Anfrage Sondergewinn im KJ 2022
April 9, 2024 | 40,00 EUR | beantwortet von Hannu Wegner
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
wir bitten um Ihre Stellungnahme zur steuerlichen Gestaltung in folgendem Fall:
Unser Mandant bilanziert nicht. Er ist Einzelunternehmer mit einem
Immobilienbüro.
Im Veranlagungsjahr 2022
beträgt der steuerliche Gewinn
gem. § 4/3 EStG: € 247.552,00
Gesamtbetrag der Einkünfte: € 293.741,00
Im Veranlagungsjahr 2021 betrug der steuerliche Verlust
gem. § 4/3 EStG: € 26.723,00
Gesamtbetrag der Einkünfte: € 13.229,00
Im Veranlagungsjahr 2023
beträgt der steuerliche Gewinn:
gem. § 4/3 EStG: € 3.965,00
Im KJ 2022 Nachzahlung Einkommensteuer: € 80.890,00
Im KJ 2022 Nachzahlung Gewerbesteuer: € 24.045,00
(inkl. Gewerbesteuerverlustvortrag zum 31.12.2021)
Wegen Gewinngrenze ist IAB nicht möglich.
Ihrer kompetenten Beantwortung sehen wir gerne entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Steuerbüro Keckeisen-Team
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur steuerlichen Gestaltung im Zusammenhang mit dem Sondergewinn im Kalenderjahr 2022. Im Folgenden werde ich die steuerlichen Aspekte und die möglichen Maßnahmen zur Optimierung der Steuerlast für Ihren Mandanten, einen Einzelunternehmer mit einem Immobilienbüro, detailliert erläutern.
Ausgangssituation
Ihr Mandant bilanziert nicht und ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung). Die relevanten Daten sind wie folgt:
Veranlagungsjahr 2022:
Steuerlicher Gewinn: € 247.552,00
Gesamtbetrag der Einkünfte: € 293.741,00
Nachzahlung Einkommensteuer: € 80.890,00
Nachzahlung Gewerbesteuer: € 24.045,00 (inkl. Gewerbesteuerverlustvortrag zum 31.12.2021)
Veranlagungsjahr 2021:
Steuerlicher Verlust: € 26.723,00
Gesamtbetrag der Einkünfte: € 13.229,00
Veranlagungsjahr 2023:
Steuerlicher Gewinn: € 3.965,00
Analyse und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Verlustverrechnung
Da im Veranlagungsjahr 2021 ein steuerlicher Verlust von € 26.723,00 vorliegt, kann dieser Verlust mit dem Gewinn des Jahres 2022 verrechnet werden. Gemäß § 10d Abs. 2 EStG können Verluste aus einem Jahr in den folgenden Jahren vorgetragen und mit positiven Einkünften verrechnet werden.
Verlustvortrag 2021 auf 2022:
Steuerlicher Gewinn 2022: € 247.552,00
Abzüglich Verlustvortrag 2021: € 26.723,00
Verbleibender steuerlicher Gewinn 2022: € 220.829,00
Stellen Sie sicher, dass der Verlustvortrag aus dem Jahr 2021 in der Steuererklärung für das Jahr 2022 korrekt angegeben und berücksichtigt wurde.
2. Gewerbesteuerliche Aspekte
Die Gewerbesteuer wird auf den Gewerbeertrag erhoben, der sich aus dem Gewinn des Unternehmens ergibt. Der Verlustvortrag aus dem Jahr 2021 kann auch gewerbesteuerlich berücksichtigt werden. Nach § 10a GewStG können gewerbesteuerliche Verluste aus dem Vorjahr vorgetragen und mit den positiven Einkünften des aktuellen Jahres verrechnet werden.
Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag 2021:
Gewerbeertrag 2022: € 247.552,00
Abzüglich gewerbesteuerlicher Verlustvortrag 2021: € 26.723,00
Verbleibender Gewerbeertrag 2022: € 220.829,00
3. Einkommensteuerliche Nachzahlung
Die Nachzahlung der Einkommensteuer in Höhe von € 80.890,00 im Jahr 2022 resultiert aus dem hohen Gewinn. Es ist wichtig zu prüfen, ob alle möglichen steuermindernden Maßnahmen ausgeschöpft wurden, wie z.B. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder steuermindernde Investitionen.
Steuermindernde Maßnahmen:
Sonderausgaben (§ 10 EStG): Beiträge zur Altersvorsorge, Spenden, Kirchensteuer, etc.
Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG): Krankheitskosten, Pflegekosten, etc.
Handwerkerleistungen (§ 35a EStG): Abzugsfähige Kosten für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen.
Prüfen Sie, ob alle möglichen steuermindernden Maßnahmen ausgeschöpft wurden, wie z.B. Sonderausgaben (Beiträge zur Altersvorsorge, Spenden, Kirchensteuer) und außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten, Pflegekosten).
4. Gewerbesteuerliche Nachzahlung
Die Nachzahlung der Gewerbesteuer in Höhe von € 24.045,00 im Jahr 2022 beinhaltet den Verlustvortrag zum 31.12.2021. Es ist zu prüfen, ob die Berechnung korrekt ist und ob alle möglichen Abzüge berücksichtigt wurden.
Prüfung der Gewerbesteuermessbeträge und Hebesätze:
Die Berechnung der Gewerbesteuer erfolgt anhand des Gewerbesteuermessbetrags (§ 6 GewStG) und des individuellen Hebesatzes Ihrer Gemeinde. Bitte stellen Sie sicher, dass diese korrekt berücksichtigt wurden.
Überprüfen Sie die Berechnung der Gewerbesteuer und stellen Sie sicher, dass der Gewerbesteuermessbetrag und der Hebesatz Ihrer Gemeinde korrekt berücksichtigt wurden.
5. Investitionsabzugsbetrag (IAB)
Sie erwähnen, dass wegen der Gewinngrenze ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) nicht möglich ist. Der IAB nach § 7g EStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Für das Jahr 2022 beträgt diese Grenze 200.000 €, die Ihr Mandant überschreitet.
Handlungsempfehlungen
Verlustverrechnung prüfen: Stellen Sie sicher, dass der Verlustvortrag aus dem Jahr 2021 korrekt auf das Jahr 2022 angerechnet wurde. Dies reduziert den steuerlichen Gewinn und damit die Steuerlast.
Steuermindernde Maßnahmen: Prüfen Sie, ob alle möglichen steuermindernden Maßnahmen ausgeschöpft wurden, wie z.B. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder Investitionen, die steuerlich absetzbar sind.
Gewerbesteuerliche Berechnung: Überprüfen Sie die Berechnung der Gewerbesteuer und stellen Sie sicher, dass der Verlustvortrag korrekt berücksichtigt wurde.
Zukünftige Steuerplanung: Für die kommenden Jahre sollte eine sorgfältige Steuerplanung erfolgen, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden. Dies kann durch gezielte Investitionen, Rücklagenbildung und die Nutzung aller steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten erreicht werden.
Anpassung der Vorauszahlungen: Um zukünftige hohe Nachzahlungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, regelmäßige Steuerplanungen durchzuführen und Vorauszahlungen anzupassen (§ 37 EStG).
Fazit
Durch die korrekte Verrechnung des Verlustvortrags aus dem Jahr 2021 und die Prüfung aller steuermindernden Maßnahmen kann die Steuerlast für das Jahr 2022 optimiert werden. Es ist wichtig, die Berechnungen sorgfältig zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass alle steuerlichen Vorteile genutzt werden.
Sollten Sie weitere Fragen haben oder eine detaillierte Prüfung der Unterlagen wünschen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hannu Wegner, Steuerberater
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