Negative Nichtselbsständige Einkünfte
Juli 4, 2011 | 35,00 EUR | beantwortet von StB Manuela Ponikwar
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei einem Kunden von mir gibt es folgenden Fall:
Im Jahre 2007 & 2008 wurden sehr hohe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vom FA angesetzt, obwohl diese noch strittig sind, die aber vorerst bezahlt wurden.Für das KJ 2009 wurden außer Einkünften aus Kapitalerträgen keine anderen Einkünfte erzeihlt, jedoch gab es diverse Kosten, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angesetzte wurden und als Verlsutrücktrag in 2009 angesetzt wurden. Diese und weitere Kosten (siehe Anlagen) hat das FA abgeleht. Wir haben vorsorglich Einspruch gegen den ESt-Bescheid eingelgt und müssen die Einspruchsgründe bis zum 27.07.2011 nachreichen.
Alle relevanten Unterlagen haben wir Ihnen in der Anlage beigefügt.
Gibt es evtl. Möglichkeiten den einspruch zu begründen oder gibt es bereits diesbezüglich irgendwelche Urteile?
Für Ihre Unterstützung bedanken qir uns im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
danke für Ihre Anfrage, welche ich im Rahmen einer Erstberatung unter Berücksichtigung des gebotenen Honorars wie folgt beantworten möchte:
Soweit ich dem angehängten Steuerbescheid entnehmen kann, wurden lediglich die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit nicht anerkannt. Weitere erklärte Kosten wurden, soweit ich sehen kann, nicht gestrichen.
Leider haben Sie keine Details zur Art der geltend gemachten Werbungskosten gegeben (die hier sehr relevant sein wird), deshalb kann ich leider nur allgemein auf Ihre Frage eingehen.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, d.h. sie müssen mit Einkünften in direktem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (sog. Veranlassungszusammenhang bzw. die Frage nach dem "auslösenden Moment" für die Aufwendungen).
Grundsätzlich sollte es also auch die Möglichkeit für nachträgliche Werbungskosten geben.
Im Falle eines nicht ausgeglichenen Verlustes im Gesamtbetrag der Einkünfte wäre dann also ein Verlustrücktrag auf das vorhergehende Jahr möglich.
Ausgaben, die erst nach der Aufgabe der auf Einnahmenerzielung gerichteten Tätigkeit entstehen, sollen allerdings nach bestehender Rechtsprechung oft selbst dann keine Werbungskosten sein, wenn sie mit der früheren Einnahmenerzielung wirtschaftlich zusammenhängen. Hierzu speziell das BFH Urteil vom 05.10.2004 - VIII R 64/02 (NV).
Darin hat der BFH den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass bei Überschusseinkünften nach Wegfall der Einkunftsquelle hinsichtlich der früheren Einkünfte grundsätzlich kein nachträglicher Werbungskostenabzug möglich ist, bestätigt. Ungeachtet der Veranlassung der Aufwendungen entfällt durch Wegfall der Einkünfteerzielung der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart.
Dies ist auch die Argumentation Ihres Finanzamts.
Dieser und andere Streitfälle beziehen sich allerdings im Wesentlichen auf nachträgliche Finanzierungskosten.
Zwei Urteile habe ich aber gefunden, bei denen nachträgliche Werbungskosten bei nichtselbständiger Tätigkeit akzeptiert wurden:
1) FG München Gerichtsbescheid vom 06.02.2007 - 9 K 4418/04: nachträgliche Werbungskosten für unerstattete Projektkosten für (verpflichtete) Fertigstellung eines Projekts nach Eintritt in die Alterspension
2) BFH Urteil vom 22.06.2006 - VI R 5/03 (veröffentlicht am 13.09.2006): Vertragsstrafe für Nichtfortführen der Tätigkeit = nachträgliche Werbungskosten
Argumentieren Sie in Ihrer Einspruchsbegründung den direkten wirtschaftlichen Zusammenhang der Kosten mit den Vorjahreseinkünften (und zwar so detailliert wir möglich) und - soweit sinnvoll - nutzen Sie Verweise auf die vorstehenden Urteile.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen,
Manuela Ponikwar
Steuerberaterin
www.ponikwar.de
PS.
Zusätzlich möchte ich noch folgendes ergänzen:
Sie sprechen von einem Kunden aber beim Einspruchsverfahren von 'wir'. Bitte bedenken Sie, dass die steuerliche Hilfeleistungen nach dem Steuerberaterungsgesetz nur gewissen Berufsgruppen vorbehalten ist. Soweit Sie steuerliche Hilfe leisten ohne einer dieser Berufsgruppen anzugehören, können Sie sich eine Abmahnung und Bußgeld der zuständigen Steuerberaterkammer einhandeln.
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