Kann ein Verein auch ohne Vorstand handeln und welche Konsequenzen hat das?
September 12, 2022 | 40,00 EUR | beantwortet von Emilia Vöss
Sehr geehrter Rechtsanwalt,
ich wende mich an Sie, da ich als Mitglied eines Vereins mit einer dringenden Frage konfrontiert bin. Vor einiger Zeit ist der Vorstand unseres Vereins zurückgetreten und es wurde bisher kein neuer Vorstand gewählt. Nun stellt sich für mich die Frage, ob der Verein auch ohne einen Vorstand handeln kann und welche Konsequenzen dies für uns als Mitglieder haben könnte.
Die aktuelle Situation bereitet mir Sorgen, da wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, die ohne einen handlungsfähigen Vorstand nicht möglich sind. Wir stehen vor der Herausforderung, Veranstaltungen zu organisieren, Finanzen zu verwalten und Verträge abzuschließen, wofür normalerweise der Vorstand zuständig wäre.
Ich frage mich daher, ob der Verein überhaupt rechtlich dazu in der Lage ist, ohne Vorstand zu handeln und ob dies möglicherweise zu rechtlichen Problemen führen könnte. Gibt es bestimmte Vorschriften oder Gesetze, die regeln, wie ein Verein in solch einer Situation handeln kann? Welche Möglichkeiten haben wir als Mitglieder, um die Handlungsfähigkeit des Vereins sicherzustellen und welche Schritte sollten wir unternehmen, um eine rechtmäßige Lösung zu finden?
Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Unterstützung und freue mich auf Ihre fachkundige Beratung zu diesem Thema.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Hering
Sehr geehrter Herr Hering,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der rechtlichen Situation eines Vereins ohne Vorstand. Diese Situation kann in der Tat zu Unsicherheiten und Problemen führen, da der Vorstand eines Vereins normalerweise für wichtige Entscheidungen und Handlungen verantwortlich ist. Doch auch ohne einen handlungsfähigen Vorstand kann ein Verein rechtlich handeln, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Gemäß § 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist ein Verein grundsätzlich durch seinen Vorstand vertreten. Fehlt jedoch ein Vorstand, können die Mitglieder in einer Mitgliederversammlung einen kommissarischen Vorstand bestellen, um die Handlungsfähigkeit des Vereins sicherzustellen. Dieser kommissarische Vorstand hat dann die gleichen Befugnisse und Pflichten wie ein regulär gewählter Vorstand und kann somit die laufenden Geschäfte des Vereins führen.
Es ist wichtig, dass die Mitglieder zeitnah eine Mitgliederversammlung einberufen, um einen neuen Vorstand zu wählen und somit die rechtliche Vertretung des Vereins wieder zu regeln. In der Zwischenzeit kann der kommissarische Vorstand als Übergangslösung fungieren. Es empfiehlt sich, in der Einladung zur Mitgliederversammlung explizit auf die Wahl eines neuen Vorstands hinzuweisen, um sicherzustellen, dass die Handlungsfähigkeit des Vereins schnellstmöglich wiederhergestellt wird.
Sollte der Verein ohne Vorstand handeln und dabei Verträge abschließen oder andere wichtige Entscheidungen treffen, die normalerweise die Zustimmung des Vorstands erfordern, könnte dies zu rechtlichen Problemen führen. Es besteht die Gefahr, dass solche Handlungen anfechtbar sind und im schlimmsten Fall die Haftung der Vereinsmitglieder auslösen können.
Es ist daher ratsam, als Mitglieder aktiv zu werden und sich dafür einzusetzen, dass ein neuer Vorstand gewählt wird. Als Rechtsanwältin für Vereinsrecht rate ich Ihnen dringend, die rechtlichen Vorgaben zu beachten und die Handlungsfähigkeit des Vereins zeitnah wiederherzustellen. Sollten Sie weitere Fragen haben oder Unterstützung benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Emilia Vöss
