.newerla@web.de
Tel. 0471/3088132
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