Blutdruckmessung
November 6, 2011 | 10,00 EUR | beantwortet von Dr. med. Kathrin Hamann
Sehr geehrte Damen und Herren,
während eines Kuraufenthalts wurden uns schriftlich bei Blutdruckmessungen immer zwei in ca.2-minütigen Abständen durchgeführte Messungen empfohlen,wobei erst der zweite Messwert für die Diagnose"Bluthochdruck" von entscheidender Bedeutung sein soll.
Bitte um eine plausible Erklärung, aus welchen Gründen-wie in meinem Fall-der zweite Messwert regelmässig um einige Prozent unter dem ersten Messwert liegt,obwohl beide Messungen unter identischen Bedingungen stattfinden,und ob es deswegen den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht,dass in der Praxis,abgesehen vom sog.Weisskitteleffekt, der erste ,höhere Wert immer als Ausgangspunkt der Behandlung von Bluthochdruck betrachtet wird.
Mit freundlichem Gruss
Guten Tag,
Zur Aufrechterhaltung aller Funktionen im Körper wird ein konstanter und je nach Bedarf angepasster Blutfluss benötigt. Das Herz pumpt ständig Blut durch die Gefäße, um alle Zellen mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Der dafür benötigte Blutdruck entsteht durch die Pumpleistung des Herzens. Unter normalen Bedingungen schlägt das Herz etwa 70 mal pro Minute. Dabei spannt es sich an und erschlafft wieder.
Während der Anspannungsphase (Systole) wird das Blut in die Gefäße gepresst. Dies ist der hohe erste Wert.
Während der Erschlaffung (Diastole) füllt sich das Herz wieder mit Blut. Dieser niedrige zweite Wert wird zwischen den Anspannungsphasen gemessen.
Der normale, also physiologische Blutdruck liegt bei Werten um 120 / 80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule).
Der Blutdruck ist von vielen Faktoren abhängig und wird im Tagesverlauf von den einzelnen Alltagsaktivitäten bestimmt. Je nach Alter und Geschlecht variiert der Blutdruck bei gleicher Situation. Kinder haben im allgemeinen deutlich niedrigere Blutdruckwerte als Erwachsene. Und bei Männern sind die Blutdruckwerte im Durchschnitt höher als bei Frauen gleichen Alters und gleicher Konstitution.
Wer sich aufregt oder Angst hat, wird einen höheren Blutdruck haben, als in Ruhe.
Es werden 3 verschiedene Einflussbereiche unterschieden:
-Psychischer Bereich (Aufregung, Angst, Stress)
-Körperlicher Bereich (Anstrengung, Belastung, Leistungssport)
-Konstitutioneller Bereich (Alter, Geschlecht, Lebensweise)
Die Diagnose Bluthochdruck ist recht einfach gestellt. Wichtig ist, dass nicht nur einzelne erhöhte Werte als Referenz genommen werden. Nein, es müssen mindestens drei Messungen an drei verschiedenen Tagen vorgenommen werden. Wenn diese jeweils alle oberhalb des Normbereiches liegen, spricht man von einem Bluthochdruck.
Zufällig gemessene erhöhte Werte haben keine Aussagekraft. Da der Blutdruck individuellen Schwankungen unterliegt, abhängig von der Stimmungslage, den vorausgegangenen Aktivitäten und der Tageszeit.
Wenn jedoch stets zur gleichen Zeit, an aufeinanderfolgenden Tagen erhöhte Messwerte vorliegen, dann ist ein Bluthochdruck sehr wahrscheinlich.
Überall auf der Welt wird der Blutdruck in der gleichen Einheit gemessen:
Millimeter Quecksilbersäule (mmHg)
120 mmHg bedeutet, dass der Druck so stark ist, eine Quecksilbersäule (chemisches Zeichen für Quecksilber Hg) in einem geeichten Glasrohr 120 mm nach oben zu drücken.
Der Blutdruck wird weltweit in den zwei schon angesprochenen Werten (systolischer und diastolischer Wert) bestimmt, so können die jeweiligen Werte überall gut miteinander verglichen werden.
International einigte man sich darauf, dass der normale Blutdruck bis 140/90 mmHg geht. Sobald der Blutdruck jedoch in Ruhe diese Werte übersteigt spricht man von einem grenzwertigen Blutdruck. Ab Werten von 160/95mmHg, die Ruhe und wiederholt gemessen werden, spricht man von einem Bluthochdruck oder auch Hypertonie.
Das bedeutet im Einzelnen:
-normaler Blutdruck (Normotonie): unter 140/90mmHg
-grenzwertiger Blutdruck (Borderline): 140-160/ 90- 95mmHg
-Bluthochdruck (Hypertonie): über 160/95mmHg
In den meisten Fällen erfolgt zwar die Diagnose Bluthochdruck korrekt, doch dabei bleibt es dann meist. Die Betroffenen erhalten allenfalls noch ein oder zwei Risiken genannt, ein Rezept für ein blutdrucksenkendes Medikament und man verabschiedet sich.
Untersuchungen des statistischen Bundesamtes ergaben, dass nur 20 Prozent der Betroffenen Patienten ausreichende Informationen über den Bluthochdruck erhalten, und dass nur etwa die Hälfte davon gründlich nach auf mögliche Ursachen untersucht werden.
Diese Ursachenforschung dient dem Ausschluß einer sekundären Hypertonieform und somit zur Beurteilung möglicher Folgen des Hochdrucks. Anhand der Ursachen kann die gezielte Behandlung eingeleitet werden.
Folgende Untersuchungen zu möglichen Ursachen sollten erfolgen:
• Blutuntersuchung (Blutfette, Nieren-, Elektrolytwerte, Blutzucker)
• Urinuntersuchung (Eiweiß, Blut, pH Wert)
• Herz: EKG, evtl. Herzultraschall (Herzfunktionsveränderungen ?)
• Röntgen des Brustkorbes (Beurteilung der Herzgröße und Herzkonfiguration, Lungenveränderungen?)
• Ultraschall vom Bauchraum (Beurteilung der Nieren, der großen Gefäße, Leber und Lebervenen)
• Augenuntersuchung (Spiegelung des Augenhintergrundes zur Beurteilung der Gefäßveränderungen, Messung des Augeninnendruckes)?
• 24-Stunden-Blutdruckmessung (Erfassung der tageszeitlichen Blutdruckschwankung, sinkt der Blutdruck nachts entsprechend ab?)
Wenn sie nachts schnarchen und morgens unausgeschlafen sind, dann wäre eine HNO-ärztliche Untersuchung ratsam, mit dem Ziel nächtliche Atempausen aufzudecken. Diese können nachweislich einen hohen Blutdruck vor allem nachts fördern.
Ich hoffe, dass ich ihre Frage umfassend beantwortet habe.
Alles Gute
mit freundlichen Grüßen
Dr. K. Hamann
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