Inisidon / Opipramol
April 4, 2012 | 20,00 EUR | beantwortet von Dr. med. Hendrik Bernau
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit Ende letzten Jahres bin ich incl. einer Reha-Maßnahme
arbeitsunfähig. Diagnose: leichte depressive Episode.
Nachdem ich diverse Antidepressiva (Cyprilax/Venlafaxin/Cita-
lopram)nicht vertragen habe (Gesamteinnahmedauer: 6 Wochen),
hat mir mein Facharzt (Psychotherapeut) nun Opipramol ver-
ordnet. Ich habe 1 Woche 100 mg (Morgens und mittags) genommen
und nun seit 4 Tagen auf 150 mg (plus 50 mg abends). Die
vermeindlichen Nebenwirkgungen waren erträglich. Obwohl das
Medikament beruhigend und angslösend wirken sollen, geht es
mir in der 2. Einnahmewoche wechselhaft schlecht. Zwar sind
die körperlichen Symptome zurück gegangen (bis auf meine
Tinnitus-Ohrgeräusche - die sind seitdem in Höchstform), aber meine Stimmung
ist wieder ganz unten angelangt (das war schon mal besser).
Habe ich zu schnell aufdosiert? Oder sind das Nebenwirkungen,
die ich hinnehmen muss und die sich dann bald legen?
Gleichzeitig zu der Medikation versuche ich, die eigene
Mobilisation wieder in Gang zu setzen (Joggen, Gartenar-
beit, Freunde treffen, et.). All das, erfordert aber jedes
Mal erhelbliche Kraftanstrengung (physisch und psychisch),
und hat bislang noch nie auch nur ein bisschen Nachhaltig-
keit gehabt.
Was kann ich anders oder besser machen?
Freundliche Grüße!
Sehr geehrter Fragesteller, wenn ich Ihre Frage richtig verstehe, beziehen Sie sich auf die Verträglichkeit des Ihnen verabreichten Präparates. Opipramol gehört zur Gruppe der trizyklischen Antidepressiva, welche gemeinhin ein geringes Abhängigkeitspotenzial bergen.
Ein Faktor, der speziell im Hinblick auf dieses Präparat zu beachten ist, besteht in der Problematik, dass es bei einer Dosisveränderung bzw. dem Aus- oder Absetzen der Einnahme zu einer Art Umkehrwirkung des Effektes kommen kann. Sie erwähnen, das Präparat innerhalb der letzten 4 Tage aufdosiert zu haben. Ist dies in Absprache mit Ihrem Facharzt erfolgt oder haben Sie diese Aufdosierung autonom vorgenommen?
Ihre Frage nach den Nebenwirkungen lässt sich insofern aus dem Kontext beantworten: Eine stimmungsaufhellende Wirkung tritt bei der erwähnten Dosierung in der Regel innerhalb der ersten ein- bis drei Wochen ein. Entsprechend empfehle ich Ihnen, die verordnete Dosis weiterhin beizubehalten. Bitte bedenken Sie: Die Halbwertszeit des Präparates beträgt je nach Individuum zwischen 6 und 11 Stunden (und verändert sich in der Regel auch bei längerer Einnahme nicht!), und geht gerade in der Eingewöhnungsphase mit Schläfrigkeit einher.
Was Ihren Ansatz der Mobilisation respektive der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben betrifft, möchte ich Sie hier voll und ganz unterstützen. Versuchen Sie, sich nicht unter Druck zu setzen, reduzieren Sie Ihre Erwartungshaltung an sich selbst. Auch wenn die Anfänge, das "Hinausgehen" vielleicht anfangs ein gewisses Maß an Überwindung erfordert, werden die außerhäuslichen bzw. gemeinschaftlichen Aktivitäten einen positiven Effekt auf Ihre depressiven Phasen haben und Ihnen helfen, aktiv am Leben teilzunehmen. Sprechen Sie sich eng mit Ihrem behandelnden Arzt ab und berichten Sie auch Ihm von Ihren Erfahrungen mit dem genannten Präparat.
Bezug nehmend auf den von Ihnen erwähnten Tinnitus wäre ein Erklärung, dass auch hier Ihre Wahrnehmung durch die angesprochene Eingewöhnungsphase, insbesondere in "schlechten Momenten", verfälscht / beeinflusst wird. Erwähnen Sie Ihre Wahrnehmung bei Ihrem nächsten Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt, und führen Sie evtl. Buch über die Zeiten, in denen der Tinnitus prädominant in Erscheinung tritt.
Sollten Sie auch nach dem oben genannten Zeitraum das Gefühl haben, dass Sie salopp formuliert "auf der Stelle treten", ist eine Anpassung der Therapie sicherlich ein Alternative.
Ich hoffe ich habe Ihnen weiterhelfen können. Sollten Sie Rückfragen haben, stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Ich wünsche Ihnen eine gute Gesundheit.
Beste Grüße,
Dr. med. - anonymisiert -
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