Gesamtbetrag der Einkünfte - Begrenzung bei der Berücksichtingung von Verlusten aus Gewerbebetrieb möglich?
April 8, 2017 | 100,00 EUR | beantwortet von Steuerberater Peter Jansen
Ausgangslage 2016 (vereinfacht):
Beamter A14, Gehalt 65.000 €, ab WK 3.000 € = nichtselbst. Einkünfte 62.000 €.
Zusätzl. Einnahmen aus Gewerbebetrieb (Einzelunternehmen Handel in Nebentätigkeit).
In 2016 Verlust -85.000 € (EÜR, Ist-Besteuerung). Grund: Warenbezug für Lager und Lieferungen an Kunden in 2016, Bezahlung erst 2017.
Steuerliche Folgen 2016:
Gesamtbetrag d. Einkünfte -23.000 €, d.h. Festzusetzende Steuer 0 €, Steuererstattung ca. 20.000 €.
Aufgr. Grundfreibetrag wirken sich vom Verlust in 2016 8.652,00 € steuerlich überhaupt nicht aus und 53.350 € nur nach dem Durchschnittssteuersatz von ca. 19% (für Einkünfte von 62.000 €). Verbleibender Verlustvortrag (bzw. Verlustrücktrag) dann noch 23.000 €, Gewerbesteuer 0 €.
Der Betrieb ist auf Gewinn ausgelegt, d.h. in Folgejahren werden höhere Gewinne erwartet. Somit werden im Folgejahr 2017 die erhöhten Einnahmen aus dem Verkauf der in 2016 vorausbezahlten Lagerwaren zu einem deutlich höheren Durchschnittssteuersatz führen.
Beispielrechnung für 2017 (Annahme: Gewinn in 2017 entspricht dem Betrag vom Verlust 2016: +85.000 €, ansonsten gleiche Einkünfte wie 2016):
Nichtselbst. Einkünfte 62.000 € + Gewerbegewinn 85.000 € - Verlustvortrag 23.000 € = 124.000 € Gesamtbetrag d. Einkünfte 2017
==> Durchschnittsteuersatz ca. 33% (für Einkünfte von 124.000€), d.h. 42.000 € und damit Steuernachzahlung von 22.000 € zzgl 6.500 € Gewerbesteuer.
Steuerliche Differenz gegenüber einer gleichmäßigen Gewinnverteilung für 2016 und 2017: 8.500 €
(22.000 € + 6.500 € Steuern 2017 - 20.000 Steuererstattung 2016).
Fragestellung:
Gibt es eine Möglichkeit, ggf. auch abweichend vom Abflussprinzip, den Verlust 2016 aus dem Gewerbebetrieb bei der Berücksichtigung des Gesamtbetrags der Einkünfte für 2016 zu begrenzen (bestenfalls auf 0 €), d. h. einen deutlich höheren Verlustvortrag, um diesen erst mit entsprechenden Gewinnen aus dem Gewerbebetrieb in den Folgejahren zu verrechnen? Kommt hierzu möglicherweise § 163 AO "Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen" in Betracht und wie wäre das ggf. zu beantragen? Gibt es hierbei Einschränkungen durch Verwaltungsvorschriften in NRW?
Oder gibt es ggf. andere Gestaltungsmöglichkeiten?
Sehr geehrter Fragesteller,
Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Frage unter Berücksichtigung der Regeln dieser Internetplattform.
Im Rahmen des Verlustabzugs im Bereich der Einkommensteuer ist wie folgt vorzugehen (§10d EStG):
Im Verlustjahr sind bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichene negative Einkünfte für den Verlustabzug maßgeblich. Die abziehbaren negative Einkünfte betreffen sämtliche Einkunftsarten.
Negative und positive Ergebnisse verschiedener Einkunftsquellen verschiedener Einkunftsarten sind ohne Betragsmäßige Begrenzung zu saldieren. Für das Jahr 2016 bedeutet das in Ihrem Fall:
Einkünfte aus Gewerbebetrie i.H.v. ./. 85.000 Euro werden mit den positiven Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. 62.000 Euro werden saldiert. Damit entsteht bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ein nicht ausgeglichener Verlust (insoweit hier auch richtig errechnet) i.H.v. ./. 23.000 Euro.
Der Verlustabzug berührt nicht die Einkunftsvermittlung selbst, sondern erfolgt von dem Gesamtbetrag der Einkünfte also vor den Sonderausgaben, außergwöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Diese können gegebenenfalls eben nicht genutzt werden. Dies ist vom Gesetzgeber so gewollt und umgesetzt worden.
Sie haben nun die Möglichkeit des Verlustrücktrags. Sie können den nicht verrechenbaren Verlust in das vorangegangene Jahr 2015 zurücktragen. Damit entsteht ein sofortiger steuerlicher Effekt. Dieser wird zunächst von Amts wegen durchgeführt. Sie haben aber die Möglichkeit auf diesen in voller Höhe oder teilweise zu verzichten. Hier kommt es auf die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte des Jahres 2015 an. Hierbei kann der Verlustrücktrag so begrenzt werden, dass unter Berücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen eine tarifliche Einkommensteuer von 0 Euro entsteht.
Wird von dieser Möglichkeit des Verlustrücktrags nicht Gebrauch gemacht, ist der Verlust in die folgenden Jahre vorzutragen.
Damit sind die Möglichkeiten des Verlustabzugs ausgeschöpft. Auch im Rahmen der Einkunftsermittlung (sie ermitteln den Gewinn aus Gewerbebetrieb offenbar durch Einnahmen-Überschussrechnung) ist dies nicht möglich. Für Sie ist das Zu-/Abflussprinzip des § 11 EStG hinsichtlich der Betriebseinnahmen/Betriebsausgaben zu beachten.
Eine Begrenzung des Verlustabzugs im Entstehungsjahr 2016 ist daher nicht möglich. Eine Unbilligkeit der Steuererhebung i.S.v. § 163 AO ist in Ihrem Fall nicht gegeben.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Peter Jansen
Steuerberater
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